Parker, Robert B. – The Judas Goat – Ein Spenser-Krimi

_Terroristenhatz: in 40 Tagen bis zur Olympiade_

Der Millionär sitzt im Rollstuhl, verkrüppelt und verbittert. Vor einem Jahr wurden seine Frau und seine beiden Töchter bei einem Sprengstoffanschlag in einem Londoner Restaurant getötet, er selbst schwer verletzt. Nun will er Rache nehmen, und Spenser soll sie an seiner Statt nehmen. „Finden Sie die Mörder. Ich zahle Ihnen einen guten Preis“, sagt er. Doch bald ist Spenser dem eigenen Tod näher als dem Kopfgeld …

Der Titel der dt. Übersetzung lautet: „Kopfpreis für neun Mörder“ (erstmals 1980 bei Ullstein).

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, geboren 1932, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zu seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine etwa acht Jesse-Stone-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Der ehemalige Professor für Amerikanische Literatur Robert B. Parker lebte mit seiner Frau Joan in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen viele seiner Krimis.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser wird zu der noblen Hütte des Millionärs Hugh Dixon gerufen. Der international tätige Unternehmenschef sitzt im Rollstuhl, eine Katze auf dem Schoß. Vor einem Jahr wurden seine Frau und seine beiden Töchter bei einem Sprengstoffanschlag in einem Londoner Restaurant getötet, er selbst schwer verletzt. Doch die Londoner Polizei hat die neun Mörder – acht Männer und eine Frau – immer noch nicht gefunden. Nun soll Spenser sie ausfindig machen, für ein Kopfgeld von 2500 Dollar pro Nase bzw. 25.000 Dollar für alle. Solch einen Batzen Geld kann Spenser, dessen Konto gerade Ebbe aufweist, gut gebrauchen. Mit sämtlichen Unterlagen und einem dicken Scheck in der Tasche fliegt er nach London.

Dixon hat alle Täter genau gesehen. Zusammen mit der Polizei von London konnte er Täterbeschreibungen und Phantombilder anfertigen. Diese prägt sich Spenser nun als erstes ein. Er verabschiedet sich sehr emotionsreich von seiner Freundin Susan Silverman: Er spielt John Wayne und sie Miss Kitty wie im Film: „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“, knurrt er, dann lachen sie.

Es verwundert ihn nicht, dass er zwar in London bestens empfangen und unterstützt wird, aber die Polizei keinerlei Hinweise auf die Identität der Einzeltäter geben kann. „Es handelt sich um eine neue Terrorgruppe, die sich Liberty nennt und erzkonservative Werte vertritt: Kommunistenhasser und Rassisten“, erklärt Inspector Downes von der Kripo. Spenser gibt einfach eine Anzeige in der „Times“ auf. Schon einen Tag später hat er eine Einladung zu einem Treffen in seinem Hotelpostfach: offensichtlich eine Falle.

Doch er ist überrascht, dass die Terroristen zweigleisig fahren. Das Treffen soll ihn in Sicherheit wiegen, während sich zuvor zwei Attentäter in seinem Hotelzimmer auf die Lauer gelegt haben. Und sie sind keineswegs die letzten Kontrahenten, die Spenser ausschalten muss. Inspector Downes fragt sich nach drei Toten, ob es so eine gute Idee war, einen solchen Kopfgeldjäger in sein friedliches Städtchen London gelassen zu haben.

Das juckt Spenser nicht: Nachdem er das treffen hat platzen lassen, beschattet er die Frau, die ihn treffen wollte – die einzige Lady unter acht (inzwischen nur noch fünf) Männern. Katherine Caldwell (Name wohl gefälscht) lebt in einem völlig weißen Apartment, in das der Detektiv sofort einbricht. Alles sieht proper aus – bis er auf die Seiden-Dessous stößt und danach auf die gefälschten Pässe und vier 22er-Pistolen, wie sie die Angreifer verwendeten. Höchste Zeit, das alte Mädchen Katie nervös zu machen.

Aber für dieses Vorgehen muss ihm jemand den Rücken freihalten. Er ruft Hawk zu Hilfe, gegen Honorar, versteht sich. Zusammen beschatten sie Katie-Mausi so offensichtlich, bis diese plötzlich nach Kopenhagen verschwindet. Ihr zu folgen, ist für Hawk ein Klacks. Nun muss sich Spenser als Köder anbieten, während sich Hawk wie stets im Hintergrund hält.

Als sich ihm drei Bewaffnete nähern, fragt sich Spenser, ob er diesmal den Kopf der Bande kennenlernen wird. Und wenn ja, ob der ihn lange genug am Leben lässt, bis Hawk ihn retten kann …

_Mein Eindruck_

Nächste Station ist Amsterdam, wo der Anführer verschwindet und seine „Gangsterbraut“ Kathie zurücklässt. Sie ist die „Judas-Ziege“ des Originaltitels, der Verräter, der die anderen normalerweise ans Messer liefert. Das war von vornherein Spensers Plan. Und auch diesmal hat er Glück: Sie liefert ihm in höchster Angst vor Hawk, dem „grässlichen schwarzen Mann“, einen Hinweis, der alle drei nach Montreal führt.

Denn in der kanadischen Metropole finden gerade die Olympischen Spiele statt, und der Terroristenanführer will unbedingt daran teilnehmen. Allerdings nicht allein, sondern mit einem extrem starken Leibwächter, der ebenso die Kommunisten hasst wie die Schwarzen. Und dreimal darf man raten, was ein Terrorist bei der Olympiade vorhat: einen Anschlag. Können Spenser und Hawk den Tod eines Athleten oder gar noch Schlimmeres verhindern?

Wie man sieht, nimmt sich der Autor in diesem Actionthriller eines (leider) immer noch aktuellen Themas an, nämlich des internationalen Terrorismus‘. Das macht das Buch auch heute noch interessant, ebenso die Frage der Security. Aber Terroristenhatz ist für Spenser kein Selbstzweck, kein Sport. Vielmehr fühlt er sich selbst entfremdet und braucht danach immer ein Rendezvous mit Susan Silverman, um wieder zu sich selbst zu finden.

Susan steht in krassem Gegensatz zu Kathie, dem Terroristenliebchen. Kathie ist eine Masochistin, die in Misshandlung und Demütigung ihre sexuelle Erfüllung findet. Als sie sich Spenser nicht nur anbietet, sondern sogar aufdrängt, gerät er in eine peinliche Lage. Offensichtlich ist diese Frau schwer emotional gestört und somit abstoßend für ihn. Das ist das kleinere Problem. Das größere besteht darin, Susan treu zu sein. Ach, der Versuchungen sind gar viele. Hawk hat dieses Problem nicht und wird daher auch nicht von Kathie als Schlappschwanz betrachtet … Dennoch revanchiert sich Spenser für Kathies Hilfe und lässt sie laufen.

Dass solche Psychopathen wie Kathie und ihr Lover in der Terroristenszene agieren, wirft natürlich ein negatives Licht auf die Akteure. Sie scheinen alle nicht ganz zurechnungsfähig zu sein. Wie sonst könnten sie planen, eine ganze Familie mit einer Bombe auszulöschen oder einen Goldmedaillengewinner vor aller Augen zu erschießen? Merke: Dies ist kein Thriller von John le Carré.

Das Finale zieht sich über mehr als 20 Seiten hin und belohnt den Actionfreund für seine Geduld mit einem waffenlosen Fight der beiden Detektive Spenser und Hawk gegen den riesenhaften Leibwächter. Zachary hat mich stark an Ronald Niederman aus dem zweiten und dritten Teil der „Millennium“-Trilogie von Stieg Larsson erinnert. (Larsson hat sich ja aus so mancher Quelle bedient.) Dementsprechend schwer tun sich die Guten, den bärenhaften Bösen aus Russland zu Fall zu bringen. Es ist notwendig, denn wer weiß, was er anrichten könnte, sollte er entkommen. Und er ist ein wichtiger Zeuge.

_Unterm Strich_

Auch diesen Thriller habe ich in nur wenigen Stunden verschlungen. Die 200 Seiten sind mit viel Action sowie einer Menge netter als auch bizarrer Erotik gefüllt. Es schadet dem europäischen Leser keineswegs, dass ihn der amerikanische Autor an drei europäische Schauplätze entführt: das großartige England Shakespeares, das Spenser so liebt, das fast ebenso großartige Kopenhagen, „Paris des Nordens“, und schließlich nach Amsterdam, das wirklich sehr seltsam wirkt – mit seinen Pornoshops, den Hippies und Backpackern, seiner Toleranz und seinen reichen Kunstmuseen. (Weder von Kiffern noch Huren ist die Rede, aber der Autor darf beides als existent und bekannt voraussetzen.)

Von den 40 bisher gelesenen Krimis ist dies der einzige (bislang), in dem es ganz klar nur um Terroristen geht. Und diese Typen stecken auch nicht, wie so oft bei Chandler und dem späten Parker, mit dem Auftraggeber des Detektivs unter eine Decke. Die Fronten sind halbwegs klar, bis auf die kleine Ausnahme mit der titelgebenden „Verräterziege“ Kathie Caldwell, die die Fronten wechselt. Wer auf Action, Fights, Erotik und Spannung steht, ist mit diesem Thriller genau richtig bedient. Alle anderen sollten die Finger davon lassen.

|Taschenbuch: 203 Seiten
ISBN-13: 978-0440141969|
[Verlagshomepage]http://bantam-dell.atrandom.com

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836

„Cole & Hitch“:

1) „Appaloosa“ (2005)
2) „Resolution“ (2008)
3) „Brimstone“ (2009)
4) „Blue-Eyed Devil“ (2010)

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) [„Night and Day“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6873
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) [„Perish Twice“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6832
3) [„Shrink Rap“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6833
4) [„Melancholy Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6834
5) [„Blue Screen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6835
6) [„Spare Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6852

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die 39 Romane umfasst, erschienen:

[„The Godwulf Manuscript“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6921
[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
[„Chasing the Bear“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6837
[„Hundred Dollar Baby“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6838
[„Taming a Sea-Horse“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6839
[„Bad Business“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6840
[„Back Story“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6842
[„Painted Ladies“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6843
[„Cold Service“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6844
[„The Professional“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6866
[„Playmates“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6867
[„Thin Air“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6872
[„Small Vices“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6829
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[„God Save The Child“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6951

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