Giordano Bruno – Der Kerzenzieher

Giordano Bruno (1548 – 1600) war einer der bedeutendsten Philosophen der Renaissance und ist neben den akademischen Geisteswissenschaften in vielen Szenen ein Begriff, denn sowohl die Mystiker als auch die Okkultisten ebenso wie die Heiden – wobei es sonst selten der Fall ist, dass diese sich für solche Denker interessieren – verehren heute Bruno als Genie, das seiner Zeit weit voraus war. Bruno wurde als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt, da er nicht bereit war zu widerrufen. Er war zuerst Dominikaner, bevor er der Kirche den Rücken kehrte und zu einem pantheistischen kosmologischen Weltbild fand.

 

Das vorliegende Buch – in der |Philosophischen Bibliothek| erschienen – ist weitgehend unbekannt geblieben und für Philosophie auch sehr ungewöhnlich. Denn es handelt sich um ein Theaterstück, eine Komödie sogar. Bruno versuchte darin, sein Denken in einem neuen Gewand über die Bühne dem einfachen Volk vermitteln zu können. Natürlich ist es hinter der Komödie ein philosophisches Theaterstück, ein literarisches Bravourstück sondergleichen gar. Die Struktur des Stückes ergießt sich in eine kaleidoskopische Vielfalt und ist ständig äußerst zweideutig. Bereits der Titel „Der Kerzenzieher“ sorgt für konträre Assoziationen. Einerseits evoziert es den Lichtbringer Luzifer, andererseits ist es eine damals gängige Bezeichnung für einen passiven Homosexuellen (was in diesem Falle auch inhaltlich passt). Die Kerze fungiert dabei als Metapher für das männliche Geschlecht.

Aber es ist nicht nur eine Parodie, sondern ein Lehrstück in griechischen Mysterien, Philosophie, Alchemie und Religion überhaupt, wobei das Christentum in vielen Anspielungen natürlich kritisch persifliert wird. Ein wahrer Mikrokosmos pervertierter Ideale der Renaissance-Kultur wird hier in derber Sprache selbst dem heutigen Leser verständlich gemacht. Agrippa von Nettesheim hatte zu dieser Zeit gerade auch sein Kompendium magischer Traditionen, „De occulta philosophia“, veröffentlicht, auf die Bruno sehr viel Bezug nimmt.

Inhalt der Komödie ist die Kunst der Transmutation. Die Verwandlung aller Dinge und ihre Beeinflussung wird von den agierenden Personen mit unterschiedlichem Geschick betrieben: Bonifacio will durch die Kraft der Magie eine Transmutation im Objekte seiner Liebe, der Prostituierten, hervorrufen. Sie soll ihn wirklich lieben, damit er nicht bezahlen muss. Dazu lässt er eine Wachspuppe anfertigen, die in einer magischen Prozedur manipuliert wird. Bartolomeo bedient sich einer anderen Art von Alchemie, die aus Dreck Gold machen will. Dabei kommt es zu den häufig in dieser Arkandisziplin angewandten Trickbetrügereien. Es geht vor allem um sexuelle Energie, da Bruno diese auch als Zentrum der Schöpfungskraft begriff. Und da schreckt er vor Obszönitäten nicht zurück: „Warum hat die Möse keine Knöpfe? Weil der Schwanz keine Finger hat, um sie zu öffnen.“ Er versuchte sich mit dieser Komödie als Prophet einer neuen Philosophie und Religion zu inszenieren.

Dem Meiner-Verlag ein großes Lob, einen so ungewöhnlichen und lustvoll zu lesenden Text wieder zugänglich gemacht zu haben.

Gebundene Ausgabe: 208 Seiten