Leaf, David / Sharp, Ken – KISS demaskiert: Die offizielle Biographie

Biographien über KISS gibt es ja massig, man denke nur an den überteuerten Mega-Schinken „Kisstory“. Doch eine offizielle Biographie in deutscher Sprache hat es in den über 30 Jahren der Existenz dieser Band noch nicht gegeben – bis heute. David Leaf und Ken Sharp haben nun endlich nach langen Jahren einen Traum Wirklichkeit werden lassen und eines der ausführlichsten und wohl zweifelsohne besten Biographie-Werke im Bereich der Rockmusik erstellt, bei dem die beiden Autoren auf wirklich kein einziges Detail verzichten. Mit anderen Worten: Das ist wirklich die komplette Geschichte eines der größten Phänomene des gesamten Musikbusiness.

Eigentlich besteht die Idee zu diesem Buch auch schon seit nunmehr 25 Jahren, denn damals wurde David Leaf dazu beuaftragt, sich in Gesprächen mit den einzelnen Bandmitgliedern von KISS die Geschichte dieser Gruppe erzählen zu lassen. 1979 reiste Leaf daher nach Los Angeles und traf zum ersten und einzigen Mal das legendäre, maskierte Quintett und sah eine ihrer Shows. In penibler Feinarbeit würfelte er die einzelnen Storys zusammen, erstellte ein erstes Manuskript und musste ein Jahr später erfahren, dass das Buch es nicht auf den Markt schaffen würde. Die Gründe hierfür verschweigt Leaf auch heute noch, aber Fakt war und ist, dass die Stapel an Papier für lange Zeit beiseite gelegt wurden und die Biographie aus dem Gedächtnis von David Leaf verschwand.

Eines Tages traf er jedoch dann Ken Sharp, der die Manuskripte las und David dazu ermutigte, dieses Projekt doch noch zu realisieren. Das jetzt vorliegende Gesamtwerk entstand im Folgenden in einer Zusammenarbeit von Leaf, der das erste Drittel der Geschichte sehr ausführlich beleuchtet, und Sharp, der schließlich die jüngere Geschichte von KISS erzählt und dabei vor allem die Reunionspläne und ihre Durchführung schildert.

So bekommt der Leser wirklich einen ausführlichen Komplettabriss der Historie von der ersten Sekunde an bis heute vorgelegt, bei dem auch zahlreiche prominente Musiker zu Wort kommen, sowohl Liebhaber als auch Verächter. Dabei reicht die Spanne der Aussagen von Lobhuldigungen bis hin zu Anschuldigungen, aber allesamt legen sie deutlich dar, welchen Stellenwert KISS während ihrer Hochphase hatten. Sharp und Leaf haben diese Zitate aber auch wunderbar in ihre Storys eingewoben, lassen sie mitten in Interviews hineinplatzen und schaffen es so, dass die Ereignisse immer sehr schön im Zusammenhang bleiben.

„KISS demaskiert: Die offizielle Biographie“ läuft aber dennoch nicht ganz chronlogisch ab, denn zwischen den Schilderungen der wichtigsten Eckpunkte zeichnet David Leaf anfangs noch sehr umfassende Portaits der einzelnen Musiker. In weiteren Kapiteln schildert Leaf den Weg zum Erfolg und den schnellen Sturm an die Spitze, wirft die Diskussion über das zwiespältig aufgenommene „The Elders“-Album noch mal auf, beschreibt das Karrierehighlight „Alive!“ und den anschließenden Abstieg bis hin zur Phase, in der KISS ihre Masken ablegten. Dieser Teil ist insgesamt auch der interessanteste und erhält demzufolge auch mit über hundert Seiten den größten Raum im Buch. Die darauf folgenden Beschreibungen der „Creatures Of The Night“-Phase und die demaskierte Phase in der neuen Besetzung werden hingegen recht kurz abgehandelt, sprich, das von manchen Fans gar nicht erst akzeptierte Stück der KISS-Geschichte spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Von da an, wo KISS sich aber auf dem USS Intrepid Aircraft Carrier zu einer spektakulären Pressekonferenz zusammenraufen und die Reunion ankündigen, geht Sharp wieder mehr ins Detail und erklärt die Maschinerie, die hinter dem „Psycho Circus“ und der sich dahinter befindenden Tour steht.

Nach 200 überaus informativen Seiten ist die eigentliche Gechichte dann bearbeitet, und selbst Insider werden in dieser Zeit Informationen entdeckt haben, von denen sie bislang noch nichts wussten. Das Buch geht aber noch weiter, denn im letzten Drittel folgt dann der Abschnitt, der wohl eher den fanatischsten Fans vorbehalten ist. Hier geben Musiker, Bekannte, Manager, Kollegen und Pressevertreter Stimmen zu allen bisher veröffentlichten Songs ab, erzählen etwas zur Entstehungsgeschichte und zur Rolle, die die jeweiligen Kompositionen gespielt haben. Auch hier steckt eine ganze Menge Liebe zum Detail hinter der Arbeit von Ken Sharp, und man bekommt den Eindruck, dass die beiden Autoren wirklich jede einzelne Information in einem Text verarbeitet haben.

Nicht nur für KISS-Fans ist dieses Buch daher unabdinglich; eine solch ausführliche, superb inszenierte und mit derart vielen Originalkommentaren ausgestattete Biographie habe ich bislang noch nirgends gesehen oder gelesen, und zu dieser Leistung kann man den beiden Männern hinter „KISS demaskiert: Die offizielle Biographie“ nur gratulieren. Es scheint eine höhere Macht dahintergesteckt zu haben, dass David Leaf und Ken Sharp sich eines Tages begegneten und eine ganz besondere Leidenschaft teilten, so dass dieses Buchprojekt tatsächlich noch realisiert werden konnte. Ich bin schlichteg überwältigt und empfehle dieses Buch ohne jegliche Einschränkung weiter!