Cobley, Michael – Schattenkönige

Michael Cobley ist ein junger britischer Fantasy-Autor, der sich auf der Insel einen Namen als Herausgeber verschiedener Magazine gemacht hat. Sein erster Roman „Schattenkönige“ scheint auf den ersten Blick dem üblichen, britischen Geschmack für düstere Fantasy zu entsprechen:

Vor sechzehn Jahren überrannten die wilden Horden der Mogaun das Kaiserreich Kathrimantine, das seit dieser Zeit ohne Kaiser und Militär von willkürlich und gewalttätig herrschenden Kriegsherren geplagt wird. In dieser chaotischen Zeit befreit die junge Schwertkämpferin Keren Asherol den jungen Tauric aus den Händen ihres immer brutaler und maßloser werdenden Anführers Byrnak. Damit setzt sie eine unheilvolle Kette von Ereignissen in Gang, denn der Junge ist der letzte Spross des gefallenen Kaisers. Lordkommandeur Ikarno Mazaret und seine Hand voll Rebellen benötigen ihn als Thronerben und Galionsfigur für den Kampf gegen die Legionen der Schattenkönige. Zu allem Überfluss gehört auch ihr ehemaliger Kommandant Byrnak zu den sagenumwobenen Fünf, deren erklärtes Ziel es ist, ihren Gott, den Herrscher des Zwielichts, in die Welt zu holen …

_Ein altbekanntes Schema_

Einen Innovationspreis erhält Cobley für diese Rahmenstory sicher nicht. Einzig die Ausführung dürfte von Interesse sein, der Rest ist altbekannt. Halt – einige Extras hat sich Cobley ausgedacht. Ich möchte sie nicht im Einzelnen aufzählen, im Wesentlichen handelt es sich um den Unterschied zwischen der destruktiven Natur der Magie des so genannten |BrunnQuells| der Schattenkönige im Gegensatz zu der heilenden Magie der |ErdenMutter|. Leider steigert das weder die Tiefe seines Götter-Pantheons noch ist die Umsetzung in irgendeiner anderen Weise gelungen. Für die Ausdrücke |ErdenMutter|, |VaterBaum| und |JägerKinder| kann man dem bekannten Übersetzer (Wolfgang Thon) nicht den schwarzen Peter zuschieben, ebenso wenig für die karge Sprache Cobleys.

Karg beschrieben und ausgesprochen blutleer präsentieren sich alle Charaktere dieses Romans. Am ehesten könnte man Keren Asherol, der Schwertkämpferin, einen Ansatz von Persönlichkeit zugestehen, nämlich den einer von der Schlechtigkeit der Welt angewiderten Kriegerin. Vom blassen Tauric, der urplötzlich Tausende begeistern kann, sowie Lordkommandeur Mazaret kann man sich kaum ein Bild machen. Am ehesten noch von dem Schattenlord Byrnak, der das Potenzial zu einem interessanten Antagonisten gehabt hätte. Doch Cobley verwendet weder sprachlich noch in sonstiger Weise viel Worte oder Mühe, seinen Figuren auch nur Ansätze von Tiefe oder Charakter zu geben.

Wendet man sich hoffnungsvoll dem Szenario zu, einer düsteren, apokalyptischen Welt, sieht es ähnlich aus: trostlos. Diese Welt ist genauso leer, wie ihre Charaktere unterentwickelt sind. Einzig die sich untereinander nicht ganz grünen Schattenkönige geben ihr ein wenig Würze. Über die Mogaun selbst erfährt man – außer dass sie dem Schamanismus huldigen – so gut wie nichts. Geschmackssache sind die jedem Kapitel vorangestellten Lieder und Zitate historischer Personen. Sie könnten dem Buch eine nicht vorhandene Tiefe geben, auf mich persönlich wirkten sie allerdings wie pseudointellektuelle Binsenweisheiten des Autors. Wer auf Schlachten oder Action hofft, sollte seine Erwartungen auch herunterschrauben: Wirre, dürftig beschriebene Scharmützel in dem unnachahmlich kargen Stil Cobleys können nicht einmal dem hartgesottensten „Swords & Sorcery“-Fan mehr als ein Stirnrunzeln entlocken.

_Fazit_

Ein auf ganzer Linie enttäuschendes Buch, von dem man nur abraten kann. Blasse Charaktere und Cobleys enervierend karger, geradezu lustloser Erzählstil versetzen dem zumindest vom Szenario her etwas mehr versprechenden Roman den Todesstoß. Wer auf einen neuen Gemmell, Stackpole, Salvatore oder Erikson gehofft hat, dem sei gesagt: Selbst ihre schlechtesten Werke übertreffen dieses noch bei weitem. Um so erstaunlicher ist es, dass „Schattenkönige“ der Auftakt einer Trilogie ist – im August erscheint die Fortsetzung „Schattengötter“, der abschließende Band „Schattenkrieger“ ist für März 2006 geplant. Wer Interesse an dieser Art der Fantasy hat, sollte besser den Klassiker „The Black Company“ von Glen Cook, David Gemmells Drenai-Saga oder James Barclays [„Chroniken des Raben“ 892 lesen.

Homepage des Autors:
http://www.michaelcobley.com/