Daniel Hanover – Königsblut (Dolch und Münze 2)

Dolch und Münze:

Band 1: Das Drachenschwert“
Band 2: „Königsblut“

Marcus Wester ist über seine derzeitige Tätigkeit nicht besonders glücklich. Geldeintreiben liegt ihm nicht wirklich. Doch er sieht in Cithrin inzwischen zu sehr so etwas wie eine Tochter, als daß er sich dazu durchringen könnte, sie allein zu lassen.

Cithrin wiederum darf zwar noch immer die Medean-Bank nach außen hin vertreten, intern jedoch hat die Bank ihr eine Notarin vor die Nase gesetzt, die Cithrin auf Dauer Magengeschwüre zu bescheren droht. Cithrin beschließt, dagegen etwas zu unternehmen.

Geder Palliako ist derweil zum Beschützer des Prinzen Aster aufgestiegen. Und so erscheint es nur folgerichtig, dass er beim Tod des Königs auch als Regent für den minderjährigen Prinzen eingesetzt wird. Aber so sehr Geder sich auch stets den Respekt des hohen Adels gewünscht hat, jetzt fühlt er sich auch oft überfordert. So sehr, dass er die Unterstützung des Priesters Basrahip dankend annimmt.

Dawson Kalliam bemerkt als Einziger, dass Geders Entscheidungen völlig von Basrahip abhängen, und das geht ihm gehörig gegen den Strich. Aber erst, als Geder gegen Asterilreich in den Krieg zieht, wird Dawson allmählich in vollem Umfang bewusst, was das für Antea bedeutet!

Meister Kit dagegen ist längst klar, was Antea da blüht, und er verlässt seine Truppe, um etwas dagegen zu unternehmen. Doch er weiß, dass er für sein Vorhaben Hilfe braucht. Und der einzige, der ihm für diese Aufgabe geeignet erscheint, ist … Marcus Wester …

Die Inhaltsangabe zeigt es schon: die Ereignisse haben sich gehörig ausgeweitet. Das liegt zum einen daran, dass die Figuren sich entwickeln.

Der ursprünglich so sanftmütige Geder beispielsweise scheint seine Gutmütigkeit völlig abgestreift zu haben. Hat er beim Niederbrennen Vanais noch Entsetzen empfunden, scheint er in Bezug auf den Adel Asterilreichs bereits absolut gleichgültig. Geradezu erschreckend ist jedoch, wie leicht er sich von Basrahip lenken lässt. Der Priester muss nur ein paar beiläufige Sätze fallen lassen, schon rennt Geder in die vorgegebene Richtung. Auch unter Berücksichtigung von Basrahips Gabe der magischen Beeinflussung zeugt das von ausgesprochen wenig Geistesstärke. Das einzige, was Geder nach wie vor geblieben ist, ist seine Dünnhäutigkeit, die durch die Ereignisse in diesem Band noch verstärkt wird und alarmierende Folgen hat.

Cithrin dagegen ist im Vergleich zu dem nervösen, ängstlichen jungen Mädchen, das sie zu Beginn des Zyklus war, zu einer selbstbewussten und ehrgeizigen jungen Frau geworden. Durch die jahrelange Ausbildung bei Magister Immaniel hat sie gelernt, Risiken abzuschätzen. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie deshalb zu keiner Dummheit fähig wäre. Gleichzeitig hat sie sich trotz aller Rückschläge, Verluste und Enttäuschungen ihre Fähigkeit zu Mitgefühl und Anteilnahme erhalten.

Dadurch hat sich die Charakterzeichnung zumindest im Hinblick auf die Hauptfiguren stark intensiviert. Vor allem Geder ist sehr gut gezeichnet, obwohl meine Sympathien für ihn bei aller Nachvollziehbarkeit stark abnehmen. Sehr vielversprechend wirkt auch die Entwicklung von Clara Kalliam, die erst am Ende des Bandes einsetzt und daher eine Menge Potential für die Fortsetzung bietet.

Die Handlung hat sich in diesem Band zu einem recht großen Teil auf Geder und die Ereignisse in Antea konzentriert. Zwar sind auch immer wieder Szenen aus Porte Oliva eingestreut, da sich Cithrin im Laufe der Geschichte jedoch nach Carse und von dort nach Camnipol reist, verschiebt sich auch in diesem Strang das Augenmerk in Richtung Antea, sodass letztlich nur noch die Ereignisse um Marcus Wester nicht unmittelbar mit der Hauptstadt des Reiches verknüpft sind. Westers Präsenz nimmt nach Cithrins Abreise jedoch etwas ab und wird erst am Ende des Bandes wieder wichtig.

Diese Konstellation bot nicht nur viel Raum für die gelungene Darstellung von Geders und Cithrins Entwicklung, sie dokumentiert auch das allmähliche Abgleiten einer Großmacht in die Katastrophe. Geder ist so charakterschwach, dass er als Regent völlig ungeeignet ist. Und obwohl nicht alle Adligen, die ihm nun vordergründig mit Respekt begegnen, ihn auch tatsächlich respektieren, gilt ihm die uneingeschränkte Bewunderung der Massen. Das liegt unter anderem an den vielen Gerüchten, die nach dem Krieg und vor allem nach den folgenden Ereignissen auf den Straßen kursieren. Der Leser weiß natürlich, daß sie alle erlogen sind, die Frage ist, wie sind sie zustande gekommen. Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Priesterschaft der Spinnengöttin da ziemlich nachgeholfen hat!

Vor allem aber entwickelt Geder, geboren aus den Erfahrungen der Kränkung und Enttäuschung, dem Adel gegenüber Methoden, die in höchstem Maße totalitär wirken. Geder fühlt sich bedroht und versucht, diese Bedrohung im Keim zu ersticken. Dass seine Methode zwangsläufig noch mehr Widerstand heraufbeschwören muss, scheint ihm nicht klar. Zumal die wahre Bedrohung aus einer ganz anderen Richtung kommt, aber auch dieser Tatsache ist sich Geder nicht bewusst, da er gerade die Informationen aus dieser Quelle niemals einer Überprüfung unterzieht.

So sieht der Leser zu, wie ein ganzes Volk einer willensschwachen Marionette in den Untergang folgt, und nur zwei Menschen auf dem Kontinent scheinen willens, etwas dagegen zu unternehmen, von denen einer scheitert. Das klingt ziemlich deprimierend. Aber immerhin hat Cithrin mit ihrem wachen Verstand erkannt, was für eine Art Mensch Geder ist, auch wenn sie nicht ahnt, dass Geders Machtausübung sich auf die Krücke von Basrahips Fähigkeiten stützt. Es dürfte interessant werden, zu verfolgen, wie sich die Beziehung zwischen den beiden auf die Entwicklung der Geschehnisse auswirkt. Auch Kits und Marcus‘ Bemühungen werden im nächsten Band wohl einiges an Raum einnehmen und somit für viele neue faszinierende Details sorgen. Und dann ist da natürlich noch Clara …

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass der zweite Band mit dem ersten recht gut mithalten konnte. Er bot kaum mehr Bewegung oder Spannung als sein Vorgänger, aber auch hier trug die Entwicklung der Hauptfiguren das Geschehen zu einem so großen Teil, dass ich ausgiebige Darstellungen von Schlachten und Kämpfen oder sonstige Action nicht vermisste. Und obwohl inzwischen ziemlich klar ist, wohin Basrahips Ratschläge den Kontinent auf Dauer führen werden, hat der Autor durch Kit und Marcus sowie Clara neue Fäden angelegt, bei denen noch nicht absehbar ist, wie sie sich entwickeln werden, und so die Neugierde auf die Fortsetzungen wachgehalten.

Daniel Hanover ist eines der Pseudonyme, hinter denen sich der Verfasser des Zyklus Die magischen Städte verbirgt. Warum in Deutschland allerdings die Autorennamen Daniel Abraham und M. L. N. Hanover zu Daniel Hanover zusammengemischt wurden, erschließt sich mir nicht ganz. Der Zyklus Dolch und Münze ist inzwischen drei Bände stark. Wann der dritte Band „The Tyrant’s Law“ auf Deutsch erscheinen wird, steht bisher noch nicht fest.

Taschenbuch 640 Seiten
Originaltitel „The Dagger and the Coin 2: The King’s Blood“
Deutsch von Simone Heller

www.danielabraham.com
www.randomhouse.de/blanvalet

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