David M. Cornish – Monster Blood Tattoo 1: Der Findling

Handlung

Rosamund ist ein Waisenjunge, ein Findling, und lebt in „Madam Operas außerordentlicher Marineanstalt für Findelkinder“ in der Stadt Brandenbrass. Dort wird er zwar wegen seines Mädchennamens oft gehänselt, aber eigentlich fühlt er sich im Findlingsheim ganz wohl. Doch er hat einen großen Traum: Er möchte ein Monsterjäger werden, denn die Monster bedrohen die Menschen überall. Am liebsten wäre er ein Essigfahrer auf einem großen Kriegsschiff. Ab und an kommen Anwerber in die Marineanstalt, um sich Jugendliche für verschiedene Arbeiten auszusuchen. Doch Rosamund wird nicht vom Anwerber der Marina ausgesucht. Er soll Laternenanzünder werden! Dies gefällt ihm natürlich gar nicht, doch als er auf der Reise zu seinem Arbeitsplatz von einem ruchlosen Flussschiffer entführt wird und kurz danach im Gefolge der Monsterjägerin Europa reist, merkt er, dass Monster zu töten doch nicht so prima ist, wie er es sich vorgestellt hat.

_Der Autor_

David M. Cornish, 1972 in Adelaide (Australien) geboren, studierte Illustration an der Universität in Südaustralien. Mit elf Jahren schrieb und illustrierte er sein erstes Buch, welches bis jetzt nicht veröffentlicht wurde, und nannte es „Angriff vom Mars“. Als großer „Star Wars“-Fan war er schon immer sehr fasziniert von der Idee anderer Welten und Sonnensysteme. Die Welt von „Monster Blood Tattoo“ hat er über Jahre entwickelt. „Monster Blood Tattoo 1: Findling“ bildet den Auftakt zu einer dreiteiligen Reihe über Rosamund und den Halbkontinent, welche beim |Carl Hanser|-Verlag erscheint.

_Mein Eindruck_

Seit dem großen Erfolg von „Harry Potter“ sprießen Fantasyromane für Kinder und Jugendliche wie Pilze aus dem Boden. Viele davon sind allerdings von eher schlechter Qualität. Zum Glück gibt es aber auch noch solche Juwelen wie D. M. Cornishs „Monster Blood Tattoo“, denn der erste Roman des Autors ist deutlich besser geworden als von mir zunächst erwartet. Cornish springt dabei nicht auf den klassischen Fantasy-Zug auf, sondern erfindet eine ganz neue Welt mit eigenen Lebensformen, die nur so von guten und neuen Ideen strotzt. Wer also auf Elfen, Zwerge, Orks oder Magier hofft, den muss ich leider enttäuschen, denn Cornish lässt sich nicht wie so viele andere von der germanisch/nordischen Mythologie inspirieren, sondern erfindet alles komplett neu, und das mit einem fast unglaublichen Ideenreichtum. Die Geschichte spielt in einem (unbenannten) Halbkontinent, welchen neben den Menschen allerlei verschiedene Arten von Monstern bewohnen, wie Bogel, Bolbogis, Ettins und Grinslinge. Die Entwicklungsstufe dürfte so in etwa unserem viktorianischen Zeitalter entsprechen. Die Menschen bekämpfen die Monster, und es ist unter Strafe verboten, ein Monsterfreund („Sedorner“) zu sein. So ist es der Traum eines fast jeden Jugendlichen, entweder auf einem Schiff gegen die Seemonster zu bestehen oder als Leer oder Fulgar (Monsterjäger mit besonderen Kräften) die Monster an Land zu bekämpfen.

Cornishs Schreibstil ist zwar für Jugendliche ab zwölf Jahren ausgelegt, aber auch von Erwachsenen angenehm zu lesen. Der Text sprudelt über vor neuen und erfundenen Wörtern und Bezeichnungen, so dass dem Roman am Ende noch ein knapp 70-seitiges Wörterverzeichnis angehängt ist. Was mir ausgesprochen gut gefällt, ist, dass es sich Cornish nicht leicht und die Monster zum „ultimativen Bösen“ macht, sondern nie genau Position bezieht. Ob jetzt die Monster die Bösen sind oder die Menschen, wird nicht geklärt, denn es gibt auf beiden Seiten eben solche und solche. Genau dies erzeugt im Protagonisten einen Zwiespalt, den der Leser das ganze Buch über teilt. Gerade für junge Leser ist hierin ganz klar ein Aufruf zu Toleranz zu sehen, allerdings ohne dabei allzu belehrend oder übermoralisch zu wirken. Auch das Thema Naturschutz wird thematisiert, da die Menschen bei ihrem Kampf gegen die Monster so viele Chemikalien benutzen, dass das Meer schon leicht ätzend geworden ist.

Die Welt an sich wird in einem solchen Detailreichtum beschrieben, dass der Leser überhaupt keine Probleme damit bekommt, sich auf etwas völlig Neues einzulassen. Einen nicht unwichtigen Part dabei spielen die zahlreichen Illustrationen des Autors, welche neben den handelnden Personen (alle außer Rosamund) und den Monstern auch zum Beispiel die verschiedenen Arten von Schiffen zeigen. Das einzige Manko daran ist meiner Meinung nach, dass die Illustrationen einfach zu spät im Verlauf des Buches zum Vorschein kommen. So kämpft etwa die Fulgar Europa gegen ein Monster, und das dazugehörige Bild kommt erst zehn Seiten später. So entsteht das Problem, dass man sich selber ein Bild der Personen macht, welches dann durch die Zeichnung verändert wird. Cornishs Schreibstil ist aber ungeheuer fesselnd, und es bereitet beinahe Schmerzen, das Buch beiseite zu legen: Zu faszinierend sind die Welt, die Monster und die verschiedenen neuen Bezeichnungen. Daher kann ich Buch wirklich jedem Jugendlichen und Junggebliebenen wärmstens ans Herz legen.

Die Aufmachung insgesamt ist wirklich mit viel Liebe zum Detail und gutem Geschmack ausgesucht worden. Neben den schon erwähnten großartigen Illustrationen und Karten des Autors können auch die Covergestaltung, die Papierauswahl, das Layout und die zwei Lesebändchen (eines für den Text und eines für das Wörterverzeichnis) voll überzeugen. Alles wirkt sorgfältig durchdacht und geplant – super.

_Fazit:_ D. M. Cornishs „Monster Blood Tattoo“ ist ein Juwel der modernen All-Age-Fantasy-Literatur und bietet kurzweiligen Lesespaß in einer völlig neuen und ungemein interessanten Fantasywelt – für junge- und junggeblieben Leser gleichermaßen geeignet. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
www.monsterbloodtattoo.de
www.hanser-verlag.de