Philip K. Dick – Irrgarten des Todes

Vierzehn Personen werden von unterschiedlichen Welten aus gleichzeitig auf den Planeten Demark-O geschickt. Alle haben sich freiwillig zur Besiedlung dieser scheinbar fremden Welt gemeldet und jeder Siedler ist seines alten Lebens und seiner vorherigen Routineaufgaben überdrüssig geworden.

Doch kaum auf dem fremden Planeten angekommen, stellen die vermeintlichen Siedler fest, dass sie hier festsitzen, keiner ein rückflugtaugliches Raumfahrzeug mitgebracht hat.

Auch die aufgezeichneten Anweisungen der vorgesetzten Behörde werden durch ein scheinbares Versehen gelöscht. Und während die neuen Siedler eine beunruhigende Entdeckung nach der anderen machen (so existieren auf Delmark-O winzige Maschinen, die scheinbar jeden Schritt der neuen Siedler überwachen, und ein großes Gebäude scheint unter einer Art Tarnschirm verborgen zu sein), wird der erste Mord an einem der Siedler begangen, dem noch andere folgen.

Wer ist der Mörder? Gibt es vielleicht mehrere Täter? Warum hat man die erwählten Personen überhaupt zeitgleich an diesen mysteriösen Ort geschickt? Handelt es sich bei den Siedlern gar um Geisteskranke, die einem monströsen Experiment unterzogen werden sollen? Oder ist dies eine neue Art einer Heiltherapie?

Natürlich lässt Dick den Leser wieder durch mehrere Ebenen der Erkenntnis laufen, bis sich zum Schluss eine Wahrheit herauskristallisiert, die aber ebenfalls keinen finalen Bestand hat.

Erfreulich ist vor allem der Spannungsgehalt der Geschichte, auch wenn die Charaktere sogar für Dick’sche Verhältnisse blass wirken (und der Autor war ohnehin nie ein besonderer Meister in der Erschaffung glaubhafter Psychoprofile seiner Protagonisten). Dies wird jedoch von den trickreichen Wendungen des hier erzählten Abenteuers mühelos überdeckt.

Neben „Ubik“ und „Do Androids dream of electric Sheep?“ (dt. als „Träumen Roboter von elektrischen Schafen?“ oder als „Blade Runner“) dürfte das vorliegende Buch der interessanteste und spannendste Roman Dicks sein, der sich um das Lieblingsthema des Autors, die Suche nach der Realität, dreht. Vor allem ist er, neben den beiden vorgenannten Werken, auch einer seiner lesbarsten.

Versinken viele längere Texte des Autors oft in beklemmender Düsternis ohne einen Funken Hoffnung oder in völlig undurchschaubaren paranoid-halluzinatorisch wirkenden Episoden, so ist „A Maze of Death“ vor allem stringent erzählt.

Auch wenn Umgebung und Protagonisten farblos wirken, sind doch die Morde und die Suche nach den Lösungen der verschiedenen Rätsel dermaßen bestrickend, dass sie von allen anderen Unzulänglichkeiten ablenken.

Zudem treibt Dick einen herrlich anspielungsreichen Schabernack mit den Namen; so heißen die Protagonisten beispielsweise Dunkelwelt, Tallchief (dt. in etwa „langer Häuptling“ oder besser noch „Schmalspurhäuptling“) oder eine der menschlichen Kolonien „Tekel Upharsin“ („Mene tekel ufarsin“ schrieb im Alten Testament der Bibel eine Geisterhand an die Wand des babylonischen Königs Belsazar und kündete so vom kommenden Desaster und Untergang des Herrschers).

Leider kommen solcherart gelehrte und anspielungsreiche Fingerzeige nur dann gut und für alle Leser verständlich zum Ausdruck, wenn der Übersetzer sich die Mühe macht, sie entweder einzudeutschen oder noch besser durch eine Fußnote zu erklären. Versteht der Übersetzer die Anspielungen aber selbst nicht, so hat es der deutsche Leser schwer.

Deshalb wäre eine kenntnisreiche Neuübersetzung von Dicks Klassiker sicherlich angebracht gewesen. Yoma Caps ursprüngliche unzulängliche Transkription aus dem Jahr 1974 ist trotz der aktuellen Überarbeitung durch Alexander Martin hier leider nur begrenzt hilfreich, obwohl es erfreulich ist, dass man den Roman gegenüber der Erstausgabe überhaupt hat überarbeiten lassen. Dies spricht für die Edition der Philip-K.-Dick-Reihe im |Heyne|-Verlag, erscheint er hier doch erstmals wohl vollständig ungekürzt. Fußnoten des neuen Übersetzers bzw. „Überarbeiters“ wären allerdings trotzdem wünschenswert gewesen.

„A Maze of Death“ ist einer der empfehlenswertesten Romane Dicks, denn eigentlich lag die Begabung des amerikanischen Autors eher auf dem Gebiet der Kurzgeschichte, das vorliegende Buch ist aber eines seiner wenigen wirklich gelungenen längeren Werke, spannend und überaus lesenswert.

Taschenbuch: 223 Seiten
Orginaltitel: A Maze of Death
übersetzt von Yoma Cap, überarbeitet von Alexander Martin
www.heyne.de

Gunther Barnewald
Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins buchrezicenter.de