Kayser, Marc – Trias

Wo man nur hinschaut, da sind die explodierenden Energiepreise ein Thema, das alle Gemüter erregt. Auch literarisch bietet das Thema Stoff für energiegeladene Lektüre, wie Andreas Eschbach z. B. mit [„Ausgebrannt“ 3487 bewiesen hat, seinem Roman vom Ende des Erdölzeitalters. Ein anderer, der sich der Problematik annimmt, ist Marc Kayser, dessen Roman „Trias“ dennoch überhaupt nicht mit Eschbachs düsterem Szenario vergleichbar ist.

„Trias“ spielt nur wenige Jahre in der Zukunft. Die Rohölpreise steigen explosionsartig, der globale Wettkampf der Konzerne um die beste Position im Geschacher um die knapper werdenden Rohstoffe bestimmt den wirtschaftlichen Alltag. Es ist die Zeit kurz vor einem wichtigen G8-Gipfel im beschaulichen deutschen Ostseebad Marienstrand, als mehrere tödliche Attentate die Regierungen in Berlin, Washington und Moskau erschüttern. Zunächst wird in Deutschland das Dienstfahrzeug von Stefan Rumpf, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, in die Luft gesprengt. Dann stürzt das Flugzeug des stellvertretenden russischen Außenministers Viktor Kirijenko unter höchst verdächtigen Umständen ab.

Diese beiden Todesfälle sind nur der Auftakt zu einer Reihe weiterer Attentate, die alle Personen betreffen, die an einem streng geheimen Vertrag arbeiten, der am Rande des G8-Treffens von Moskau, Washington und Berlin unterzeichnet werden soll: Trias. Trias ist ein Vertrag, mit dem sich drei rohstoffhungrige Großmächte zusammentun, um sich selbst für die nächsten Jahrzehnte eine Vormachtstellung am Energiemarkt zu sichern. Klar, dass dies ein Vorhaben ist, mit dem man schnell die halbe Welt gegen sich aufbringt, nicht nur die arabischen Öllieferanten, sondern auch andere europäische Nationen und vor allem die aufstrebende Großmacht China.

Die Hintergründe der Anschläge sind extrem undurchsichtig und keiner weiß so recht, wer die Drahtzieher sind. Markus Croy, Undercover-Agent des BKA, taucht in einen Sumpf aus Intrigen und perfiden Machtspielen mit gezinkten Karten ein, um die Täter zu entlarven. Ein riskantes Spiel, in dem mehr als nur ein Mitspieler falsch spielt und Croy und dem BKA läuft die Zeit davon. Bis zum G8-Gipfel muss der Fall geklärt sein, damit das Treffen nicht zu einem blutigen Fiasko wird …

Das Szenario klingt für sich genommen erst einmal sehr spannend. Ein Thriller, der im undurchsichtigen Geflecht zwischen Wirtschaft, Geheimdiensten, Politik und zwielichtigen Verbänden angesiedelt ist, ein Fall, der obendrein in einen Wettlauf gegen die Zeit gipfelt – das sind genau die Zutaten, die für reichlich Spannungsmomente sorgen. Die Grundlage des Trias-Vertrages ist eine raffinierte und faszinierende Idee, mit der Marc Kayser einen interessanten Denkansatz offenbart. Drei wirtschaftlich bedeutende Nationen schließen sich zusammen zu einem Bündnis, das ihnen die Versorgung mit Energie für die nächsten Jahrzehnte sichert – auf Basis einer raffinierten Übereinkunft, der allen Vertragspartnern Vorteile bringt.

Doch eine Sache bleibt in Kaysers Szenario etwas blass: Warum Deutschland? Das habe ich mich bei der Lektüre immer wieder gefragt. Warum messen Amerikaner und Russen den Deutschen, die ja nicht einmal so ernst zu nehmen sind, dass sie einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat verdient hätten, auf einmal eine so herausragende Bedeutung zu, dass sie ein Exklusivbündnis nur mit ihnen eingehen? Darauf hat auch Kayser keine wirklich zufriedenstellende Antwort, und das ist ein Glaubwürdigkeitsmangel, der während der gesamten Lektüre einen ziemlich langen Schatten auf den Plot wirft.

Kaysers Roman jongliert mit vielen Komponenten und vielen Figuren, von denen viele zudem ein doppeltes Spiel spielen. Er wechselt ständig Perspektive und Handlungsort, und das macht den Einstieg in die Lektüre nicht unbedingt leichter. Kaysers Schreibstil ist sehr nüchtern, fast ein wenig farblos, und so wirken auch die Figuren in den ersten Kapiteln noch irgendwie blutleer.

Immer wieder benutzt Kayser recht eigentümliche Worte. So beschreibt er Personen immer wieder als „alert“ oder lässt sie mit den Füßen „schurren“. Nervig (obwohl glücklicherweise nicht all zu häufig auftauchend) ist sein Hang, deutsche Wörter in vollkommen sinnfreier Art und Weise durch Anglizismen zu ersetzen. Was ist so schlecht an einem Wort wie „Büro“, dass man stattdessen „Office“ sagen muss? Oder was ist an „Basement“ besser als an „Keller“?

Man kann sich „Trias“ als Film wunderbar darstellen: viel Action, schnelle Schnitte, undurchsichtige Figuren, ein strahlender Held und ein explosives Thema. Für einen Roman lässt Kayser dann aber doch immer mal wieder die nötige Tiefe vermissen. Markus Croy wirkt am Anfang wie die kleine BKA-Ausgabe von James Bond. Als Croy eine Spur nach Prag verfolgt und dort schon von den Häschern der Gegenseite erwartet wird, die überlegene Art, wie er sich aus dieser misslichen Lage herausmanövriert, und die Souveränität, mit der er sich durch Prag bewegt, lassen den Leser immer wieder an eine so unwirkliche Figur wie James Bond denken. Das macht es aber leider auch schwer, mit dem Protagonisten mitzufiebern. So wie er stets Herr der Lage ist, trägt man gar keine Sorge, dass die Sache der Guten scheitern könnte, und das ist ein Faktor, der vor allem in der actiongeladenen ersten Romanhälfte ein wenig die Spannung untergräbt.

Ein menschlicheres Profil entwickelt Croy erst im weiteren Verlauf der Geschichte, und dazu bedient sich Kayser ganz simpel und klischeehaft natürlich einer Liebesgeschichte. Als Leser springt man zumindest halbwegs darauf an, auch wenn man den Kniff durchschaut, und so kommt die Spannung zum Ende hin doch noch etwas in Fahrt. Den Showdown gibt es dann erwartungsgemäß zum G8-Gipfel, wo Croy wieder einmal mehr oder weniger im Alleingang agiert und man sich schon fragt, ob das BKA eigentlich nur einen einzigen fähigen Beamten aufzubieten hat. Croys Liebschaft zu der Journalistin Katja Kirchner ist am Ende, trotz ihrer Bedeutung im Mittelteil des Buches, schon wieder in der Versenkung verschwunden. Gekrönt wird das Ganze noch von einem relativ offenen Ende (obwohl der Plot in sich abgeschlossen wirkt), das den Leser vermutlich auf die Fortsetzung neugierig machen soll, an der Kayser derzeit schreibt.

Was unterm Strich bleibt, ist also in erster Linie ein interessantes, wenn auch nicht restlos glaubwürdiges Szenario. Kayser denkt in eine ganz ungewöhnliche Richtung ,und das ist es, was die Lektüre interessant macht. Auch die Einblicke in den Alltag des politischen Machtapparates haben noch ihren Reiz. Als Thriller ist „Trias“ jedoch nicht mehr als Mittelmaß.

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