_Inhalt_
Marie-Provence de Serdaine entstammt einer adligen, königstreuen französischen Familie. Was zu anderen Zeiten sicherlich ein Grund zur Freude gewesen wäre, ist im Paris des Revolutionsjahres 1795 ein Grund, um seinen Kopf zu fürchten.
Marie-Provence nimmt einen anderen Namen an und schafft es durch einige Kunstgriffe, als Hilfskraft bei einem Arzt angestellt zu werden. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass sie tatsächlich etwas verdient – Geld, das sie und ihre versteckten Leidensgenossen gut gebrauchen können: Marie ist nicht die einzige Adlige, die im Verborgenen überlebt hat.
Tatsächlich kommt es der mutigen jungen Frau auf etwas ganz anderes an. Ihre Mutter – inzwischen auf der Guillotine gestorben – hatte sie in glücklicheren Jahren oft mit nach Versailles genommen, wo sie eine besondere Bindung zum Dauphin, zum kleinen Thronfolger, hatte aufbauen können. Der Sohn des enthaupteten Königspaares wird nun unter schmählichen Bedingungen gefangen gehalten, und Marie-Provence, die ihn einst zu beschützen versprach, will einen Weg finden, ihn zu befreien.
Sie war sich der Gefährlichkeit ihres Plans vorher bewusst, doch den Strudel der Ereignisse, in den sie als Arztassistentin hineingerissen wird, hätte sie unmöglich vorhersehen können. Vor allem hätte sie ganz sicher nicht damit gerechnet, ihr Herz zu verlieren – noch dazu an einen Bürgerlichen. Fakt aber ist, dass sie André, dem Tapetenhändler und Ballonfahrer aus Leidenschaft, vollkommen verfällt, ohne jedoch dabei ihr eigentliches Ziel aus den Augen zu verlieren. Es geht darum, einen Jungen zu retten, das ihr am Herzen liegt! Das jedenfalls sagt sie sich, doch die Kreise, die sie unterstützen, sehen im Königssohn nicht das verängstigte Kind, das er ist, sondern den neuen Feldherrn und König. Marie-Provence weiß, dass das absurd ist, und doch muss der kranke Junge dringend aus dem Kerker geholt werden, sonst stirbt er bald. Die junge Frau weiß, dass sie dafür Andrés Hilfe benötigt – und seinen Ballon. Genauso gut weiß sie, dass sie beides aus freien Stücken nie bekäme, und so schmiedet sie einen Plan, der ihre Liebe und den Mann ihrer Träume zu Gunsten eines Kindes verrät …
_Kritik_
Tania Douglas hat sich die Gerüchte, die sich Jahrhunderte lang um das Schicksal des Dauphin rankten, zunutze gemacht und ihre eigene Interpretation geschrieben. Sie verpackt diese Geschichte in die Bilder, die schon viele Menschen faszinierten: Die Bilder des blutigen Terrors auf Frankreichs Straßen, der Hysterie um die Guillotine, des Wahnsinns des immer wiederkehrenden Umsturzes.
Die Beschreibungen des Ballons – von der Herstellung über die Wartung und den Flug bis zur Verwendung für militärische Zwecke – scheinen sorgfältig recherchiert und sind interessant zu lesen.
Allerdings sind mir persönlich ein paar Dinge zu reißerisch dargestellt. Da wäre beispielsweise eine Rettung in letzter Sekunde vor der Guillotine, mit schreiendem Volk und Umfallen-nach-Schlag-ins-Gesicht und allem Drum und Dran – das wäre nicht unbedingt nötig gewesen. Das erinnert eher an das, was italienische Filmemacher der 50er Jahre aus einem Roman machen würden, als an einen Roman an sich.
Und der Kernpunkt der Geschichte – die Befreiung des Thronfolgers von Frankreich mittels Ballon – verlangt mir zu viel Phantasie ab. Vielleicht wurde man als Leser so behutsam wie möglich an diesen Punkt herangeführt, aber holprig war der Weg trotzdem. Es gab einfach viel zu viele wahnsinnige Zufälle dafür, als dass das Ganze als machbar durchgehen könnte.
_Fazit_
Tania Douglas hat einen zugegebenermaßen spannenden und unterhaltsamen Roman geschrieben, der mir aber nicht gefallen hat. Superlativ jagt hier Superlativ, und das ist einfach zu viel. Das schmale Korsett des Buches (einengend wie das an Marie-Provences Abendkleid aus adligen Tagen) ist kaum imstande, all die Handlung einzuschnüren, und so quillt sie an allen Ecken und Enden hervor. Und der Stil ist all dem so angemessen und glatt, dass er mich nicht mit schönen Außergewöhnlichkeiten über diesen Wust aus Geschehnissen hinwegtröstet.
Die Auseinandersetzung mit den Umbrüchen im Frankreich der Revolution habe ich in „Désirée“ von Annemarie Selinko und der „Joséphine“-Trilogie von Sandra Gulland schon schöner gelesen. Wer allerdings jede Menge Action mag und dringend etwas über die Anfänge der Ballonfahrt wissen möchte, der sollte sich an „Die Ballonfahrerin des Königs“ halten.
|Broschiert: 584 Seiten
ISBN-13: 978-3499252525|
http://www.rowohlt.de
http://www.taniadouglas.com
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