Depp, Daniel – Stadt der Verlierer

Manchen Schriftstellern ist es nicht vergönnt, nur durch ihre Bücher zu glänzen. Daniel Depp beispielsweise. Bei diesem Nachnamen dürfte bei Jedem ein Glöckchen klingeln. Tatsächlich ist Johnny Depp, der Filmschauspieler, der Bruder des Autors von „Stadt der Verlierer“ – was aber nur als Aufhänger für eine Einleitung dienen soll, denn Depps literarisches Debüt kann durchaus auf eigenen Beinen stehen.

David Spandau ist ehemaliger Stuntman in Hollywood, gelegentlicher Cowboy und hauptberuflicher Privatdetektiv bei einer angesehenen Detektei in L.A., die vor allem prominentes Klientel anzieht. Eines Tages bekommt Spandau, der zu den Besten zählt, den Auftrag, bei der Erpressung eines jungen Filmstars zu ermitteln. Bobby Dye, der sich vor allem mit Actionfilmen einen Namen gemacht hat, erhält Todesdrohungen.

Spandau merkt schnell, dass Bobby ihn an der Nase herum führt und sein Problem eigentlich ein ganz anderes ist. Richie Stella, ein kleinkrimineller Clubbesitzer und Drogendealer, hat Bobby in der Hand – und ihm gefällt es gar nicht, als Bobby Spandau als seinen Leibwächter engagiert. Gemeinsam mit seinem Freund Terry, einem irischen Frauenhelden, versucht Spandau über Stellas Buchhalterin an dessen Geschäftsgeheimnisse zu kommen. Eigentlich ein guter Plan, wenn man mal davon absieht, dass er komplett in die Hose geht …

„Stadt der Verlierer“ reiht sich in die Latte von Romanen ein, die häufig in Großstädten wie L.A. spielen und ziemlich coole und gleichzeitig innerlich zerrissene Personen als Hauptfiguren haben. Man denke dabei nur an „L.A. Confidential“ oder „Strahlend schöner Morgen“. Einen Preis für Innovation bekommen weder Depp selbst noch seine Hauptfigur. David Spandau entspricht ziemlich genau dem Bild des Cowboys der alten Schule, der vor Gewalt nicht zurückschreckt, aber dennoch Manieren und Prinzipien hat – und natürlich stets einen frechen Spruch auf der Lippe. Immerhin versteht es Depp, genau dieses doch etwas klischeehafte Bild gut auszufüllen und ihm sogar ein paar eigene Fassetten hinzu zu fügen. Spandau überrascht an der einen oder anderen Stelle durchaus, wenn er beispielsweise von seinem früheren Job als Stuntman erzählt oder aber über seine geschiedene Ehefrau redet. Auch die Brutalität, die man vielleicht erwartet, hält sich in Grenzen. David Spandau ist damit ein gut ausgearbeiteter Charakter, der vor allem denen gefallen wird, die allgemein gerne derartige Literatur lesen und auf raubeinige, aber charmante Helden stehen.

Demnach ist „Stadt der Verlierer“ doch eher ein Männerbuch. Abgesehen von der Hauptfigur ist auch die Handlung recht „männlich“. Sie ist nüchtern, knapp gehalten und lebt durch bissige Dialoge und die eine oder andere Actioneinlage. Manchmal hat die Geschichte etwas von einem Western, dann eher etwas von einer witzigen Krimikomödie. Depp arbeitet auch als Drehbuchautor und er versteht es tatsächlich, eine überaus unterhaltsame, abwechslungsreiche Geschichte zu schreiben. Die Handlung tangiert dabei verschiedene Bereiche. Zum Einen vermittelt sie dem Leser ein gewisses Bild von L.A., der Stadt der Loser. Dieses ist nicht immer positiv. Der Autor nimmt Hollywood etwas von seinem Glanz, wenn er die Schauspieler aus Spandaus Augen betrachtet und sie dabei alles andere als freundlich, strahlend und berühmt aussehen lässt. Daneben legt er besonderes Augenmerk auf das Nebeneinander von Reichtum und Armut, ohne dabei letzteres pathetisch darzustellen. Er berichtet außerdem über die kriminellen Geflechte in der Stadt und wie gefährlich es sein kann, sich mit diesen einzulassen. Leider hinkt die eigentliche Handlung dabei hinterher. Während die Kulisse bunt und vielfältig ist, fehlt es an Spannung, Dramatik und einem richtigen Höhepunkt. Die Erpressung von Bobby Dye wirkt von Anfang an belanglos. Die Geschichte zündet nie richtig, sondern lebt tatsächlich hauptsächlich durch die Beschreibungen.

Die sind allerdings gelungen. Daniel Depp schreibt das Buch genau so, wie man es sich vorstellt. Lakonisch, nüchtern, aber doch stets pointiert erzählt er aus der dritten Person mit wechselnden Erzählern. Er schafft es dabei, jedem der Charaktere, aus deren Sicht er schreibt, eine eigene Stimme zu geben. Die Dialoge sind manchmal derbe, aber nie wirklich ausfallend, und ein gewisser trockener Witz sowie die eine oder andere sprachliche Spitze gegen die Stadt der Engel runden das Gesamtbild ab.

„Stadt der Verlierer“ ist damit kein schlechtes Buch, aber eines, dass hätte besser sein können. Während Hauptfiguren und Sprache den Leser fesseln, fehlt es der Handlung an Substanz. Dass Daniel Depp gerade am nächsten Roman mit Spandau in der Hauptrolle schreibt, lässt jedoch hoffen, dass der Autor diesen Fehler ausmerzen wird.

|Originaltitel: Losers‘ Town
Aus dem Englischen von Regina Rawlinson
317 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3570100134|
http://www.cbertelsmann.de

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