Jan Costin Wagner – Tage des letzten Schnees

Die Handlung:

Anfang Mai, im finnischen Turku fällt der letzte Schnee. Kommissar Kimmo Joentaa wird gleich zweimal gerufen: zu einem Autounfall mit Fahrerflucht, bei dem eine Elfjährige ums Leben gekommen ist, und zu einem Tatort, an dem zwei unbekannte Tote auf einer Parkbank liegen, als würden sie schlafen. Für den Vater des bei dem Unfall verstorbenen Mädchens wird Kimmo Joentaa zum Begleiter in der Trauer, während er gleichzeitig daran arbeitet, den Doppelmord aufzuklären. Die Ermittlungen führen Joentaa in ein fatales Beziehungsgeflecht, das Menschen, die nichts verband, schicksalhaft zusammengeführt hat: einen Architekten, dem der feste Glaube an die Symmetrie des Lebens abhandenkommt, einen Schüler, der unaufhaltsam auf einen Amoklauf zusteuert, eine junge Frau, die versucht, der Armut zu entkommen, und einen Investmentbanker, der sich im Dickicht seines Doppellebens verliert. Als Joentaa die Linien, die diese Menschen verbinden, schließlich zu erkennen beginnt, ist es fast zu spät. Und erst dann begreift er, dass seine große Aufgabe nie die Suche nach einem Doppelmörder war, sondern eine, die ihm noch bevorsteht …

Mein Einruck:

Jan Costin Wagner hat mit „Tage des letzten Schnees“ eine erfolgreiche Fortsetzung seiner Romanreihe um den finnischen Kommissar Kimmo Joentaa geschaffen. Joentaa, vermutlich nicht zuletzt auch nach dem frühen Tod seiner Frau Sanna introvertiert und auf sympathische Weise eigenbrötlerisch, hat schon in den Romanen zuvor durch seinen „anderen Blick auf die Dinge“ die Ermittlungen oftmals entscheidend in die richtige Richtung gelenkt. In bewährter Manier erzählt Wagner gleichzeitig mehrere Geschichten aus verschiedenen Blickwinkeln, deren Zusammenhänge sich dem Leser nicht alle auf Anhieb erschließen.

 

Der Autor bedient sich dabei wie gewohnt einer besonderen Sprache: lange Aneinanderreihungen von Haupt- und Nebensätzen, die manchmal selbst Dialoge in sich aufnehmen. Auf der anderen Seite kurze und prägnante Sätze. Ebenso poetische Ausschmückungen im Gegensatz zu klaren sachlichen Worten. Erzählung im klassischen Sinne versus Unterhaltung in einem Chatroom – dargestellt in Kursivschrift. Auch thematisch schafft Wagner wieder einmal Großes zu bewältigen: Tod, Mitgefühl, Liebe und Schuld machen nur einen Teil der gesamten Bandbreite aus, die den Leser mit einer unerwarteten Wucht treffen. Dabei wird „Tage des letzten Schnees“ so spannend, dass man es nicht mehr aus der Hand legen kann, obwohl es sich zeitweise so anfühlt, als müsse man genau das tun. Erst zum Finale werden letzte Zusammenhänge aufgeklärt und die Handlung bleibt nachhaltig im Gedächtnis – nicht zuletzt aufgrund der schicksalhaften Verkettungen, die auch Joentaa direkt betreffen.

Mein Fazit:

Wem bereits die anderen Bände von Wagner um Kimmo Joentaa gefallen haben, der sollte sich auch „Tage des letzten Schnees“ auf gar keinen Fall entgehen lassen! Nicht nur, um zu erfahren, wie es im Leben des sympathischen Joentaa weiter geht. Wagner schafft es mal wieder, den Leser mit beeindruckender Sprache in seinen Bann zu ziehen. Dabei spart er nicht an allen denkbaren zwischenmenschlichen Facetten, die zeitweise eine beklemmende oder gar bedrückende Wirkung entfalten. Das durch den Autor hier geschaffene Konstrukt ist intelligent, fast schon grandios und sucht seinesgleichen, ohne vielleicht in die Schublade der klassischen Kriminalromane zu gehören. Für mich aber zweifellos schon jetzt einer der besten Romane im Jahr 2014. Wer sich nun fragt, wie Wagner das jemals toppen möchte: Aelbst dafür hat der Autor scheinbar vorgesorgt, denn das Ende dieses Romans verspricht gleichzeitig einen Neuanfang.

Gebundene Ausgabe: 313 Seiten
ISBN-13: 978-386971-017-4

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