Rejchtman, Grzegorz – Ubongo

_Tetris im Geschwindigkeitsrausch_

„Ubongo“ – was für ein eigenartiger Titel für ein Gesellschaftsspiel, da scheint Spaß auf jeden Fall vorprogrammiert. Und tatsächlich hat dieser bereits 2005 als Messeneuheit vorgestellte Titel in den vergangenen beiden Jahren ein echtes Virus freigesetzt, dem auch heute noch Heerscharen von neuen Spielern chancenlos verfallen. Seit geraumer Zeit tummelt sich „Ubongo“ nun schon an der Spitze der Gesellschaftsspiel-Verkaufsschlager eines ganz bekannten Online-Hauses, und tendenziell wird sich an diesem erfreulichen Umstand auch so schnell nichts ändern. Doch was ist so besonders an „Ubongo“? Wieso erliegt man der Tetris-Variante im Speed-Rausch? Nun, die Antwort gibt das Spiel selber. Einmal gespielt, bleibt die Packung nämlich für Stunden geöffnet. Kein Wunder, dass hier bereits seit Monaten vom neuen Brettspiel-Kult geredet wird …

_Die Spielidee_

„Ubongo“ ist grundsätzlich ein simples Spiel, bei dem es zunächst lediglich auf zwei wesentliche Dinge ankommt: logisches Denken und Tempo. Jeder Spieler muss Runde für Runde mithilfe von drei oder vier verschiedenen Formen ein vorgegebenes Muster ausfüllen und dabei auch noch im Zeitfenster der weiterlaufenden Sanduhr bleiben. Und während man gemeinsam knobelt, sollte man auch noch auf den darauf folgenden Zug achten: denn vor Ablauf der Sanduhr gilt es zudem noch, zwei Edelsteine vom Spielbrett zu nehmen und diese in seine Edelsteinsammlung einzupassen. Wer nämlich zum Schluss die meisten Edelsteine in einer Farbe besitzt, der hat das Spiel gewonnen – und dies ist beileibe nicht immer der schnellste …

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 4 Spielfiguren
• 72 Edelsteine
• 36 Legetafeln
• 4 x 12 Legeteile
• 1 Sanduhr
• 1 Sonderwürfel

Das Spielmaterial zu „Ubongo“ ist nicht nur grafisch sehr stimmig, sondern auch in Sachen Langzeitspaß tauglicher als zunächst befürchtet. Zwar sind die Legeteile aus dem üblichen Spielkarton bei ständiger Verwendung der Gefahr ausgesetzt, einige Beschädigungen an den Ecken abzubekommen, doch ist dies insgesamt wohl keine kritisch zu betrachtende Besonderheit. Besonders ist stattdessen die visuelle Aufmachung des Spiels. Begonnen beim simpel, jedoch effektiv illustrierten Spielplan bis hin zur Optik der Schachtel entsteht hier ein durch und durch rundes Bild. Aber auch, was die grundsätzliche Stabilität sowie die generelle Zweckmäßigkeit der zur Verfügung stehenden Mittel anbelangt, gibt es kaum etwas zu meckern. Dies ist Qualität, wie man sie vom größten deutschen Spielverlag kennt und schätzt!

_Spielvorbereitung_

Der Spielplan wird aus zwei Teilen zusammengesteckt und schließlich mit den Edelsteinen gefüllt; jede Öffnung der sechs Spielreihen wird mit jeweils einem Edelstein versehen. Anschließend wird je ein Set der Legeteile pro Spieler ausgehändigt. Als Letztes erhält nun jeder eine Spielfigur und setzt sie auf ein beliebiges der sechs Spielfelder auf dem Plan. Abhängig von der Spielerzahl werden schließlich die Legetafeln aussortiert. Für jeden Spieler müssen individuell neun Tafeln zur Verfügung stehen; die übrigen werden in der folgenden Partie nicht mehr benötigt.

_Spielablauf_

In jeder der neun Runden nimmt sich der Spieler eine Legetafel vom Stapel. Der Startspieler würfelt nun eines der sechs Symbole, welche auf den Legetafeln abgebildet sind, und bestimmt damit, welche Legeteile für den aktuellen Spielzug benötigt werden. Insgesamt sind auf den Legetafeln sechs Symbole mit drei bzw. vier (je nach Schwierigkeitsgrad) zugehörigen Legeteilen dargestellt, an denen man sich nach dem Auswürfeln zu orientieren hat. Gleichzeitig mit dem Würfelwurf wird nun auch die Sanduhr umgedreht. Infolge dessen wählt man nun in Windeseile die erwürfelten Teile aus seinem Vorrat, versucht sie irgendwie so zu positionieren, dass sie genau das auf der Tafel gezeigte Muster ausfüllen, und versucht außerdem, dies alles vor Ablauf der Sanduhr zu schaffen. Wer diese Aufgabe als Erster bewältigt hat, ruft laut „Ubongo!“. Die übrigen Spieler dürfen indes weiterknobeln, bis die Sanduhr abgelaufen ist. In der Reihenfolge der erfolgreichen Lösungen dürfen die Spieler nun ihre Figur drei, zwei, einen oder eben kein Feld weit bewegen und anschließend am Zielort die vordersten Edelsteine aus der Reihe nehmen. Der Clou an der ganzen Sache: Auch dies muss geschehen, während die Sanduhr läuft, ansonsten geht man leer aus.

Die Spielrunde endet, sobald die Uhr durchgelaufen ist. Die Legetafeln werden anschließend gegen neue eingetauscht, und das Procedere wiederholt sich insgesamt noch achtmal.

_Spielende_

Nach insgesamt neun Runden endet die Partie. Anschließend werden die eingesammelten Edelsteine begutachtet und miteinander verglichen. Es gewinnt schließlich nicht derjenige mit den meisten Steinen, sondern der Spieler, der die meisten Edelsteine einer Farbe besitzt. Somit hat man selbst dann Chancen, wenn man nicht immer der schnellste gewesen ist – wenngleich dies natürlich wegen der besseren Zug- und Auswahlmöglichkeiten von Vorteil wäre. Und tatsächlich zeigen Erfahrungen, dass der Schnellste wirklich selten zwangsläufig auch der strategisch Beste sein muss!

_Persönlicher Eindruck_

„Ubongo“ ist definitiv eines dieser Spiele, welche von der ersten Sekunde an zu fesseln vermögen, selbst nach stundenlangem Durchlauf nicht langweilig werden und überdies hinaus zu jedem Anlass geeignet scheinen. In diesem Sinne ist es schon fast schade, dass die Spielerzahl auf vier mögliche Teilnehmer begrenzt ist, da die Grundidee potenziell absolut partytauglich ist. Indes kommt auch im Spiel zu viert, zu dritt und selbst zu zweit eine vergleichbare Stimmung auf, ausgelöst durch die bewusst ausgelöste Hektik und das kunterbunte Treiben auf Spielplan und Legetafel. Ständig kommt es vor, dass man an den simpelsten Tüfteleien scheitert, weil die Zeit wie eine Pistole im Nacken drückt und man plötzlich jeglichen Sinn für Logik kurzzeitig über Brod wirft. Selbst beim vergleichsweise einfacheren Schwierigkeitsgrad mit drei Legeteilen geschehen häufig wirklich dumme Fehler, die man bei klarem Verstand nie und nimmer begangen hätte, unter Druck jedoch plötzlich direkt im Dutzend macht. Die Sanduhr rieselt, die anderen Spieler bereiten einem Sorge, weil sie bei schnellerer Lösung und Aktion möglicherweise heiß ersehnte Edelsteine wegschnappen, und wenn wirklich alles schiefgeht, ist man zwar der Schnellere an der Tafel, bei der kunterbunten Hetzjagd auf dem Spielplan dann aber zu langsam, um die erwünschten Produkte zu ergattern. Schnelligkeit ist also immerzu das A und O.

Indes ist selbst die übelste Frustration schnell wieder ein wohliges Schmunzeln wert; man erleidet zwar teils einige herbe Rückschläge, verliert aber über das ungeheure Spieltempo und die bis zum Schluss beinahe gleichbleibenden Siegchancen nie die Motivation, sich beim nächsten Rätsel noch mehr anzustrengen und gleichzeitig weniger auf die Druckmittel von Konkurrenz und Zeit zu schauen. Gelingt dies, hat man gute Chancen, innerhalb dieser quirligen Interaktion letztendlich vorne zu stehen. Lässt man sich jedoch permanent von der Hektik anstecken, kann’s auf die Dauer ziemlich schlecht aussehen. Und so geht’s unablässig hin und her und hin und her, bis nach viel zu kurzer Zeit neun Runden vorbei sind und eine Entscheidung fällig wird – und damit auch gleich die nächste Partie.

Man spricht bei Gesellschaftsspielen immer wieder gerne vom Suchtfaktor, insbesondere bei Spielen, die in kürzerer Zeit absolviert werden können und somit auch die idealen Voraussetzungen zur permanenten Wiederholung mitbringen. Bislang ist mir jedoch noch kein Spiel untergekommen, welches wirklich derart süchtig macht wie „Ubongo“. Die Idee, die Umsetzung und natürlich auch die Geschwindigkeit sind in ihrer Kombination atemberaubend und nicht zuletzt wegen der zugrunde liegenden Simplizität ein wahres Kunststück. Wer bereits beim Gedanken an „Tetris“ kaum mehr stillsitzen kann, darüber hinaus auch mal gerne lacht, der sollte seine Bestellung noch während der nächsten Minuten absenden. „Ubongo“ ist nämlich dasjenige unter der Masse an Familienspielen, das wirklich jeder kennen und haben muss!

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