Larke, Glenda – Wissende, Die (Die Inseln des Ruhms 1)

Die Inseln des Ruhms:

Band 1: „Die Wissende“
Band 2: „Gilfeather“ (noch ohne dt. Titel)
Band 3: „The Tainted“ (noch ohne dt. Titel)

Glut ist ein Mischling und als solcher auf den Ruhmesinseln unerwünscht. Allein die Tatsache, dass sie für die Wahrer arbeitet, sorgt dafür, dass sie zumindest geduldet wird. Als sie jedoch den Auftrag erhält, eine junge Frau aufzuspüren, die ausgerissen ist, gerät ihre Weltsicht schon bald ins Wanken …

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive erzählt, daher ist Glut die einzige Hauptperson:

Glut ist zäh, abgebrüht und auch nicht dumm. Deshalb ist ihr durchaus bewusst, dass die Wahrer, allen voran ihr unmittelbarer Vorgesetzter Dasrick, sie benutzen. Sie hofft jedoch, für ihre Arbeit irgendwann die Bürgerrechte zu erhalten, die ihr erlauben würden, irgendwo sesshaft zu werden. Dafür ist sie bereit, nahezu alles zu tun. Zumindest, bis sie Flamme trifft …

Flamme ist eine junge Cirkasin mit der Fähigkeit, Silb-Magie zu wirken, was für eine Cirkasin eher ungewöhnlich ist. Vor allem aber beeindruckt sie Glut durch ihre innere Stärke und ihren Mut sowie ihre ausgeprägte Integrität. Zum ersten Mal empfindet Glut so etwas wie Freundschaft für eine andere Person.

Thor Reyder scheint seinerseits einen Narren an Glut gefressen zu haben. Der meist so ernst wirkende Mann hat durchaus Humor, vor allem aber zeichnet er sich durch eine schier übermenschliche Selbstbeherrschung aus. Binnen kürzester Zeit macht er Glut einen Heiratsantrag, hilft ihr mehrfach aus der Patsche. Dennoch wirkt er manchmal seltsam zugeknöpft, als ob er nicht die ganze Wahrheit sagte.

Dasrick dagegen ist ein absolut unsympathischer Zeitgenosse. Trotz der wertvollen Dienste, die Glut ihm leistet, demütigt er sie immer wieder. Dabei ist er von ihr genauso abhängig wie sie von ihm, denn Dasrick ist ehrgeizig. Und für seinen Ehrgeiz ist er bereit, noch viel weiter zu gehen, als Glut es für die Erlangung der Bürgerrechte jemals täte, nur ist er dabei bei Weitem nicht so ehrlich wie sie, sondern beschönigt sein Tun mit dem Mäntelchen ehrbarer Motive.

Der Bösewicht zu guter Letzt ist ein Dunkelmagier, der offenbar vorhat, die Herrschaft über die gesamten Ruhmesinseln zu übernehmen. Wer er tatsächlich ist und was ihn dazu treibt, wurde bisher nur angedeutet. Offensichtlich jedoch ist er ein Sadist, der es genießt, andere zu quälen, und der seine Helfershelfer rücksichtslos ausnutzt und dann fallen lässt.

Dafür, dass die Nebenfiguren lediglich aus Gluts Sicht beschrieben sind, ist die Charakterzeichnung recht ordentlich geraten. Tatsächlich geht jede der Figuren – mit Ausnahme des Bösewichts – über reine Nachvollziehbarkeit hinaus. Selbst der Antagonist wirkt irgendwie getrieben und dadurch eigenständiger als der reine Typus des machthungrigen Bösewichts, obwohl die Informationen zu seiner Person bisher noch recht dürftig sind.

Die Welt, in die Glenda Larke ihre Geschichte eingebettet hat, wirkt ein wenig wie eine Zwiebel. Die gesamte Handlung spielt an einem Ort, der sich Gorthen-Nehrung nennt. Gorthen-Nehrung ist sozusagen Niemandsland, hierher werden alle vertrieben, die auf den übrigen Inseln unerwünscht sind, vor allem Mischlinge, Verbrecher und Kranke. Im Grunde ist die Nehrung nicht mehr als eine schmale, langgestreckte Sandbank, die an einem einzigen, niedrigen Felsen angeschwemmt wurde.

Um diese Nehrung herum befinden sich noch eine Menge anderer, jeweils autonomer Inseln und Inselchen. Alle zusammen nennen sie sich die Ruhmesinseln. Außerhalb dieser Ruhmesinseln gibt es noch in einiger Entfernung ein Land namens Kell. Aus diesem Land stammt der Ethnologe, der im Rahmen seiner Forschungen Glut nach ihren Erlebnissen befragt. Diese Rahmenhandlung spielt fünfzig Jahre später als Gluts Erzählung.

Besonders interessant fand ich den Entwurf der Magie: Es gibt drei unterschiedliche Arten, die jeweils unterschiedliche Fähigkeiten beinhalten, wobei die Weißbegabung etwas aus der Reihe fällt, denn sie kann nichts bewirken, sondern lediglich andere Magie erkennen. Da die Weißbegabten allerdings gegen die Magie anderer immun sind, bedeutet das unterm Strich, dass die einzelnen Formen der Magie sich einigermaßen ebenbürtig sind. Dadurch werden sowohl ein übertrieben übermächtiger Bösewicht als auch ebenso übertriebene Überhelden vermieden.

Aus diesen magischen und politischen Details hat die Autorin ihren Plot aufgebaut:
Da ist Glut mit ihrer Weißbegabung, die auf der Suche nach einer jungen Frau ist; dann Flamme, mit ihrer Silb-Magie einen jungen Mann heilt, der von einem Dunkelmagier angegriffen wurde; Thor Reyden, der nahezu über alles Bescheid zu wissen scheint; und plötzlich taucht auch noch Dasrick auf mit einem ganzen Schiff voller Wahrer. Dieses Aufgebot scheint für die Suche nach einer Frau etwas übertrieben, und überhaupt, warum hat Dasrick überhaupt Glut hergeschickt, wenn er jetzt selber auftaucht?

Erst allmählich stellt sich heraus, dass hier eine ganze Menge nicht so ist, wie es scheint, von der Hälfte aller Personen über ihre wahren Absichten bis hin zu ihren Mitteln. Und bald ist Glut nicht mehr allein damit beschäftigt, die Ausreißerin zu suchen. Stattdessen ist sie zwischen diverse Fronten geraten und muss sich nicht nur gegen einen Feind behaupten, der ihr ans Leder will, sondern auch noch gegen andere, nicht weniger skrupellose …

Zwar könnte ich nicht sagen, dass ich mir beim Lesen vor Aufregung die Fingernägel abgekaut hätte. Tatsächlich muss ich sogar gestehen, dass ich, als Glut zum wiederholten Mal von den Schergen des Dunkelmagiers eingefangen wird, etwas genervt war. Immerhin aber waren die verschiedenen Ausbrüche und Fluchtversuche unterschiedlich genug, um zumindest etwas Abwechslung zu bieten. Das Faszinierende an diesem Buch war daher weniger steigende Spannung als vielmehr die allmähliche Auflösung von Rätseln und Geheimnissen, wobei die Identität der Ausreißerin recht schnell klar war. Mit am besten gefallen hat mir der Entwurf der Ghemfe, einer fremdartigen Rasse, die offenbar aus dem Meer stammt. In diesem Zusammenhang blieben die meisten Geheimnisse erhalten, was vielversprechende Aussichten für den zweiten Band bedeutet. Auch der Ortswechsel auf eine andere Insel bietet jede Menge neues Potential, und die neue Personenkonstellation am Ende des ersten Bandes sowieso. So ist „Die Wissende“ ein nicht unbedingt spannender, aber abwechslungsreicher Auftakt zu einem Zyklus mit der Aussicht auf Steigerung.

Glenda Larke stammt aus Australien und wollte schon als Kind Schriftstellerin werden. Zunächst kam jedoch eine Heirat und ein Lehrerberuf dazwischen. Bei einem längeren Aufenthalt in Wien kehrte die Lust am Schreiben zurück, seither hat die Autorin den Einzelroman „Havenstar“ sowie die Trilogien The Mirage Makers und The Isles of Glory geschrieben. „Die Wissende“ ist der erste Band der Trilogie Die Inseln des Ruhmes und das erste ihrer Bücher, das ins Deutsche übersetzt wurde. Die Autorin schreibt derzeit an ihrer neuen Trilogie Watergivers, die bisher bis Band zwei gediehen ist.

Taschenbuch: 479 Seiten
Originaltitel: The Isles of Glory 1 – The Aware
Deutsch von Susanne Gerold
ISBN-13: 978-3-442-26760-6

www.glendalarke.com
www.randomhouse.de/blanvalet

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