Fontenay, Charles Louis – Jahrtausendflut, Die (Magic Edition, Band 2)

Charles L. Fontenay wurde 1917 geboren. Er schrieb nach seinem Abschluss für einige Magazine und mauserte sich währenddessen zum Chefredakteur einer amerikanischen Tageszeitung. Nebenher widmete sich Fontenay den verschiedensten Hobbys; er malte, war als Philosoph aktiv, spielte Schach und errang einen Meistertitel im Taek Wan Do. Seine Karriere als Buchautor sollte allerdings nicht von langer Dauer sein; insgesamt schrieb Fontenay nur drei Science-Fiction-Romane, von denen zwei nach der Erstveröffentlichung auch den Weg nach Deutschland fanden. Der letzte hingegen, „Die Jahrtausendflut“, blieb bis zuletzt ein gesuchtes Sammlerstück, das nur in der Originalausgabe zu haben war.

Vor einiger Zeit hat sich schließlich der BLITZ-Verlag dieses Buches angenommen und es im Rahmen der hauseigenen |Magic Edition| erstmals in deutscher Sprache aufgelegt, dies jedoch in leicht überarbeiteter Form, denn der Autor selber hat den Inhalt in gewissen Punkten an das aktuelle Tagesgeschehen angepasst, um die Geschichte auch für die heutige Zeit noch relevant zu machen.

_Story_

In nicht allzu ferner Zukunft ist die Erde einer mächtigen Bedrohung durch die Natur ausgesetzt. Die globale Erwärmung hat allerorts Folgen hinterlassen, so dass durch das ständige Schmelzen der Gletscher und der Pole der Meeresspiegel erheblich angestiegen ist. Die Erdbevölkerung ist sich darüber im Klaren, dass eines Tages die gesamte Landschaft von den Wassermassen überflutet werden wird, doch sie ist noch nicht darauf vorbereitet, dass dieser Tag schon der heutige sein könnte …

Die Erde droht nämlich mit einem Meteoriten zusammenzustoßen, der bei seinem Aufprall eine gewaltige Flut nach sich ziehen würde. Den Berechnungen nach soll dieser Himmelskörper mitten im Atlantischen Ozean aufschlagen und die angrenzenden Länder sollen durch die übermächtige Sturmflut bereits nach wenigen Minuten verschlungen werden. Und tatsächlich: Das Unglück ist nicht mehr abzuwenden und die gesamte Welt steht vor ihrem Untergang.

Mittendrin im totalen Chaos: eine Gruppe von sechs Menschen (von denen drei aber eine eher untergeordnete Rolle spielen), die versuchen, der Jahrtausendwelle zu entrinnen und während ihrer Flucht um ihr Leben kämpfen. Doch nicht nur die Katastrophe selber wird zur schier unausweichlichen Bedrohung; auch die überlebenden Mitmenschen werden im brutalen Überlebenskampf zu Gegnern, die in ihrer Todesangst jegliche Skrupel ablegen und jenseits jeglicher Moral ihre eigene Haut retten wollen. Auch in dieser Sechsergruppe bilden sich zwei Parteien mit unterschiedlichen Motiven. Der Wissenschaftler Brand Caravel versucht das Beste aus der Situation zu machen und somit auch den Weg des allgemeinen Wohles zu gehen – sofern dies möglich ist. Ihm entgegen stellt sich der skrupellose Geschäftsmann Ashley Garland, der auch nach dem urplötzlichen Verfall seines Unternehmens die altbewährten Strategien beibehält und lediglich auf sein eigenes Wohl schielt. Die Übrigen stehen nun vor der Entscheidung, wem sie folgen sollen – dem kompromisslosen Unternehmer oder doch dem sozial motivierten Wissenschaftler. Und währenddessen werden die apokalyptischsten Visionen immer mehr zur Realität …

_Meine Meinung_

Naturkatastrophen von astronomischem Ausmaß waren zur Entstehungszeit dieses Romans eigentlich noch kein Thema, über das sich die Wissenschaft, geschweige denn die Bevölkerung ausführlich Gedanken gemacht hat. Doch durch das wachsende Bewusstsein über die Folgen der globalen Erwärmung und nicht zuletzt aufgrund der verheerenden Tsunami-Flutwelle aus dem vorletzten Jahr hat die Welt selber erfahren müssen, wie mächtig die Natur infolge des Raubbaus von Menschenhand geworden ist. Insofern ist die Thematik dieses Buches mittlerweile aktueller denn je, auch 40 Jahre, nachdem Charles L. Fontenay diesen lange Zeit verschollenen Roman verfasst hat.

Sehr positiv fällt auf, dass sich der Autor trotz des verhältnismäßig geringen Seitenumfangs recht detailliert auf die Thematik einlässt, sowohl im Hinblick auf das Ereignis an sich als auch bezogen auf die Charaktere, die im Buch eine wesentliche Rolle spielen. Die Katastrophe als solche und auch ihre Auswirkungen auf die Zivilisation werden sehr ausführlich dargestellt und weichen in ihrem Facettenreichtum gar nicht mal so weit von den jüngsten, real geschehenen Horrorszenarien ab. Ob dies jetzt daran liegt, dass der Autor die Geschichte im Nachhinein noch mal überarbeitet hat, vermag ich nicht zu sagen, jedoch ist es schon sehr erschreckend, welch authentisches Bild sich bei der Schilderung der Ereignisse ergibt. Dies gilt auch für die Darstellung der gesellschaftlichen Konflikte, die sich innerhalb des sehr knappen Zeitrahmens nach der Katastrophe ergeben; Menschen ringen mit allen erdenklichen Mitteln um ihr Leben und vergessen dabei jegliche moralischen Werte; das eigene Leben steht über allem, das Wohl der Gesamtbevölkerung ist hingegen gar nichts mehr wert. Aus einer Milliardenbevölkerung wird eine gewaltige Ansammlung von Einzelkämpfern, von denen sich jeder selbst der nächste ist, und wer dann doch versucht, an die Vernunft zu appellieren wie in diesem Fall Brand Caravel, der senkt seine Überlebenschancen mit einem Mal um einen drastischen Prozentsatz.

Das einzige Problem an diesem Buch ist lediglich, dass sich Fontenay nicht wirklich darauf einschießen kann, was nun das genaue Thema des Buches ist: die Entstehung der Naturgewalt oder die Folgen für das menschliche Miteinander, geprägt durch Personen wie Ashley Garland, Jimmy Haggard und Brand Caravel. Trotz umfassender Beschreibung versäumt der Autor es nämlich irgendwann, sich auf beide Themen gleichermaßen intensiv einzulassen. Gerade die Lösung im Bezug auf die Hauptpersonen ist im Endeffekt ein wenig unbefriedigend, zumal man eigentlich schon erahnen kann, wer mit seiner weiteren Vorgehensweise Erfolg haben wird. Aber auch der Konflikt zwischen Ashley und Brand wird nicht auf angemessenem Level ausgetragen und lässt die erforderliche Brisanz vermissen.

Dafür kann Fontenay allerdings mit tollen Szenenbeschreibungen glänzen, in denen seine Berufung als Journalist voll und ganz durchkommt. Sehr eindrucksvoll sind diesbezüglich die Schilderungen über die letzten Momente von New York, bevor die Stadt komplett von den Wassermassen vernichtet wird. Der Anschlag auf das World Trade Center hinterließ ein Bild des Schreckens und der Trauer, das man nie vergessen wird, und daran knüpft der Autor hier nahtlos an. Beim Lesen bekommt man eine echte Gänsehaut, die potenziell noch viel öfter hätte auftreten können, hätte sich Fontenay mehr auf diese Stärken konzentriert. Dies ist aber leider nicht der Fall, und so fehlt es dem Buch letztendlich auch an dem gewissen Etwas, sozusagen an der nötigen Würze und schließlich auch am erforderlichen Tiefgang, der prinzipiell – man beachte den schon erwähnten Detailreichtum – möglich gewesen wäre. Es mangelt der Geschichte weitestgehend an Konsequenz, d.h. der Autor führt die vielen Andeutungen und Ansätze nicht adäquat aus, und dadurch büßt „Die Jahrtausendflut“ trotz eigentlich sehr gutem Inhalt einiges an Klasse ein.

Fazit: Gute Unterhaltung: ja, intensive Atmosphäre: jein, tatsächlicher Tiefgang: nein.

http://www.blitz-verlag.de/

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