_Story_
Christian Wagner kehrt nach mehreren Jahren wieder in seine Heimatstadt zurück und wird bereits kurze Zeit später Zeuge einer grausamen Mordserie. Seine ehemalige Gattin Alexa, mittlerweile bei der Polizei aktiv, informiert ihn über den Fund einer geköpften Leiche und bittet den Kulturwissenschaftler, am Tatort einen Befund über die seltsame Tätowierung der Leiche zu erstellen. Doch schon auf dem Weg zur Fundstelle ereignen sich seltsame Dinge; Christian bekommt einige ungewöhnliche Kurzmitteilungen auf sein Handy geschickt und gerät bereits vor seiner Ankunft tiefer in die Geschehnisse herein, als er es sich hätte träumen lassen. Zudem entdeckt Wagner dann auch noch, dass die Leiche die gleiche Tättowierung wie er selber trägt, was ihm langsam aber sicher Angst einflößt. Er entlarvt die Tote als eine ‚Nephilim‘, eine sektenartige Gruppierung, die vor einigen Jahren als Gegenpol zu den geförderten ‚Titanen‘ ins Leben gerufen wurde.
Als sich der verdeckte Ermittler gezwungenermaßen näher mit dem Thema beschäftigt, drängen sich ihm immer mehr Parallelen zu seinem eigenen Leben auf. Er erinnert sich an seine für tot erklärte Freundin Billie und einen gewissen Adrian, der in der Ägyptologie Seth, den Gegenspieler seines selbst erkorenen Alter Egos Osiris, abgegeben hat und sich zufälligerweise auch gerade in der Stadt herumtreibt. Nach einem Besuch in der finsteren Diskothek werden Christian dann die Augen geöffnet; er wird von einem erotischen Schauspiel verführt und wird sich der tatsächlichen Tragweite der jüngsten Entwicklungen bewusst. Als er am nächsten Morgen unbekleidet aufgefunden wird, helfen ihm die Erinnerungen der letzten Nacht, endlich Licht ins Dunkel zu bringen.
_Meine Meinung_
Unter dem Titel „Schattenreich“ ist unlängst eine neue Hörspiel-Serie gestartet, die sich – der Titel lässt es bereits vermuten – mit düsteren Phänomenen und übersinnlichen Themen beschäftigt. Die Serie wird außerdem von Gothic-Magazin „Sonic Seducer“ präsentiert, was natürlich sofort einige Vorurteile mit sich bringt, die auch prompt in der ersten Episode „Die Nephilim“ bestätigt werden. Doch was es damit auf sich hat, dazu möchte ich später noch einmal gesondert kommen.
Das Konzept von „Schattenreich“ ist jedenfalls nicht gerade herkömmlich; Ziel war es, eine Mischung aus stimmungsvoller Gothic-Musik und dichter Hörspiel-Atmosphäre zuschaffen, was den Machern auch weitestgehend gelungen ist, sieht man mal von den raschen Schwenks zwischen diesen beiden Elementen ab. Hier hätte man sich noch einige fließendere Übergänge gewünscht, denn es ist schon so, dass die Musik manchmal ruckartig mit mächtigen Beats einsetzt und so die letzten bzw. ersten Worte des Hörspiels zu stark überlagert. Letztendlich ist das nur ein kleiner Schönheitsfehler, aber es fällt eben schon auf.
Rein inhaltlich, und damit wären wir bei besagten Vorurteilen, orientiert sich „Die Nephilim“ indes an altbekannten Klischeethemen. Es geht um eine seltsame, nur unterschwellig thematisierte Sekte, unerklärliche Todesfälle, Fabelwesen wie eine Medusa und die zunächst einmal unwahrscheinlich erscheinenden Zusammenhänge zwischen alldem, erforscht vom Ermittlergespann Alexa und Christian. Und eigentlich ist dies auch alles ziemlich gut zusammengefügt, nur eben nicht wirklich ideenreich konstruiert worden. Vor allem beliebte Mystery-Thriller-Autoren wie Dan Brown (und ganz besonders der) werden hier in anders benannten Themenkomplexen zitiert und teilweise auch kopiert, wenn auch auf etwas finsterere Art und Weise. Aber die Parallelen zwischen den Hauptfiguren des Millionensellers „Sakrileg“ und der inhaltlichen Struktur von „Die Nephilim“ sind schon signifikant, wenngleich sie sich zum Ende hin dann doch ganz unterschiedlich entwickeln. Während Brown jedoch bis zum Finale auf höchstem Niveau agiert, müssen die beiden Produzenten Astrid Meirose und Volker Pruß vergleichsweise kleinere Brötchen backen, weil es ihnen zum Schluss nicht sonderlich überzeugend gelingt, das Ende ‚rund‘ zu bekommen. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse und nach all dem Spannungsaufbau der ersten Dreiviertelstunde wird die bis dahin tolle Atmosphäre abrupt zerstört und die Geschichte eher unbefriedigend aufgelöst. Und dies muss man dem Hörspiel bzw. der Handlung auch als Schwäche auslegen.
Andererseits ist die Inszenierung bis zu diesem Punkt (und rein äußerlich auch über die gesamte Spielzeit) fabelhaft. Die düstere musikalische Untermalung ergänzt sich sehr schön mit den dramatischen Akten des Plots und ist hinsichtlich der Gesamtwirkung tatsächlich eine echte Bereicherung. Und auch die Auswahl der finsteren Kompositionen ist lobenswert, weil für jede Stimmung, die sich innerhalb der Story auftut, eine passende Begleitung oder aber ein angenehmr Kontrast vorhanden ist – sei es nun von Gruppen wie SECRET DISCOVERY und ZERAPHINE oder eben vom Berliner Filmorchester und Kammerchor.
Aus diesem Grunde ist es auch etwas schade, dass die Handlung nicht auf Top-Niveau angesiedelt ist. Die Geschichte ist sicherlich spannend und von Sprechern und Musik erstklassig ausgemalt worden, lässt aber im Hinblick auf den Faktor Innovation ein wenig zu wünschen übrig und ist an manchen Stellen außerdem auch noch unlogisch aufgebaut. Sieht man davon mal ab, ist der erste Teil der „Schattenreich“-Serie ein absolut anständiges Hörspiel, welches, sobald inhaltlich noch leichte Verbesserungen erzielt werden, durchaus Lust auf mehr macht.
Mehr Infos gibt es unter http://www.schattenreich.net.