Eric Powell – Geschichten aus dem The-Goon-Universum 1

Inhalt

Der Goon ist eine der schillernsten Figuren des heutigen Comic-Universums: frech, unkonventionell, manchmal auch durchgeknallt und am besten auch noch brutal. Sein Kampf gegen den Zombiepriester Labrazio und seine verrückten Schergen wurde sogar so gut angenommen, dass selbst diverse Crossover möglich wurden. Der Prominenteste ist wohl derjenige mit „Hellboy“, der im vierten Band des ersten Zyklus für einen echten Höhepunkt in der Laufbahn des Hauptcharakters darstellte. Eric Powell hat seinerzeit noch alle Arbeiten selbst übernommen, bevor er sich schließlich auf einige Gastzeichner stützte, über deren Resultate die Fangemeinde jedoch nicht allzu begeistert schien.

Erst später entschied er sich wieder für den kompletten Alleingang und führte „The Goon“ zurück in die Spur. Doch bevor man in der zu fernen Zukunft der erfolgreichen Comic-Reihe stöbert, gilt es erst einmal, die Vergangenheit aufzuarbeiten – und das geschieht im ersten Band von „Geschichten aus dem The-Goon-Universum“, in dem die ersten vier Ausgaben der Serie nun als kompakter Sammelband zusammengefasst werden und der glorreiche Start von „The Goon“ rekapituliert wird. Angereichert wird das ganze durch reichlich Bonusmaterial, darunter drei Miniserien, die bislang noch nicht den Weg auf den deutschen Markt gemacht haben. Doch nicht die satten Extras machen die Neuauflage zu einem Must-Have für Liebhaber der dezent wahnsinnigen illustrierten Kunst. Denn im Prinzip ist das Universelle bei „The Goon“ das Zaubermittel, mit dem Powell seine Leser seit Jahren lockt.

Mein Eindruck:

Wer bislang noch keine Vorerfahrungen mit „The Goon“ gemacht hat, wird sich wohl nur schwer in die Materie hineindenken können. Grob betrachtet ist die Serie gerade zu Beginn ein ziemlich wilder Mix aus den actionreichen Phasen der „Hellboy“-Comics, dem fast schon schaurigen Flair mancher Noir-Aufbereitungen und dem Slasher-Potenzial von „The Walking Dead“. Was allen Serien jedoch im direkten Vergleich abgeht, ist die Coolness des Hauptdarstellers. Der Goon ist launisch, gemein, manchmal hinterhältig und trotzdem irgendwie sympathisch. Powell hat einen Antihelden geschaffen, der immer wieder für Überraschungen sorgt, der auf vergleichsweise eigenartige Weise unterhält, der aber auch den Brückenschlag zwischen finsterem Humor und straighter Action bestens meistert. Insbesondere die ersten beiden Bände gelten zum besten, was der außergewöhnliche Comic-Actionmarkt heute zu bieten hat, doch auch wenn die letzten beiden Kapitel nicht mehr ganz so temporeich sind wie der Auftakt, ist auch hier das Niveau an der oberen Kante.

Erstaunlich ist grundsätzlich, dass in den einzelnen Erzählabschnitten überhaupt nicht viel Tiefgang notwendig ist, um für ein Maximum an Entertainment und auch eine solide Spannungskurve zu sorgen. Die Handlungsblöcke sind sehr einfach nachvollziehbar und die Charakterentwicklungen durchgehend überschaubar. Die Serie zehrt in erster Linie von der außergewöhnlichen Atmosphäre, die von ganz unterschiedlichen, manchmal arg kontrastierenden Fragmenten geprägt wird, gerade hier aber auch den beklemmenden Inhalten des Zombie-Genres nicht abgeneigt scheint. Hinzu kommt ein zeichnerisches Gesamtbild, welches die eigenartige Stimmung prima auffängt, den derben Witz mit vielen launischen Interpretationen richtig gut auffängt und gerade bei der Skizzierung der Charaktere mehrfach Akzente zu setzen weiß. An anderer Stelle hört man immer wieder, dass „The Goon“ in der gesamten Breite nah am Optimum ist – und das mag man auch hier nicht verleugnen. Als Sympathieträger der ganz anderen Art hat sich die Figur nicht nur etabliert, sondern ist inzwischen auch aus der zweiten Reihe nach vorne gedrungen. Und warum das so ist, kann man in dieser Kompaktausgabe noch einmal sehr intensiv für sich herausfinden!

Ein Wermutstropfen bleibt jedoch für diejenigen, die sich brav und zeitnah mit der jeweils aktuellen Ausgabe versorgt haben, denn ihnen entgeht eine Menge Bonusmaterial, welches in diesem Kompendium zusammengetragen wurde. Nicht nur die weiteren Miniserien, sondern auch die Masse an exklusiven Bildern und Zeichnungen sind Aspekte, die einen Zweitkauf zwar nicht komplett rechtfertigen, manch einen jedoch wankelmütig werden lasen könnten. Ein spezieller Anreiz sollte zwar bei solchen Gesamtausgaben gegeben sein, doch insgeheim tritt man dem treuen Fan hier sicherlich ein Stück weit auf den Schlips. Umgekehrt ist „Geschichten aus dem The-Goon-Universum“ eine wundervolle Entdeckungsreise für bislang Unbedarfte, die ihren Nachholbedarf hier in einem Rutsch befriedigen können. Aber man muss eben beide Seiten betrachten, weshalb nicht auszuschließen isst, dass es Leser gibt, die mit dieser Veröffentlichungspolitik nicht sofort konform gehen. Dass die Zusammenfassung der ersten vier Ausgaben aber sozusagen das Nonplusultra aus der Welt des Goon ist, das steht weiterhin außer Frage.

Fazit:

Er ist noch nicht die bekannteste, geschweige denn die beliebteste Figur im breiten Portfolio von Cross-Cult-Comics, doch dieser Sammelband könnte diesem Umstand Abhilfe verschaffen. Das erste Kapitel zu „Geschichten aus dem The-Goon-Universum“ ist eine fantastische Aneinanderreihung erstklassiger, zeitgemäßer und vor allem eigenständiger Comic-Unterhaltung, die Liebhaber der oben angeführten Serien wirklich bedenkenlos entführen können!

Hardcover: 408 Seiten
Aus dem Englischen von Frank Neubauer
ISBN-13: 978-3864258114

www.cross-cult.de

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