Ulrich Drees / Plaschka, Oliver – Narnia. Das Rollenspiel

_Allgemeines_

Das „Narnia-Rollenspiel“ von Ulrich Drees und Oliver Plaschka ist das erste offizielle Rollenspiel zur Fantasywelt von C. S. Lewis. Es richtet sich vor allem auch an Rollenspielneulinge und Einsteiger, was sich deutlich in dem einfachen Regelsystem wiederspiegelt, aber dazu später mehr. Die Aufmachung ist sehr gelungen, auch wenn das Format (es ist in Buchform erschienen) eher untypisch für ein Rollenspiel ist. Es ist komplett dreifarbig gehalten und mit sehr schönen Illustrationen von Kai Graf versehen.

Ansonsten enthält das Regelwerk alles, was das geneigte „Narnia“-Fanherz begehrt. Neben drei menschlichen Kulturen lassen sich eine Reihe an Fabelwesen und natürlich die sprechenden Tiere spielen. Es empfiehlt sich zwar, gerade für Spielleiter, die „Narnia“-Bücher gelesen zu haben, allerdings wird in dem Band so detailliert auf die Welt eingegangen, dass das nicht zwingend notwendig scheint. Das Buch ist in vierzehn Kapitel gegliedert, wobei die Kapitel über die Charaktererschaffung und das Kapitel mit Tipps für den Spielleiter (der hier sehr passend Erzähler genannt wird) erwartungsgemäß die mit Abstand längsten sind. Sehr hilfreich für Neulinge sind auch die ausführliche Einleitung und die Weltenbeschreibung.

_Regelsystem_

Die Regeln sind einfach gehalten. Gewürfelt wird mit handelsüblichen sechsseitigen Würfeln. Jede Figur besitzt die Attribute Stärke, Konstitution, Gewandtheit, Geschick, Sinnesschärfe, Charisma, Intelligenz, Willenskraft und Tugend. Diese haben jeweils einen Wert von -3 bis +3, wobei die extremen Werte eher selten sind. So hat ein normaler Mensch einfach in jedem Attribut eine null und nur in Ausnahmefällen Werte von -2 bis+2. Ansonsten gibt es noch Fertigkeiten, die jeweils einem oder mehreren Attributen zugeordnet werden. So kann man der Fertigkeit „Nahkampf“ entweder Stärke oder Gewandtheit zuordnen, je nachdem, ob mit einem Zweihänder oder einem Degen gekämpft wird. Nun kommt es darauf an, wie gut oder schlecht die Attribute sind: Bei positiven Attributen gibt es einen Bonus, bei negativen einen Malus, und bei einem Wert von null gibt es gar keine Modifikation.

Wird nun eine Probe verlangt, gibt es zwei Arten von Würfeln: Basiswürfel und Bonus- bzw. Maluswürfel. Bei Proben auf ein Attribut hat man immer zwei Basiswürfel, und dazu kommt dann der Wert des Attributs als Bonus-oder Maluswürfel. Beispiel: Hat ein Bär einen Stärkewert von +2 und muss auf dieses Attribut eine Probe ablegen, würfelt er zwei Basiswürfel (hat man immer) und zwei Bonuswürfel (wegen des Wertes von +2). Hätte der Bär einen -2-Wert bei der Stärke, würde er zwei Basiswürfel und zwei Maluswürfel (Attributswert -2) würfeln. Bei den Fertigkeiten ist es ähnlich: Der Fertigkeitswert gibt die Anzahl der Basiswürfel und das dazugehörige Attribut die Anzahl der Bonus-oder Maluswürfel an. Zur Unterscheidung der zwei Würfelarten empfiehlt es sich, zwei verschiedenfarbige Würfelpools zu benutzen, wobei helle und dunkle Würfel auch vollkommen reichen.

Nachdem ich die Würfel dann geworfen habe, schaue ich nach: Bei Basiswürfeln ist eine vier oder höher ein Erfolg und bei den Bonuswürfeln eine fünf und eine sechs. Habe ich Maluswürfel, wird mir bei einer eins oder zwei jeweils ein Erfolg abgezogen. Ebenso einfach wurden das Magie- und das Kampfsystem gehalten, wobei es hier für die interessierten und erfahrenen Spieler auch noch Expertenregeln gibt, die sinnvoll, aber gerade für Anfänger nicht nötig sind.

Zwei Besonderheiten hat das System: Zum einen ist das die Bundkraft und zum zweiten das Attribut Tugend. Die Bundkraft wird vom Spielleiter bestimmt und ist ein Maß dafür, wie gut oder schlecht die Gruppe zusammenarbeitet und sich versteht. Arbeitet eine Gruppe gut zusammen und steht in gefährlichen Situationen Seite an Seite, erhält sie zusätzliche Würfel, die den Zusammenhalt symbolisieren sollen und so die Chancen der Charaktere erhöhen, erfolgreiche Aktionen zu tätigen.

Den Wert im Attribut Tugend sucht sich jeder Spieler selbst heraus. Die drei Arten von Geschöpfen, die spielbar sind, haben jeweils eine andere Tugend. Die Menschen haben Vertrauen, die Fabelwesen Gesinnung und die sprechenden Tiere Moral. Dieser Wert gibt an, wie gut oder schlecht die Figur mit Narnia interagieren kann. Ein Mensch mit einem negativen Wert in Vertrauen wird nur sehr schwer mit der Welt interagieren können, ja sogar deren Existenz leugnen, wie zum Beispiel Onkel Andrew in „Das Wunder von Narnia“. Fabelwesen mit einem negativen Wert in Gesinnung tendieren eher zur „bösen“ Seite, und sprechende Tiere riskieren es, ihre Sprache zu verlieren und wieder wild zu werden. Charakteren mit positiven Werten hingegen fällt das Ganze normalerweise leichter, allerdings muss beides auch rollenspielerisch dargestellt werden.

_Die Autoren_

Ulrich Drees, geboren 1967, lebt in Göttingen, wo er nach seinem Studium der Mittleren und Neuen Geschichte, Europäischen Ethnologie und Volkswirtschaftslehre seinen Lebensunterhalt als Journalist und Chefredakteur eines Stadtmagazins bestreitet. Bisher erschien von ihm die „Nordmark“-Romantrilogie im |Heyne|-Verlag. Daneben war er als Entwickler und Autor für die Kulturbeschreibungen verschiedener „Demonworld Tabletop“-Armeebücher mitverantwortlich. Neben dem „Narnia“-Rollenspiel beschäftigt er sich momentan mit seinem Mantel-&-Degen-Projekt „Fayne Cornish und der Dolch des Todes“.

Oliver Plaschka, Jahrgang 1975, studierte Anglistik und Ethnologie in Heidelberg und lebt in Speyer. Er ist Verfasser, Herausgeber und Übersetzer einer Handvoll Kurzgeschichten. Sein Debütroman [„Fairwater oder Die Spiegel des Herrn Batholomew“ 4864 ist beim |Feder & Schwert|-Verlag erschien.

_Mein Eindruck_

Ich muss sagen, ich bin sehr positiv von der Rollenspiel-Umsetzung angetan. Das „Narnia-Rollenspiel“ kommt meinem Ideal dessen, was ich mir von einem Rollenspiel, das in Narnia spielt, erhofft habe, schon sehr nahe. Die Regeln sind einfach und bieten daher sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Spieler eine gute Basis, um schnell ins Spiel einzusteigen. Dennoch sind der Band und die Regeln so aufgebaut, dass sie das Märchenhafte, das die „Narnia“-Romane so auszeichnet, perfekt ins Spiel transportieren. Sicher werden Leute, die actionlastiges und spielwerteorientiertes Rollenspiel bevorzugen, wohl nur wenig Freude an dem Regelwerk haben, allerdings stellt sich dann eher die Frage, ob deren Spielstil überhaupt nach Narnia passen würde. Die Idee, eine Bundkraft einzuführen und den verschiedenen Wesen Tugenden zu geben, unterstützt zusätzlich den Reiz von Lewis‘ Welt, in der Werte und Moral eine sehr große Rolle spielen.

Obwohl oder gerade weil das System so einfach ist, ermöglicht es den Spielern auch unheimlich viele Freiheiten. Ein Tier, das du spielen möchtest, steht nicht in der Grundbeschreibung dabei? Kein Problem, das ist in fünf Minuten selber gebastelt. Ebenso sieht es auch mit den Fabelwesen aus. Hier bieten sich Spielern und Spielleitern fast unendliche Möglichkeiten, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Lewis, im Gegensatz zu Tolkien, seine Welt und die darin lebenden Wesen nur relativ wenig beschrieben hat. Wer hingegen nicht so kreativ ist, bekommt im Regelwerk genügend Fakten geliefert, um viele schöne Abende in Narnia verbringen zu können.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend und unterhaltsam, im Gegensatz zu manch anderem Rollenspielregelwerk, in denen häufig endlose Tabellen von Spielwerten das Bild prägen. Das Einzige, was mir negativ aufgefallen ist, ist der doch recht kleine und sehr kopiererunfreundliche Charakterbogen am Ende des Buches. Doch da das auch den Autoren aufgefallen ist, kann man diesen auch einfach unter http://www.laternendickicht.de kostenlos in DIN-A4 runterladen.

_Fazit_

„Narnia“ ist ein tolles neues Rollenspielsystem, das sehr einsteigerfreundlich ist, aber auch für erfahrenere Rollenspieler genügend Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Das Regelsystem ist einfach, aber funktional und passt perfekt in das märchenhafte Narnia. Zudem überzeugt das Regelwerk mit einer fabelhaften Aufmachung. Also: Daumen hoch!

[Unser Interview mit Oliver Plaschka]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=92

|ISBN-10: 3865062148
ISBN-13: 978-3865062147|
http://gazette.rainlights.net
http://www.narnia-welt.de
http://www.brendow.de

_|Narnia| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Reiseführer durch Narnia“ 1664
[„C. S. Lewis – Der Mann, der Narnia schuf“ 1980
[„Das Wunder von Narnia“ 1858
[„Das Wunder von Narnia – Hörbuch“ 1991
[„Der König von Narnia“ 1758
[„Der König von Narnia – Hörbuch“ 356
[„Der Ritt nach Narnia“ 1933
[„Der Ritt nach Narnia – Hörbuch“ 1984
[„Prinz Kaspian von Narnia“ 2081
[„Prinz Kaspian von Narnia – Hörbuch“ 2725
[„Die Reise auf der Morgenröte“ 2543
[„Der silberne Sessel“ 2810

Schreibe einen Kommentar