Dreykopf, Marcel – Fußball. Das Allerletzte

„Fußball. Das Allerletzte“ – der Titel macht schon deutlich, dass hier keine Nettigkeiten über die wichtigste Nebensache der Welt berichtet werden. Der Verfasser, der das Pseudonym Marcel Dreykopf gewählt hat und laut Verlagsinformation einer „der bekanntesten Sportjournalisten Deutschlands“ ist, hat allerlei Skandale, dumme Sprüche und andere weniger schmeichelhafte Geschichten aus der Welt des Fußballs zusammengetragen. Es begegnen einem traurige Klassiker wie die tödlichen Krawalle im Brüsseler Heyselstadion 1985, das deutsch-österreichische Skandalspiel bei der WM 1982 in Spanien und die Bestechungsaffäre um das Riesenbaby Hoyzer, das sich für 30 Silberlinge und einen Plasmafernseher für alle Zeit in der Fußballwelt unmöglich gemacht hat; ebenso aber lustige alte Bekannte wie Horst Szymaniaks berühmt-berüchtigte Mathematik („Ein Drittel? Ich will mindestens ein Fünftel!“) oder Fangesänge gegen die Oranje-Auswahl.

Aber auch einige Überraschungen sind zu entdecken. Oder wer hat gewusst, dass bei der ersten Fußball-WM 1930 in Uruguay Ersatzspieler nebenbei als Reporter arbeiteten und sich bei dieser Gelegenheit ein eifersüchtiger französischer Spieler-Reporter in seinen offiziellen Berichten selbst „eingewechselt“ hat (erzählt im Abschnitt ‚Aus der Fußball-Geschichte gemobbt‘)? Der französische Fußballverband hat es jedenfalls erst nach mehr als einem halben Jahrhundert entdeckt.

Leider sind die gesammelten Geschichten weder zeitlich noch geographisch noch inhaltlich gegliedert. Neue Schlaumeiersprüche reihen sich an alte Anekdoten, deutsche Negativrekorde an italienische Skandale. So huscht das Erzählte an uns vorüber, löst mal ein heiteres, mal ein bitteres Lachen aus, aber trägt kaum zu einer bleibenden Erkenntnis über diesen Sport bei. Eine zeitliche Ordnung etwa hätte die Vergangenheit etwas lebendiger werden lassen. Die verstreuten Episoden aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mit ihren skurrilen Typen, den Keilereien oder dem Besäufnis bei der Gründung des DFB (‚Der Suff der ersten Stunde‘) lassen jedenfalls eine verrückte Epoche erkennen, welcher der Fußballsport bis heute seinen rauhbeinigen Charme verdankt.

Was das Buch aber immer wieder unangenehm macht, sind der manchmal denunziatorische Tonfall und der verschwitzte Eifer, mit dem der Verfasser vermeintliche Skandale „aufdecken“ will. Gibt man das Stichwort „Fußballersprüche“ in eine Suchmaschine ein, findet man Dutzende von Sammlungen nicht allzu schlauer Kickerzitate, die aber mit einem Augenzwinkern wiedergegeben werden. Dieser unbeschwerte Humor geht Dreykopf ab, er präsentiert keine misslungenen Aussprüche zum Mitlachen, er „entlarvt“ beflissen Dummheit oder Bosheit des Zitierten. Wenn ein Verein, der fast pleite ist, seine finanzielle Situation durch Preisaufschläge auf Eintrittskarten verbessern will oder ein respektierter Trainer in seiner langjährigen Karriere natürlich auch mal ein junges Talent verkennt, so wird das hier genauso anklägerisch gepetzt wie die echten Skandale. Allzu oft enden die Beiträge mit einer gehässigen Bemerkung der Art „Bald darauf verlor er seinen Posten“, auch wenn das mit der berichteten Geschichte überhaupt nichts zu tun hat.

„Fußball. Das Allerletzte“ ist kein Sachbuch, sondern eine Sammlung schräger Begebenheiten. Es ist eine leichte Sommerlektüre für Fußballhasser und für solche Fußballfans, die wissen, dass alles zwei Seiten hat, und die verbale Fouls in Büchern genauso ignorieren können wie in den Spielberichten gewisser Sportjournalisten.

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