Raven, Lynn – Kuss des Dämons, Der

_Dawn führt mit ihrem reichen Onkel_ ein mehr oder weniger normales Leben in Ashland Falls und geht dort auf die Highschool. Eines Tages kommt ein Neuer an die Schule, Julien DuCraine, der immer eine Sonnenbrille trägt, von allen Mädchen angeschmachtet wird und eine Freundin nach der nächsten hat. Als Julien mit seiner |Fireblade| bei dem DVD-Abend bei Dawns gutem Freund Neal auftaucht, lädt er Dawn dazu ein, mit ihm auf der Maschine eine Runde zu drehen. Weit entfernt von Neals Haus kommt es dann zu einem Streit zwischen den beiden, sodass Julien Dawn einfach stehen lässt und mit seiner |Fireblade| davonfährt.

Dawn ist entsprechend wütend und beide feinden sich daraufhin gegenseitig an. Bis zu dem Tag, als Julien und Dawn zusammen mit ihren Schulkameraden ein altes Theaterhaus aufräumen müssen, damit dort die alljährliche Halloweenparty stattfinden kann. Julien rettet Dawn das Leben, als alte Vorhangsstangen auf sie herabzufallen drohen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt zwischen Dawn und Julien eine Freundschaft, die sich bald zu Liebe entwickelt.

Doch wie kommt es, dass Julien Dawn retten konnte, obwohl er doch am ganz anderen Ende des Saales stand? Wieso trägt Julien immer eine Sonnenbrille? Und weshalb versucht Julien Dawn von sich fernzuhalten, weil er meint, er sei zu gefährlich für sie? Der Verdacht, den Dawn heimlich hegt, scheint sich alsbald zu bewahrheiten: Julien ist ein Vampir …

_“Der Kuss des Dämons“ von Lynn Raven_ ist eine Mischung aus Vampirroman und einer Liebesgeschichte, die schon im Klappentext erahnen lässt, dass einige Parallelen zu Stephenie Meyers [„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600 vorhanden sind. Zwar müssen Parallelen im Klappentext noch lange nicht heißen, dass die Story letztendlich auch wirklich abgekupfert wurde, aber in diesem Fall muss ich sagen, trifft das leider doch in gewisser Weise zu. Nicht nur das Grundgerüst der Story wurde beinahe eins-zu-eins übernommen, sondern auch in einigen Details ähnelt „Der Kuss des Dämons“ dem bekannten Jugendbuch von Stephenie Meyer sehr, angefangen damit, dass ein neuer Mitschüler an die Highschool kommt, der völlig unnahbar ist und doch von allen bewundert wird, der das Sonnenlicht nicht ertragen kann, dessen Haut bleich und hart wie Stein ist, mit einem Gesicht wie ein Engel. Obwohl es erst den Anschein hat, als könnte er Dawn nicht leiden, verlieben sich die beiden ineinander. Zuvor rettet er ihr mit seiner übermenschlichen Schnelligkeit das Leben, und auch später, als sie von einem Mann in einer dunklen Gasse bedrängt wird, ist er für sie da, um ihr zu helfen. All das hatten wir auf die ein oder andere Weise in „Bis(s) zum Morgengrauen“ schon einmal. Auch wenn das Buch letztendlich nicht komplett abgekupfert wurde und durchaus auch eine eigenständige Geschichte erzählt, sind sich die beiden Werk doch zu ähnlich, um sie nicht miteinander in Vergleich zu bringen, und dabei wird Lynn Ravens „Der Kuss des Dämons“ eindeutig in den Schatten gestellt, da es mit seiner ‚Inspirationsquelle‘ einfach in keiner Weise mithalten kann.

Auch wenn man mal von diesem Vergleich absieht, weist die Handlung selbst auch die ein oder andere Schwäche auf. Einige Stellen wirken etwas aufgesetzt oder einfach zu schnell erzählt. Vor allem die Szene, in der Dawn und Julien mit seiner |Fireblade| eine Runde drehen und sich dann streiten, wirkt ein wenig an den Haaren herbeigezogen, und auch die Tatsache, dass Dawn zweimal in ein leer stehendes Gebäude einbricht und dabei beide Male auf Julien im Innern trifft, wirkt alles andere als realistisch. Einmal, vielleicht, aber gleich zweimal?

Der letzte negative Kritikpunkt betrifft die Vorhersehbarkeit der Geschichte. Wer aufmerksam liest, dem werden einige erwähnte Details auffallen, und spätestens in der Mitte des Buches weiß man dann ziemlich sicher, wie das Buch ausgehen wird. Lynn Raven versteckt ihre Andeutungen auf das Finale nicht gut genug, sodass man letztendlich nur eins und eins zusammenzuzählen braucht, damit man weiß, wie das Buch ausgeht. Während der Leser schon seit geraumer Zeit ahnt bzw. weiß, was Sache ist, versteht Dawn noch immer nicht, was um sie herum geschieht und was all das zu bedeuten hat, und das nimmt dem Buch in der Mitte eine gehörige Portion an Spannung sowie Glaubwürdigkeit.

Doch trotz der nicht zu ignorierenden Kritikpunkte hat mir das Buch immer noch gut gefallen. Warum? Weil der Stil gefällig ist und „Der Kuss des Dämons“ trotz der Parallelen eine eigene Geschichte erzählt, die Spannung mit sich bringt, mit der man mitfiebern kann und die einfach zu gefallen weiß. Auch die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind sehr gut gelungen, sodass der Leser sich die Schauplätze, an denen die Geschichte spielt, sehr gut vorstellen kann und dadurch noch etwas mehr in die Handlung hineingezogen wird. Interessant sind auch einige der eingebrachten Ideen der Autorin, beispielsweise passt Juliens Vergangenheit als Hochseilartist und Geiger sehr gut zum Entwurf der Geschichte.

Im Buch wird ständig zwischen der Haupthandlung mit Julien und Dawn und einer Nebengeschichte gewechselt, die fortlaufend in kurzen Abschnitten weitererzählt wird. Anfangs ist dieser Strang noch etwas verwirrend, bis der Zusammenhang zwischen den beiden Geschichten klar wird und man sich schon vorstellen kann, was die eingeschobene mit der Haupthandlung zu tun hat, aber durch diese Verzögerungstaktik wird die Spannung in „Der Kuss des Dämons“ noch zusätzlich angefacht. Erst ganz zum Schluss wird klar, welche Berührungspunkte die Nebenhandlung mit der eigentlichen Geschichte gemeinsam hat.

Auch die Charaktere in „Der Kuss des Dämons“ sind vernünftig ausgearbeitet. Besonders Julien, der einerseits rebellisch, gefährlich und cool ist, andererseits aber auch eine weiche Seite zeigt und Dawn hilft, wo er nur kann. Lynn Raven stellt ihn als unheimlich cool, hübsch und charmant dar, worin er Edward aus „Bis(s) zum Morgengrauen“ zwar ein bisschen ähnelt, aber dennoch ist Julien ein ganz anderer Typ. Dawn hingegen ist ein mehr oder weniger normales Mädchen von nebenan, das allerdings auch seine Schwächen besitzt und damit Bella aus „Bis(s) zum Morgengrauen“ wiederum sehr ähnelt.

Der Schreibstil passt sehr gut zur erzählten Geschichte, bleibt aber unauffällig. Das Buch ist in Ich-Form aus Dawns Sicht verfasst, wodurch es einen persönlicheren Zugang ermöglicht und man die Gefühle und Gedanken von Dawn besser mitverfolgen kann.

Der Showdown ist zwar größtenteils vorhersehbar, kann sich aber letztendlich doch sehen lassen. Zum Schluss hin steigert sich die Spannung, wie es sich gehört, und der Leser fiebert mit Dawn und Julien mit und hofft, dass sich letztendlich doch alles zum Guten wendet. Das Ende lässt leider noch die ein oder andere Frage offen im Raum stehen, sodass zu erwarten ist, dass noch ein zweiter Teil folgen wird.

_Fazit:_ Trotz einiger Mängel und der Tatsache, dass „Der Kuss des Dämons“ einfach nicht mit Stephenie Meyers ähnlich gelagertem „Bis(s) zum Morgengrauen“ mithalten kann, hat mir das Buch in seiner Art dennoch ganz gut gefallen, zumal die Charaktere sympathisch sind und die Geschichte interessant und spannend aufgebaut wird.

_Lynn Raven_ wurde 1971 geboren und lebte in Neuseeland, ehe sie nach Deutschland zog und dort, wie sie es selbst ausdrückt, „hängen blieb“. Heute arbeitet sie in der Nähe von Mainz und arbeitet freiberuflich als Journalistin und Übersetzerin.

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