Burgwächter, Till / Oidium, Jan – Zwischen Aasbüttel und Vaalermoor – Die Wahrheit über Wacken

Till Burgwächter und Jan Oidium braucht man Lesern unseres Magazins eigentlich nicht mehr vorzustellen. Seit einiger Zeit begeistern die beiden die Szene bereits mit ihren Büchern; der eine im Bereich der Satire zum Thema Heavy Metal, der andere mit seinen Comics zu ebenjener Musikrichtung. Für ihre kritisch-satirische Zusammenfassung über das [Wacken Open-Air]http://www.wacken.com/ haben sich die beiden Originale nun zusammengetan und |das| europäische Metal-Festival mal aus Blickwinkeln betrachtet, die der gemeine Fan eigentlich alle kennt, die aber auf diese Weise noch nie in Buchform präsentiert wurden. Hier wird in einer kurzen und knappen Übersicht all das angesprochen, was den Wacken-Besucher schon jahrelang beschäftigt, was ihn ärgert, was ihn bewegt und worüber er sich freut. Jedoch schildert Burgwächter dies wie gehabt nicht in einem ganz normalen Erlebnisbericht, sondern vielmehr in einer alphabetischen Anordnung der wichtigsten Begriffe rund um das Festival.

Einleitend schildert Burgwächter aber zunächst mal sein „erstes Mal“, sprich seine erste Fahrt nach Wacken und die damit verbundenen Eskapaden. Bereits hier entscheidet sich dann auch, ob man sich mit dem Humor des Autoren anfreunden kann oder nicht, denn Burgwächter scheut vor derben Zitaten und unkonventionellen Meinungen nicht zurück, nimmt kein Blatt vor den Mund und verteilt auch einige Seitenhiebe an Teile der Szene, die sich eventuell auch für dieses Buch interessieren können. Mutig und frech auf der einen, überzeugend dargestellt und gelungen auf der anderen Seite. Burgwächter weiß genau, wie er an den Leser herantreten muss, und da es sich nun mal bei den potenziellen Konsumenten um ein limitiertes Publikum handelt, kann er dabei auch sehr direkt vorgehen.

Nach dieser kurzen Einleitung folgt dann der weitaus wichtigere Hauptteil, das Wacken-ABC, angefangen bei „A wie An-/Abreise“ bis hin zu „Z wie Zoll (temporär aktiver)“. Und genau in diesem Abschnitt gelingt es dem Autoren beinahe in jedem Satz, das Zielpublikum zum Lachen oder zumindest die Mundwinkel in die entsprechende Position zu bringen. Burgwächter macht sich lustig über das Bändchensystem und die damit verbundene „Wer ist wichtig und wer nicht“-Problematik, lässt sich ausufernd über das qualitativ minderwertige Essen auf dem Fstivalgelände aus, philosophiert über die verschiedenen Auswirkungen des Alkoholkonsums und dessen Folgen für das gesamte Festival, prangert immer wieder die Geldmaschine Holger Hübner und dessen Spießgesellen an und ergänzt seine Schilderungen dabei immer wieder mal mit prominenten Namen aus der gesamten Szene. Dass sich Burgwächter damit nicht nur Freunde macht, sollte klar sein, doch seine Feinde sind ganz bestimmt nicht unter den Lesern, denn denen spricht er mit seiner ungezwungenen und „ich schreibe frei nach Schnauze“-Art voll und ganz aus der Seele. Im Prinzip könnte man jetzt sagen, dass alle Probleme, die sich am ersten Augustwochenende im hohen Norden ergeben, hier zusammengefasst werden, nur eben auf eine Art, die einmal mehr beschreibt, dass die gesamte Szene nicht immer nur superböse sein muss, sondern auf der anderen Seite weitaus mehr Humor hat als die gesamte Gangsta-Posse und ihre Schergen. Und wenn man sich erst einmal an Burgwächters Humor herangetastet hat, gibt es kein Halten mehr. Da lacht man über Schinkengott Danzig ebenso wie über Manowar, nimmt etwas verquere Beschreibungen von Onkel Tom gerne hin, lässt zu, dass ein nicht allzu kleiner Teil der Lieblingsmusikerschaft weniger gut dabei wegkommt und lacht sich im Endeffekt immer wieder so richtig schön weg.

Ergänzt wird das Buch am Ende doch noch durch einige (leider nicht ganz so originelle) Neuinterpretationen diverser Songtitel (u. a. wird ‚Panzer Division Marduk‘ zu ‚Panzer Division Steinburrg‘), die Begründung dafür, warum Maiden nicht in Wacken spielen werden, ein ziemlich interessantes Horoskop und eine Darstellung der internationalen Beziehungen des Wacken-Festivals.
Nicht zu unterschlagen sind natürlich die Illustrationen von Comic-Zeichner Oidium, der so manche ins Lächerliche gezogene Aussage von Burgwächter mit seinen Zeichnungen bekräftigt. Auch hier zeigt sich, wie einfach es scheinbar ist, den Menschen zum Lachen zu bringen. Die meisten der hier gezeigten bildlichen Darstellungen sind nämlich keine große Kunst sondern einfache Unterhaltung. Dennoch sind sie sehr cool geworden und gefallen sofort beim ersten Anblick.

Das Fazit ist also eindeutig: Das Team Burgwächter & Oidium bietet auf leider nur 116 Seiten Spitzenunterhaltung und hat in meinem persönlichen Fall die Lachmuskeln bis aufs Äußerste strapaziert. Ich fühle mich in diesem Buch voll verstanden und habe beschlossen, meinem Unmut beim nächsten Wacken-Besuch einfach so deutlich zu machen, indem ich das Buch vorne am Infostand abgebe. Das ist zwar sicherlich nicht die Intention von Burgwächter, der hier einfach nur unterhalten will, aber wenn ich mal über meine bisherigen fünf Besuche im hohen Norden nachdenke, dann sind es gerade all die hier angesprochenen Themen, die mir zu den Rahmenbedingungen von Wacken einfallen. Hoffen wir also, dass der Oidium-Verlag eine 30.000er-Auflage parat hält, denn „Zwischen Aasbüttel und Vaalermoor – Die Wahrheit über Wacken“ sollte jeder Wacken-Fan gelesen haben. Jeder!