Daniel Abraham – Frühling der Vergeltung (Die magischen Städte 4)

Die magischen Städte:

Band 1: Das Drachenschwert“
Band 2: Winter des Verrats“
Band 3: Herbst der Kriege“
Band 4: „Frühling der Vergeltung“

Fünfzehn Jahre sind seit den Ereignissen in „Herbst der Kriege“ vergangen. Die Städte der Khai, die den Überfall der Galten überlebt haben, stehen vor dem Zusammenbruch, denn seit fünfzehn Jahren wurden im Reich nur eine Handvoll Kinder geboren, Kinder, deren Mütter aus anderen Ländern stammen. Otah, inzwischen Kaiser, sieht nur eine Möglichkeit, den Niedergang seines Volkes zu verhindern: Heiraten zwischen seinem Volk und den verfeindeten Galten, die auf Seiten der Männer dasselbe Problem haben. Der Plan stößt auf wenig Gegenliebe, und das nicht nur in Galtland.

Maati empfindet Otahs Plan als Verrat. Er ist der Überzeugung, dass ein solches Vorgehen überflüssig wäre, sollte es gelingen, einen neuen Andaten zu binden, der die Unfruchtbarkeit wieder aufheben kann. Da die Galten sämtliche Bücher über Andatenbindung verbrannt und sämtliche Dichter bis auf Maati und Cehmai getötet haben, Cehmai ihm aber nicht helfen will, hat Maati begonnen, neue Dichter auszubilden. Weibliche. Eine davon ist Eiah, Otahs Tochter …

Die Neuzugänge unter den Charakteren gehören diesmal großteils der nächsten Generation an.

Eiah ist eine selbstbewusste junge Frau, die genau weiß, was sie will. Mit ihrem Vater hat sie gebrochen, sie fühlt sich durch sein Vorhaben in die Belanglosigkeit abgeschoben. Außerdem ist sie Ärztin und als solche nicht gewillt, sich mit einem Gebrechen abzufinden, das sich womöglich heilen ließe. Aber ihr Beruf als Ärztin hat ihr auch Menschenkenntnis beschert. Und mit der Zeit kommen ihr Zweifel an ihrem Vorhaben …

Vanjit ist eine stille, bescheidene, freundliche junge Frau. Aber sie ist schwer verletzt, nicht nur durch ihre Unfruchtbarkeit, sondern auch seelisch: Sie musste mit ansehen, wie die Galten ihre gesamte Familie ermordeten. Kein Wunder, dass sie auf die Galten nicht gut zu sprechen ist. Was eine Untertreibung ist, wie sich allmählich herausstellt …

Otah ist natürlich inzwischen nicht mehr der Jüngste, wie auch Maati. Aber im Gegensatz zu Maati ist er nicht so in der Vergangenheit verhaftet.

Maati trauert seinem alten Leben nach. Er will, dass die Welt wieder so ist, wie sie in seiner Jugend war. Das liegt vor allem an seinen Schuldgefühlen. Maati hat sich schon nach der Trennung von Liat als Versager gefühlt. Nayiits Tod und die fehlgeschlagene Bindung des Andaten Unfruchtbar haben das noch verschlimmert. Zumindest die Folgen seiner misslungenen Bindung will er wieder gut machen. Aber abgesehen davon scheint er vor allem zu hoffen, dass ein neuer Andat die „alten Zeiten“ zurückbringen werde. Seine Naivität in dieser Hinsicht wäre beinahe rührend, wäre sie nicht so mit Selbstmitleid überfrachtet.

Otah dagegen ist sich klar darüber, dass die Welt nie wieder so sein wird wie früher, auch nicht durch einen neuen Andaten. Abgesehen davon hält Otah die Andaten eher für ein Übel denn einen Gewinn, deshalb liegt ihm an einer Rückkehr zu den alten Zeiten nicht allzu viel. Auch Otah bedauert so manches, was er in seinem Leben getan hat, allerdings nicht so weinerlich. Und im Gegesatz zu Maati, der zwischen Selbstbezichtigung und Schuldzuweisungen an Otah schwankt, steht Otah zu seinem eigenen Handeln und versucht, so gut wie möglich damit zu leben.

Wie in den vorherigen Bänden war die Charakterzeichnung auch diesmal wieder gut gelungen, wenngleich diesmal nicht auf alle Charaktere gleichermaßen eingegangen wurde. Otahs Sohn Danat und seine galtische Braut Ana spielen zwar eine nicht unwesentliche Rolle, sind aber bei Weitem nicht so detailliert geraten wie Eiah oder Vanjit. Dennoch wirken auch sie zu keiner Zeit unnatürlich oder flach. Sehr gut gemacht fand ich die Entwicklung von Otah und Maati sowie die schleichenden Veränderungen an Vanjit und Eiahs wachsende Zweifel.

Die Handlung verläuft in zwei Strängen. Einer beschäftigt sich mit Otah und seinen Bemühungen, die Zukunft seines Landes zu sichern. Die andere mit Maati und seinen Schülerinnen, die versuchen, einen neuen Andaten zu binden. Aber trotz diverser Turbulenzen wie Verschwörungen, Piraten und einer trotzigen Adligen, mit denen Otah sich herum ärgern muss, ist das Ganze etwas zäh geraten. Oder vielleicht gerade deshalb? Es dauert bis zur Mitte des Buches, bis Otah sich dazu durchringen kann, all die genannten Kleinigkeiten beiseite zu schieben und sich dem eigentlichen Thema zuzuwenden, nämlich einer Gruppe, die versucht, einen neuen Andaten zu binden. Und die Ereignisse um Maati brauchen genauso lang, um in die Gänge zu kommen, was angesichts dessen, dass es hier ausschließlich um die Entwicklung einer neuen Bindung geht, noch langatmiger war als der Strang um Otah mit seinen unterschiedlichen Facetten.

Nachdem sich die diversen Figuren dann mal in Bewegung gesetzt haben, wird es ein wenig besser, echte Spannung wie in Band zwei und drei will aber immer noch nicht aufkommen. Dabei hätte die neue Dichterin mit ihrem Andaten eine Menge mehr tun können, um ihren Verfolgern Schwierigkeiten zu machen. Zumindest hätte es letzteren nicht so leicht zu fallen brauchen, sie zu finden. Ein paar Irrtümer gepaart mit einem gewissen Zeitdruck hätten hier sicher einiges bewirken können.

Auch der Showdown war ein wenig schwachbrüstig. Kaum hat Maatis ehemalige Schülerin ihm ihre Absichten kundgetan, löst sich die Situation bereits in Wohlgefallen auf, noch ehe sie richtig prekär werden konnte. Und allzu überraschend war die Auflösung auch nicht.

Gut gefallen hat mir hingegen der Schluss des Buches. Er wird dem langen Zeitraum gerecht, über den sich der Zyklus erstreckt hat, und auch seiner Hauptfigur Otah.

Insgesamt aber muss ich sagen, dass ich von diesem letzten Band ein wenig enttäuscht war. Wahrscheinlich war nach der langen Warmlaufzeit einfach nicht mehr genug Raum vorhanden, um das eigentliche Problem – die neue Dichterin und ihren Andaten – etwas komplexer und weniger geradlinig auszubauen. Das ist vor allem deshalb schade, weil in der ersten Hälfte des Buches so manche Szene hätte gestrafft oder gar weggelassen werden können. Die erwähnte Verschwörung diverser Adliger zum Beispiel taucht, nachdem Otah einen Vertrauten mit der Lösung des Problems betraut hat, überhaupt nicht mehr auf und hat – im Gegensatz zu der Bedrohung der Piraten – keinen einzigen Berührungspunkt mit der Haupthandlung. Und auch die ausführlichen Szenen über Maatis Selbstmitleid hätten nicht ganz so ausführlich ausfallen müssen. So gut der langsame Handlungsfortschritt der Charakterzeichnung getan hat, für die Spannung war er tödlich.

Unterm Strich fand ich den Zyklus Die magischen Städte interessant und lesenswert. Nach einem ruhigen ersten Band wurde es etwas lebhafter, um dann im letzten noch einmal etwas abzuflauen. Aber abgesehen davon, dass der letzte Band stellenweise etwas weitschweifig und dadurch in seinem Verhältnis Charakterzeichnung zu Handlung etwas unausgewogen war, war er durchaus nicht schlecht. Wer nicht ununterbrochen krachende Action braucht, kann hier durchaus auf seine Kosten kommen.

Daniel Abraham lebt mit Frau und Tochter in New Mexico. Bevor er seinen ersten Roman „Sommer der Zwietracht“ verfasste, hat er eine Vielzahl von Kurzgeschichten in Magazinen und Anthologien veröffentlicht, sowie den Kurzroman „Shadow Twin“ in Zusammenarbeit mit Gardner Dozois und George R. R. Martin. Seine Kurzgeschichte „Flat Diane“ wurde für den |Nebula Award| nominiert.

475 Seiten, kartoniert
Originaltitel: The Prince of Spring (The Long Price Quartet 4)
Übersetzung: Andreas Heckmann
ISBN-13: 978-3-442-24449-2
http://www.danielabraham.com/
www.randomhouse.de/blanvalet

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