Schwindt, Peter – Gwydion 01 – Der Weg nach Camelot

Das Leben hat es nicht gut mit dem jungen Schweinehirten Gwyn gemeint. Bereits seine Geburt war ein tragisches Ereignis, dem seine Mutter zum Opfer fiel, aber auch seine Kindheit war nicht sonderlich glücklich, denn immerzu stand er im Schatten seines älteren Halbbruders. Mittlerweile hat er sich damit abgefunden, sein Leben lang auf dem Hof seines Vaters zuzubringen – bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem die Sachsen sein Heimatdorf angreifen und auch den Hof der Familie Griflet ausrauben und zerstören.

Die Spuren der Verwüstung, die Mordred, der zurückgekehrte Sohn von König Artus, hinterlässt, sind für ganz Britannien verheerend, und jetzt, wo auch Gwyn von den jüngsten Ereignissen in der Monarchie betroffen ist, entschließt sich dieser, selber Ritter zu werden, um eines Tages in die legendäre Tafelrunde aufgenommen zu werden. Zur Seite steht ihm hierbei sein neuer Gefährte Humbert, der ihn auf seinem langen Weg begleitet, sowie später auch Merlin, der anscheinend einige Geheimnisse vor Gwyn verbirgt. Vom berüchtigten Zauberer erfährt er schließlich auch die Bedeutung des Medaillons, das ihm seine Mutter vererbt hat, und somit auch von seinem Schicksal als Hoffnungsträger für das gesamte Land. Der Legende nach soll nämlich eines Tages ein Held mit dem Einhorn namens Gwyndion über die Zukunft Britanniens entscheiden. Und auf Gwyn’s Medaillon befindet sich jenes Einhorn …

_Meine Meinung_

Wie eigentlich bei jedem Roman und jeder Buchreihe zur Artus-Saga stellt sich die Frage, ob die Materie mittlerweile nicht zu Genüge abgearbeitet wurde. So viele Autoren befassen sich mit der uralten Legende, doch nur wenigen gelingt es, der Story noch neue interessante Werte abzugewinnen bzw. dem Plot noch weitere frische Impulse zu verleihen. Peter Schwindt, Verfasser von [„Justin Time“, 314 hat die Sache jedoch ziemlich geschickt angepackt. Er nämlich orientiert sich nicht nur an der klassischen Sage, sondern erzählt die Geschichte aus Sicht eines jungen, unabhängigen Protagonisten, der indirekt mit Artus, der Tafelrunde und der gesamten Geschichte in Verbindung steht, sich darüber aber absolut nicht im Klaren ist. Sein Leben war bisher nur geprägt von Armut und dem selten glücklichen Leben auf dem Bauernhof seines Vaters, wo er tagtäglich den Alltagstrott eines Schweinehirten durchlebte. Schicksalsschläge waren für ihn des Öfteren auf der Tagesordnung, und dies bereits von der traurigen Geburt an. Und ein solcher hat ihm dann auch erst richtige Einblicke in das Leben eines Ritters gegeben, welche später von Humbert noch verschärft und bei der Erkenntnis seines vorbestimmten Lebensweges zur Realität werden.

Gwyn ist dabei zunächst einmal alles andere als ein gewöhnlicher Held. Durchsetzungsvermögen war nie so wirklich seine Stärke, und auch der Traum des Ritterdaseins schein bis auf weiteres auch nur ein Traum zu bleiben. Erst nach und nach wächst er in diesem ersten Band der „Gwyndion“-Reihe in diese Rolle hinein und ist einem währenddessen auch unablässig sympathisch. Gwyn ist weder arrogant noch überheblich, nicht bösartig und in seinen Handlungen auch nicht unüberlegt und bringt schlussendlich trotz seines bescheidenen Lebens die besten Voraussetzungen mit, um den Part der Identifikationsfigur überzeugend auszufüllen, besonders nach seinem ersten Aufeinandertreffen mit Merlin.

Kritiker werden sich jetzt trotzdem fragen, warum „Gwyndion“ so anders sein soll als die übrigen Abhandlungen zur Artus-Sage. Nun, so groß sind die Unterschiede zu vergleichbarem Material tatsächlich nicht, allerdings pflegt der Autor dieses Buches einen sehr lebendigen Schreibstil, der sich in Kombination mit dem recht eiligen Erzähltempo und den wunderschön ausgemalten Charakterzeichnungen immer besser entfalten kann und so bezüglich der Handlung auch von einem Höhepunkt in den nächsten rast. Gwyn hat in der quantitativ vergleichsweise knappen Story relativ viele Abenteuer zu bestehen, und gleichzeitig werden dem Leser in ähnlicher Weise ziemlich viele überraschende Erkenntnisse offenbart, dass ihm zwischenzeitlich kaum noch Raum zum Luftholen (sprich zum Weglegen des Buches) bleibt.

Lediglich der Unterschied der verschiedenen Kasten wird in „Gwyndion 01 – Der Weg nach Camelot“ etwas unbefriedigend aufarbeitet. Schließlich ist Gwyn ein Bauersjunge, und als solcher sollte er es ungleich schwerer haben, über den Weg des Knappen in den Ritterstand gerufen zu werden (sofern ihm dies gelingt …). Schwindt indes stellt dem abenteuerlustigen Hauptakteur keine ganz so hohen Hürden in den Weg, so dass dieser sich enorm schnell entwickeln und seine Ziele oft ohne größere Schwierigkeiten erreichen kann. Auch wenn das der Geschichte ein wenig die Spannung raubt, darf man es im Gesamtüberblick nicht als Manko werten, denn schließlich trägt dies immer noch nicht dazu bei, dass der Plot allzu vorhersehbar gerät. Das ist er nämlich wider aller Erwartungen nicht!

Summa summarum kann man also von einem sehr gelungenen Auftakt dieser neuen Reihe aus dem Ravensburger Buchverlag reden. Peter Schwindt verbindet in seiner neuen Serie viele Elemente der klassischen Artus-Sage mit neuen, vielleicht auch etwas moderneren Ideen und umschifft somit auch sehr geschickt die eventuell auftauchenden Vorwürfe eines weiteren „Plagiats“. „Gwyndion“ hat auf jeden Fall eine Daseinsberechtigung und darf letztendlich auch als Bereicherung für die große Welt von König Artus und seinen Erben bezeichnet werden. Selbst diejenigen, die der Legende mittlerweile eigentlich überdrüssig sind, sollten mal darüber nachdenken, in Peter Schwindts neuestes Werk einzusteigen.

http://www.ravensburger.de

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