John Crawford – Der Geisterhügel

Crawford Geisterhügel Cover kleinDas geschieht:

Drei Jahre hat Terry Amberly seinen Bruder Malcolm nicht mehr gesehen. Nun kehrt er kehrt zurück nach Redferne, einem Nest irgendwo in Mittelengland, um den Älteren zu begraben. Als Selbstmord wurde Malcolms Tod ad acta gelegt, was Terry ganz und gar nicht glauben mag: Mit einem Dolch im Herzen lag Malcolm im Schatten der „Drohenden Steine“ auf Cranston Hill, dem „Geisterhügel“. Dort soll es des Nachts umgehen, wie die notorisch abergläubische Dorfbürgerschar munkelt.

Vor entsprechenden Nachforschungen wird Terry eindringlich gewarnt. Wie üblich, wenn Spuk (oder fauler Zauber) im Spiel ist, drücken sich jene, die mehr wissen, so kryptisch aus, dass Terry schnurstracks zum Geisterhügel stürmt. Dort wird ihm dämonisch wunderlich ums Hirn, worauf er den Rückzug ins Dorf antritt. Nun ist Quellenstudium angesagt. In Malcolms Haus findet Terry Beweise dafür, dass sich der Privatgelehrte intensiv mit schwarzer Magie beschäftigt hat, die in Redferne seit jeher zum Alltagsleben gehört. Schon im Mittelalter kam der Teufel in Gestalt des furchtbaren Edward Cranston über die Dörfler.

Zu seinen Hohepriestern schwangen sich die Mitglieder der Familie de Grinley auf. Derer hat man sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwar gewalttätig entledigt, doch ausgerechnet Richard, der schlimmste de Grinley, verschwand, aber offenbar nicht so spurlos, wie es wünschenswert wäre. So munkelte jedenfalls Malcolm in seinen hinterlassenen Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass wieder Schwarze Messen auf Cranston Hill stattfinden und Menschenopfer gebracht werden, die vom persönlich vor Ort anwesenden Höllenfürsten huldvoll entgegengenommen werden. Dem war Malcolm auf die Spur gekommen, aber dabei zu seinem Pech nicht unentdeckt geblieben.

Nun begibt sich Terry auf den gefährlichen Pfad. Er steht glücklicherweise nicht allein. Ralph Treherne, Malcolms bester Freund, und die schöne Angela Cowdrey, Malcolms Braut, leisten ihm Schützenhilfe. Die kann er gut gebrauchen, als sich die Zeichen dafür mehren, dass das Böse mutig und dreist wird in Redferne. Terry muss sich ihm stellen, obwohl ihn Schreckliches erwartet, wie er spätestens weiß, als auf dem Friedhof Malcolms Sarg gefunden wird: leer und aufgebrochen – und zwar von innen …

Schrecken (und Trash) ohne Erbarmen

„Der Geisterhügel“ ist ein drittklassiger, aus zusammengeklaubten Versatzstücken weitaus gelungenerer Vorbilder gemixter, zunächst immerhin leidlich unterhaltsamer Horror-Heuler, an dessen Verursacher sich heute nicht einmal das Internet erinnern mag, das sonst zuverlässig noch über die obskursten Werke Auskunft gibt. Aber „Dark Legion“ – so der Originaltitel – war purer Pulp, d. h. Lese-Fast-Food ohne literarischen Anspruch, weniger geschrieben als routiniert bzw. mechanisch abgespult von einem gänzlich uninspirierten Verfasser, der nicht einmal unter seinem richtigen Namen arbeitete.

Nur in Umrissen lässt sich hin und wieder etwas erkennen, was eine Story sein könnte. Allerdings kommt sie – obwohl mehr als vorhersehbar – niemals in Schwung, sondern quält sich holprig und ohne jegliches Gespür für Gruselatmosphäre in ihr banales Finale. Horror wird nur behauptet, nie beschworen. Da das Talent des Verfassers sich wohl selbst zur Geisterstunde nicht manifestieren würde, muss der Leser rätseln, wovor er sich eigentlich fürchten soll.

Immerhin orientierte (und vergriff) sich Autor Crawford an einer meisterhaften Vorlage: H. P. Lovecraft (1890-1937) wird zurecht für den von ihm geschaffenen Cthulhu-Mythos gerühmt, der die Erd- und Menschheitsgeschichte mit einer Kosmologie unterfütterte, die das Universum als Spielfeld fremdartiger Wesenheiten interpretierte, deren gleichgültiges aber grausames Wirken sich immer wieder auch auf der Erde manifestierte.

Warum dann dieser Bericht?

Ein zurecht vergessenes Büchlein ist „Der Geisterhügel“ also, weshalb an dieser Stelle der Roman im Vordergrund stehen soll. Interessanter ist die Reihe, in der er veröffentlicht wurde. Die „Vampir-Horrorromane“ des Pabel-Verlags kündeten von einer Zeit, als das deutsche Publikum für phantastische Literatur so zahlreich war, dass sogar Schund wie „Der Geisterhügel“ seine Käufer fand.

Den „Vampir“-Taschenbüchern vorausgegangen war eine gleichnamige Heftroman-Serie, die oft sogar noch stumpfsinnigeren Gruselmurks, aber auch einfach unterhaltsamen Simpel-Horror an seine Leser brachte. Der Erfolg gab den Verlag Recht, und so wurden 1973 als Ergänzug die Taschenbücher für ein (etwas) anspruchsvolleres Publikum auf den Markt gebracht. Sie hielten sich bis 1981 und brachten es auf insgesamt immerhin 81 Bände, die heute zum Teil begehrte Sammlerware darstellen.

Jeder zweite Band der „Vampir“-Taschenbücher war zuverlässig eine Storysammlung. Obwohl auch hier schräge Sachen erschienen, lohnen vor allem diese Bände das Sammeln. Die Romane (erkennbar an der Reihennummerierung mit ungeraden Ziffern) sind dagegen fast ausnahmslos furchtbar oder besser: fürchterlich. Der Bodensatz der angelsächsischen Phantastik wurde hier aufgerührt; ihr trübsinnig stimmendes Wirken wurde später von deutschen Vielschreibern kongenial ergänzt.

Horror handgemalt

Den wahren Sammler wird dies natürlich nicht schrecken. Tatsächlich gibt es einen Grund, sich in diese seltsamen Taschenbücher zu verlieben: Die Titelbild-Gestaltung ist einfach unwiderstehlich. Die unbekümmert bunte, brutale, politisch herrlich unkorrekte Welt der 1970er Jahre lebt auf, wenn man die mit Lust und Liebe zum Makabren, Grotesken und Absurden gezeichneten Cover betrachtet, die ganz sicher nicht aus anonymen, nichtssagenden Bildbänken kopiert wurden.

Heute würde solcher augäpfeltriefender, fäulnisschwangerer sowie gern frauennackter Krawall-Horror mit absoluter Sicherheit die Zensur auf den Plan rufen (die nur angeblich nicht mehr existiert). Wer sie einmal gesehen hat, vergisst sie nicht. „Der Geisterhügel“ gibt sich da moderat, fast stimmungsvoll, was leider deutlich mehr verspricht, als der Inhalt halten kann.

Autor

John Crawford wurde als John Stephen Glasby am 23. September 1928 in East Retford in der englischen Grafschaft Nottinghamshire geboren. Er studierte Chemie an der Nottingham University und trat anschließend in den Dienst des in London ansässigen Unternehmens Imperial Chemical Industries (ICI), für das er bis zu seiner Pensionierung 1988 tätig war. Zudem gehörte er der Royal Society of Astronomy an.

In seiner Freizeit schrieb Glasby bzw. überschwemmte in den 1950er und 60er Jahren den Markt für triviale Unterhaltung mit mehr als 250 Romanen – die genaue Zahl konnte nie festgestellt werden – und unzähligen Kurzgeschichten, die unter zahlreichen Pseudonymen erschienen. Das enorme Tempo, in dem Glasby seine Werke ausstieß, ließ nur die Produktion von Trash-Unterhaltung für zeitgenössische Pulp-Magazine und Billig-Buchreihen, hier vor allem die zwischen 1960 und 1967 herausgegebene Reihe der Badger Books (Der Verlag pflegte seinen Auftrags-Autoren bereits existierende Titelbilder zu schicken, nach denen diese ihre Geschichten zu gestalten hatten.) Glasby konzentrierte sich nicht auf ein bestimmtes Genre, sondern schrieb Science Fiction, Fantasy, Horror, Thriller und Kriegsgeschichten.

Als sich Ende der 1960er Jahre der Markt für solche Billig-Prosa wandelte und die üblichen Abnehmer verschwanden, stellte Glasby seine Fließband-Schriftstellerei ein. Erst Ende der 1990er Jahre begann er unter einem alten Pseudonym (A. J. Merak) neue Gespenstergeschichten zu veröffentlichen. In seinem 83. Lebensjahr ist John S. Glasby am 5. Juni 2011 gestorben.

Taschenbuch: 160 Seiten
Originaltitel: Dark Legion (London: John Spencer & Co./Badger Books 1966)
Übersetzung: Elisabeth Simon

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