Mit seinem Debüt-Werk „Nebelriss“ liefert Markolf Hoffmann den ersten Teil der phantastischen Trilogie |Zeitalter der Wandlung| ab.
Eine ganze Welt steht vor dem Untergang – oder vielleicht doch nur vor dem Aufbruch in ein neues Zeitalter?
|Gharax| heißt diese Welt, sie umfasst vier Königreiche (Arphat, Candacar, Gyr und Kathyga), ein selbsternanntes Kaiserreich (Sithar) und die Ländereien eines zunehmend unberechenbaren Gildenrates (Troublinien).
Nach Jahren des Friedens sehen sich die Völker Gharax mit einer Gefahr konfrontiert, die nur in den fast vergessenen Legenden der magischen Logen und religiösen Orden Erwähnung findet. |Goldéi| heißen die zweibeinigen echsenartigen Eindringlinge, die ein Königreich nach dem anderen im Handstreich erobern. Die Zauberer und Priester schweigen und glauben in ihrer unermesslichen Arroganz, sie könnten dem Feind entgegentreten und ihn in die Schatten der Legenden zurückdrängen. Nachdem Candacar und Gyr von der Übermacht der Angreifer vernichtend geschlagen sind und der Herrscher von Kathyga vor den goldgeschuppten humanoiden Reptilien sein Haupt gebeugt hat, um seinem Volk ein brutales Massaker zu ersparen, marschieren die Goldéi in Richtung der Grenzen der letzten beiden freien Reiche.
Sithar, dessen naiver und ungesitteter Kaiser Akendor seine Macht an |das Gespann|, zwei machthungrige und intrigante Fürsten des Thronrates, abgegeben hat, war einstmals ein Teil des Königreiches Arphat, bevor es sich im Südkrieg vor 348 Jahren von dessen Herrschaft lossagen konnte. Trotz des tief verwurzelten gegenseitigen Hasses dieser beiden Reiche, wagt es Fürst Baniter Geneder, der ewige Gegenspieler |des Gespanns|, eine Gesandtschaft nach Arphat zu führen, um ein Bündnis mit der grausamen Königin Inthara zu schließen …
In der Kirche Tathrils steht ein Machtwechsel kurz bevor und so erreichen auch hier die Intrigen eine kritische Phase, in der es sich entscheiden wird, welchen Kurs die Priesterschaft in der kommenden Zeit einschlägt. Nhordukael, ein junger Priester und der ergebene Diener des Kirchenoberhaupts, trägt inmitten dieses aufkeimenden Tumults einen Glaubenskrieg in seinem Inneren aus …
An einem anderen Ort wird ein junger Eleve, ein Schüler der Magie, aus der Hand der Goldéi befreit. Laghanos weiß um ihre Pläne, die magischen Quellen, die vor über einem Jahrtausend von dem mächtigen Zauberer Durta Slargin gebändigt und unterworfen wurden, zu befreien. Erreichen die Reptilien ihr Ziel, könnten große Teile der Welt im Chaos der Natur vergehen …
Markolf Hoffmann wurde 1975 in Braunschweig geboren und lebt derzeit als Student der Geschichte und Literaturwissenschaft in Berlin. Schon während seiner Schullaufbahn nahm er an einigen Schreibwettbewerben teil und erhielt sogar den ersten Preis im Literaturwettbewerb des FDA Baden-Württemberg. 1996 absolvierte er sein Abitur und erhielt den Scheffelpreis für hervorragende Leistungen im Fach Deutsch. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit und dem Studium engagiert er sich zudem in Kurzfilmprojekten und war 1998 mit dem Film „Schnittfehler“ (Buch und Regie) im Auswahlprogramm des Internationalen Jugendfilmfestivals |up-and-coming| vertreten. 1999 ging er als Stipendiat des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes für ein Jahr nach London. Der Themenschwerpunkt seines Studienaufenthalts war die |Britische Literatur der 90er Jahre|.
Seine ersten Veröffentlichungen erschienen im Jahr 2003 – die Kurzgeschichte „Ein meisterliches Mahl“ in der Anthologie |Tolkiens Geschöpfe| (Heyne) und die Erzählung „In Poseidons Armen“ in der Anthologie |Matrixfeuer| (|Phönix|-Verlag).
Nebelriss – so nennen die Bewohner eine Schlucht am nördlichen Rande des Hochlands, der Grenze zwischen Sithar und Arphat. Alten Legenden zufolge werden in ihr die Wolken geboren, um dann über die Welt zu ziehen und sie mit Regen zu belohnen oder mit Stürmen zu strafen.
Über diese Schlucht führt die alte Brücke von Pryatt Par, die auch Fürst Baniter Geneder beschreiten muss, um seine Gesandtschaft in das verfeindete Königreich Arphat zu führen.
Markolf Hoffmann nimmt den geneigten Leser mit auf eine atemberaubende Reise, in deren Verlauf er mit seiner leidenschaftlich düsteren Erzählweise eine Welt zum Leben erweckt. Viele liebevoll arrangierte Details, die manchmal wie die Requisiten in einer gemütlichen Taverne anmuten, machen den Reiz dieser bis ins Kleinste ausgearbeiteten Welt aus. „Nebelriss“ birgt ein unvergleichliches Erlebnis für alle Freunde phantastischer Literatur. Seine mitreißende Art und die stilistisch eindrucksvolle Sprache bringen ein literarisches Werk zum Vorschein, welches international seinesgleichen sucht.
Dem Autor ist etwas gelungen, was gerade in der phantastischen Literatur leider eine Rarität ist; er hat eine komplexe und vielseitige Geschichte erschaffen, wie sie sonst nur das Leben selbst zu erzählen vermag. Die Protagonisten, wie auch wichtige Nebenfiguren, zeigen auf ihrem Weg neben ihren Stärken ebenso ihre Schattenseiten und der eine oder andere wächst unerwartet über sich selbst hinaus – es gibt keinen schillernden Helden in einer goldenen Rüstung und genauso wenig finden sich schwarze Drachen auf einem Hort aus purem Gold oder menschenfressende Trolle. Hier geht es nicht um den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse, vielmehr geht es um eine dem Untergang geweihte Welt, in der die einzelnen Personen ihrer Bestimmung nachgehen, um ihren Platz in der neuen Ordnung zu finden. Bei seinen Figuren hat Markolf Hoffmann großen Wert darauf gelegt, dass sie natürlich erscheinen und eine Konsistenz im Denken und Handeln aufweisen. Aus der Sicht des jeweiligen Charakters erscheint sein Streben gut und richtig, auch wenn es für einen anderen bedeuten mag, dass ihm daraus Unannehmlichkeiten erwachsen oder er gar mit dem Rücken an die Wand gedrückt wird. Selbst die unheilbringenden Goldéi, welche danach trachten, eine längst vergangene Ordnung wieder herzustellen, scheinen ein gerechtes Ziel zu verfolgen – natürlich nur aus ihrer Sicht. Auf Grund dieser menschlichen Züge, der Stärken und Schwächen und der teils eigennützigen Zielen fällt es schwer, einen eindeutigen Sympathieträger auszumachen.
Gestattet mir ein paar Worte zum Buch selbst. Das Cover-Artwork ist wahrlich eine gelungene Arbeit von Christopher Vacher, doch auch wenn es die teils bedrückende Atmosphäre der Geschichte malerisch widerzuspiegeln vermag, so habe ich doch meine Schwierigkeiten, es in einen Kontext zum Roman zu bringen – mag sein, dass es einen Teil des Rochenlandes darstellt oder die |Augen von Talanur| im Yanur-Se-Gebirge in Arphat. Auf jeden Fall macht das Buch allein schon wegen des Einbandes auf sich aufmerksam.
Sollte der geneigte Leser und Liebhaber phantastischer Literatur nun allerdings auf die Idee verfallen, das Buch umzudrehen, um sich mittels des Klappentextes einen Einblick in die Geschichte zu verschaffen, so erfährt er eine herbe Enttäuschung, denn die Art und Weise, wie hier versucht wird, dem potenziellen Leser das Buch schmackhaft zu machen, zielt wohl eher auf die falsche Zielgruppe ab. Ganz oben der unnötige und völlig irreführende Vergleich mit J. R. R. Tolkiens „Herr der Ringe“, direkt gefolgt von ein paar allgemein gehaltenen Phrasen, die eher zu einer |Sword & Sorcery|-Reihe passen. Warum nur, lieber |Heyne|-Verlag, erachtest du das, und dann in dieser Form, als unbedingt erwähnenswert? Ich möchte noch auf ein weiteres Manko hinweisen; ich finde es ziemlich schade und auch ein wenig irritierend, dass von außen nichts darauf hindeutet, dass es sich um den ersten Teil einer Trilogie handelt. Auf der Vorderseite finden nur der Verlag, der Autor und der Titel des Romans – nebst einem Verweis darauf, dass es sich eben um einen Roman handelt – Erwähnung und auch auf dem Buchrücken steht nichts von einer Trilogie. In diesem Zuge sei erwähnt, dass wegen des Verkaufs der Fantasy-Reihe von |Heyne| an den |Piper|-Verlag der zweite Teil dieser Trilogie, „Flammenbucht“, – und hoffentlich auch der abschließende dritte Teil – bei Piper erscheint, und zwar zeitgleich mit der Neuveröffentlichung dieses ersten Bandes im November 2004.
Nun aber wieder zu den erfreulichen Seiten dieses Buches, nämlich den ersten. Dort findet der Leser ein Aufstellung der |dramatis personae|, eine Karte der Welt Gharax und die dazugehörige Legende. Da der Roman ohne ein großartiges Präludium direkt ins Geschehen einsteigt, mag die Erläuterung, wer wohin gehört und welches Amt er dort bekleidet, dem einen oder anderen Leser hilfreich sein; ich persönlich liebe derart komplexe Stories und habe sie, während ich mich von der Welt und den Personen habe entführen lassen, nicht benötigt. Bei der Rezension war sie mir allerdings eine große Hilfe, da ich so ohne größeres Suchen die Schreibweise von Orten und Personen nachschlagen konnte. Meines Erachtens ist diese Idee eine angenehme Bereicherung für das Buch. Die Karte entstammt der Feder von Markolfs Schwester, Hjördis Hoffmann, und erlaubt dem Leser trotz ihrer geringen Größe, den Wegen Baniter Geneders und denen der Goldéi geographisch zu folgen.
Und damit kommen wir auch schon zu einem weiteren, wie ich finde, sehr gelungenen und ungewöhnlichen Leckerbissen, den Markolf Hoffmann seinen Lesern bietet: die [Nebelriss-Homepage,]http://www.nebelriss.de die er eigenhändig pflegt. Neben einem reichhaltigen Angebot an Hintergrundinformationen bietet der Nachwuchsautor seiner Leserschaft eine kostenlose Probe seines Könnens. In der Rubrik „Online-Konzept“ hat er eine kurze Vorgeschichte, „Der Preis des Verrats“, in Form eines Briefwechsels verfasst, mit dem der geneigte Leser einen kleinen Einblick in die Welt Gharax und die Bedrohung durch die Goldéi erlangen kann. Der kathygische König Eshandrom hat seinen Ratgeber Pushindra in das Nachbarreich Candacar entsandt, damit dieser den Gerüchten über eine gesichtete Invasionsflotte goldgeschuppter Echsen auf den Grund gehe. In zehn kurzen Kapiteln, die bereits in den Wochen vor der Veröffentlichung von „Nebelriss“ auf der Homepage präsentiert wurden, wird dieser Briefverkehr wiedergegeben.
Ein ähnliches Konzept ist auch im Vorfeld der Veröffentlichung von „Flammenbucht“ geplant.
Abschließend bleibt mir nur noch, euch einige wunderschöne Leseabende mit „Nebelriss“ bei Kerzenschein und einem guten Glas Wein zu wünschen.