Hoffmann, Heinrich / Busch, Wilhelm – Struwwelpeter, Der & Max und Moritz (Europa-Originale 34)

_Inhalt_

|“Max und Moritz“|

In sieben Streichen treiben Max und Moritz ihre Umwelt in den Wahnsinn. Das verwegene Lausbubenpaar hat es dabei besonders auf die Witwe Bolte abgesehen, deren geliebtes Federvieh sie erhängen und auch noch ungesehen verzehren. Der tapfere Schneider Böck stürzt nach einer List in den Bach, Lehrer Lämpel raucht statt Pfeifenkraut Schießpulver und ihr Onkel Fritz wird des Nachts von Maikäfern geplagt, die Max und Moritz ihm in eine Tüte gepackt haben. Beim Meister Bäcker blicken die beiden schließlich ihrem Ende entgegen; listig haben sie sich durch den Kamin in die Backstube geschlichen und landen im Kuchenteig. Der Bäcker versucht, sie im Ofen zu rösten, doch Max und Moritz können so gerade entkommen. Bauer Mecke ist allerdings weniger liebevoll; er steckt sie in einen Sack und lässt sie in der Mühle mahlen, bevor sie dann von zwei Enten endgültig vertilgt werden.

|“Der Struwwelpeter“|

Wer nicht hören will, der muss fühlen. Dies müssen einige Kinder schmerzlich erfahren, als sie sich mit unflätigem Verhalten in den Mittelpunkt stellten. Der böse Friedrich wird vom Hund gebissen, nachdem er diesen fies gequält hatte. Paulinchen verbrennt indes, weil sie mit Feuer gespielt hatte. Noch schlimmer erwischt’s den Daumenlutscher Konrad, dem vom Schneider beide Daumen entfernt werden, damit er nicht mehr in Versuchung kommt. Und Robert missachtet das Gebot seiner Eltern, sich beim Sturm nicht vor die Tür zu begeben, und wird samt seines Regenschirms hinfortgetragen …

_Persönlicher Eindruck_

In der 34. Episode der „Europa-Originale“ wurden zwei der berühmtesten Kindergeschichten der deutschen Literatur auf einem Silberling zusammengefasst. Es handelt sich dabei um die „Lausbubengeschichten in sieben Streichen“ von Wilhelm Busch und Heinrich Hoffmanns viel zitierten „Struwwelpeter“, einer prinzipiell recht grausamen Geschichte, in der erzählt wird, was Kindern widerfährt, die nicht brav sind bzw. nicht hören wollen.

Die Mischung der beiden Kurzgeschichten passt dabei insofern recht gut, weil sie beide mit moralischen Gedanken aufwarten und darüber hinaus genau zeigen, was denen geschehen kann, die sich über Recht und Ordnung hinwegsetzen. Max und Moritz haben diesbezüglich häufig genug Glück. Die hilflose Witwe Bolte kann sich ihrer nicht erwehren, und auch der Schneider ist machtlos, als er über die brüchige Brücke des schelmischen Brüderpaars in den Fluss stürzt. Ständig kommen sie ungeschoren davon, bis sie schließlich auf einen Bauern stoßen, der ihnen gewachsen ist und sie für all die Missetaten bestraft – und zwar mit dem Tod.

Ähnliche Inhalte bevorzugte einst auch Hoffmann bei seiner episodischen Kurzgeschichtensammlung in „Der Struwwelpeter“. Er berichtet von ungehorsamen Kindern, die sich aus Neugierde Gefahren aussetzen, die sie nicht einschätzen können, und für ihren Leichtsinn bestraft werden. Gleich mit Buschs Werk ist ihm dabei die unverhältnismäßige Härte seiner Geschichten. Daumen werden entfernt, ein Kind von zu Hause fortgetragen, und in der Handlung um den Suppenkasper verhungert sogar ein Kind, weil es sich weigert, die aufgetischte Speise zu sich zu nehmen. Abseits davon sind einige Erzählungen jedoch auch betont witzig, wie etwa die Geschichte vom Hans-guck-in-die-Luft und die vom Zappelphilipp, in denen sich Hoffmann mit einem geliebten Thema, der Hyperaktivität und konträr dazu der Verträumtheit der Heranwachsenden auseinandersetzt und auf überspitzte Weise die Folgen darstellt. Doch bei all diesem vordergründigen Humor soll in keinem der beiden Titel die grundlegende Ernsthaftigkeit übersehen werden, die zu großen Stücken die Ausgangsmotivation der beiden berühmten Dichter gewesen war. Sowohl in „Max und Moritz“ als auch im „Struwwelpeter“ finden sich zwischen lustig anmutenden Szenarien moralische und erzieherische Grundlagen, die über diesen Umweg ins Bewusstsein gerufen werden sollen – und das ist beiden Männern, man beachte schließlich den Status der beiden literarischen Klassiker, wirklich einprägsam gelungen.

Die Hörspielvariante aus dem Hause |Europa| ist zudem eine der schönsten Adaptionen der Episodengeschichten. Sprecher Hans Paetsch, sowieso Meister seines Faches, hat sich bei der Gestaltung der beiden Stücke mächtig ins Zeug gelegt, die Dramaturgie sehr schön eingefangen, aber auch den Wortwitz von Wilhelm Busch wunderschön mit seiner Stimme unterlegt. Definitiv hätte es für diesen Posten niemand Besseren geben können! Übrigens wird das kleine Sammelwerk zum Schluss noch um eine gesungene Fassung von „10 kleine Negerlein“ erweitert, einem Text, der sich mit vergleichbaren Inhalten beschäftigt und in den frühen 90ern auch noch einmal für den Pop-Bereich adaptiert wurde, bevor eine Düsseldorfer Rockband das Stück zugunsten eines beliebten Getränks umwandelte. Unter anderem auch aufgrund der Quantität ist die 34. Episode der „Europa-Originale“ eine wirklich lohnenswerte Investition, zumal damit die meines Erachtens beste Version von „Max und Moritz“ publiziert wird. Hier spricht wirklich nichts gegen eine Anschaffung des klassischen Stoffs!

http://www.natuerlichvoneuropa.de