Warren, Earl – Untergang von Chicago, Der (Gentec-X Nr. 2)

Band 1: [„Das Ende der Menschheit“ 2952

_Story_

2018: In den Straßen von Chicago ist die Hölle losgebrochen. Die von Nita Snipe entdeckten Gencoys sind in kürzester Zeit aus dem Hype des Gentec-Konzerns an die Oberfläche gelangt und richten dort ein wahres Blutbad an. Die CIA-Agentin und ihr Gefährte Nick Carson können im letzten Moment fliehen, als die genmanipulierten Robo-Menschen und all ihre verwandten Wesen den Flughafen einnehmen und von dort aus ihren Angriff auf die Stadt, die Staaten und die ganze Welt starten. Selbst die Regierung hat aufgrund des plötzlichen massiven Überfalls kein adäquates Mittel, welches die Gencoys zurückschlagen könnte, und nachdem sowohl das CIA als auch der Präsident die Lage unterschätzt haben, droht das ganze Land im Chaos zu versinken. Vergeblich stellen sich ‚Sniper‘ und Carson den Monstern in den Weg, bis ihnen dann im letzten Moment eine unerwartete Macht zur Hilfe eilt …

_Meine Meinung_

Earl Warrens Heftroman-Serie „Gentec-X“ hatte mit dem gelungenen Auftakt erst kürzlich mein Interesse geweckt, weil der Beginn der Geschichte trotz vieler üblicher Klischees ziemlich gelungen war und zudem ein nicht zu unterschätzendes Potenzial in sich barg. Mit „Der Untergang von Chicago“, dem zweiten Part von „Gentec-X“, benutzt der Autor genau dieses Potenzial, um die Handlung effekt- und actionreich fortzusetzen, ohne dabei jedoch den Inhalt wirklich voranzubringen. Seltsam dabei: Man will dennoch wissen, wie Warren den Plot um die beiden CIA-Agenten Snipe und Carson weiterführt.

Die Fortsetzung hat allerdings einige verheerende Schwächen, die der Autor nur noch schwerlich ausbügeln kann. Das beginnt schon mit der gewöhnungsbedürftigen Sprache, die sich ständig bemüht, anspruchsvoll und auf höherem Niveau zu sein, zwischendurch aber dann plötzlich in einen unterirdischen Umgangston verfällt, der das gehobene Level wenig glaubhaft erscheinen lässt. Doch daraus resultieren gleich noch mehrere Probleme. So profitiert die Erzählung nicht gerade davon, dass Warren bei all den heutzutage noch so gewöhnlichen Dingen fast schon entschuldigend betont, dass sie auch in seiner Zukunftsvision noch aktuell sind. Auf die Dauer ist dies ziemlich nervig und eigentlich auch völlig unnötig, denn warum rechtfertigen, wenn es völlig unbegründet ist? Und außerdem: Wen interessiert es, dass Donald Duck den Leuten auch zwölf Jahre nach der heutigen Zeitrechnung noch ein Begriff ist? Solche Vermerke hätte man sich ganz klar besser verkniffen.

Hinsichtlich der Sprache ergibt sich zu guter (?) Letzt noch die Schwierigkeit der ungleichmäßigen Tempi. Speziell in den Szenen, in denen die Geschichte aus der Sicht der Hauptakteurin Nita Snipe erzählt wird, ist nie wirklich klar, ob es sich um eine gegenwärtige Handlung, eine düstere Zukunftsperspektive oder nun doch um das Resümee einer katastrophalen Erfahrung in Form eines nuancierten Protokolls handelt. Warren springt zwischen den Zeiten und sorgt somit unnötig für Verwirrung.

Ein weiterer Kritikpunkt an „Der Untergang von Chicago“ ist die ständige, ja fast schon rastlose Darstellung von Gewalt bzw. ihrer blutigen Folgen. Der Autor lässt gar nicht mehr davon ab, über verstümmelte, blutverschmierte Opfer der Gencoys zu berichten, versucht dabei sogar durch die Einbeziehung eines glücklich geretteten Babys eine gar nicht mehr ergänzend erwähnenswerte Tragik in die Story zu bringen, was letztendlich ein weiteres unbrauchbares Element dieses Heftromans ist. Natürlich ist es für die Authentizität der Handlung von enormer Wichtigkeit, darzustellen, wie sich die Invasion auf die Menschen Chicagos auswirkt, und es ist auch sicherlich angebracht, sämtliche Untertreibungen (wie hier auch vorbildlich ausgeführt) zu unterlassen, doch irgendwann hat man es einfach satt, von permanenten Leichenfunden zu erfahren. Aber Gott sei Dank wendet sich zum Ende hin das Blatt …

Damit wären wir beim einzigen Hoffnungsschimmer für die zukünftigen Ausgaben von „Gentec-X“ angelangt. Die Atmosphäre des Romans ist so beklemmend und in ihrer Gesamtheit derart dicht, dass es trotz aller stilistischern Mangelerscheinungen kaum möglich ist, von der Geschichte abzulassen. Earl Warren hat mit seiner apokalyptischen Zukunftsvision auf eine unbeschreibliche Weise Eindruck schinden können, ggf. sogar auch aufgrund einiger sprachlicher Unzulänglichkeiten. Warum das? Nun, inhaltlich wirkt „Der Untergang von Chicago“ bei weitem nicht so unnahbar wie die typische Science-Fiction-Saga. Zugegeben, die plötzliche Eliminierung der Menschheit durch manipulierte Wesen wie die Gencoys scheint auf den ersten Blick nichts anderes als ein rein fiktives Element zu sein, doch weil Warren weder abgehoben schreibt noch den Blick fürs Wesentliche verliert (im Gegenteil, er kommt sogar sehr schnell auf den Punkt), erhält er sich eine alles in allem sehr authentische Ausstrahlung, die „Gentec-X“ auch im zweiten Teil sehr sympathisch macht. Für Feinschmecker wird die Serie zwar sicherlich nichts wirklich Spektakuläres darstellen, doch wer zwischendurch gerne actionreich und spannend unterhalten werden möchte, wird an dieser nicht ganz tief greifenden, aber dennoch beängstigenden Serie garantiert seinen Spaß haben.

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