Katie MacAlister – Blind Date mit einem Vampir

Joy und ihre beste Freundin Roxy sind jung, hübsch und – leider – ledig. Nun ja, so ganz ledig ist Joy, die Heldin in Katie MacAlisters Romanze „Blind Date mit einem Vampir“, doch nicht. Es gibt da Bradley, der offensichtlich genauso langweilig ist wie sein Name klingt und von dem sich Joy ständig trennt, nur um ihn dann doch wieder in ihr Bett zu lassen. Roxy dagegen ist überzeugte Jungfrau und wartet auf den Richtigen. Der könnte nun aber langsam vorbeikommen, findet sie, und deswegen haben sich Joy und Roxy mit ihrer Freundin Miranda verabredet. Diese ist Hexe und hat den beiden versprochen, ihnen männertechnisch die Zukunft vorherzusagen. Glücklicherweise hat Miranda nur Gutes zu berichten: Sowohl Joy als auch Roxy werden demnächst den Mann ihres Lebens kennenlernen – und zwar während ihres Urlaubs in Tschechien.

Roxy ist nämlich Fan der Vampirromanzen von C. J. Dante, der in einem kleinen Ort in Tschechien ein zurückgezogenes Leben in einem einsamen Schloss führt. Überzeugt davon, dass Dantes Vampire tatsächlich existieren, überredet sie also die skeptische Joy, mit ihr in die tschechische Provinz zu fahren, um dort einen Vampir und am besten noch Dante aufzutreiben. Als sie am Ziel ihrer Reise ankommen, nehmen die Dinge ihren Lauf – denn im Ort findet gerade ein Gothic-Festival statt. Wo sonst sollten sich Vampire finden lassen, wenn nicht dort?

Die beiden Amerikanerinnen werden sofort von mehreren Männern umschwirrt (scheinbar ist die Auswahl an paarungswilligen gutaussehenden Frauen in Tschechien nicht so groß): Da wäre zunächst Raphael, auf den Joy sofort ein Auge wirft. Er ist für die Security auf dem Festival verantwortlich, großgewachsen (durchaus wichtig, da Joy selbst eine ziemliche Hünin ist), hat bernsteinfarbene Augen und ist reichlich gut ausgestattet (was Joy allerdings erst sehr viel später feststellen wird). Außerdem gibt es da noch Christian, den sympatischen Kumpel-Typ, der mehr von Joy will, als diese zu geben bereit ist. Und zu guter Letzt ist noch das fleischgewordene Vampirklischee Dominic im Angebot: Der Chef des Festivals trägt falsche Zähne, schwarze Capes und beschleimt Joy ständig, dass sie die Dame seines Herzens sei.

Das wiederum findet seine Im-Moment-Freundin Tanya gar nicht lustig. Wo sie kann, stellt sie sich Joy in den Weg, wünscht ihr die Pest an den Hals und überschüttet sie mit abgestandenem Wasser. Schlecht nur, dass Tanya bald tot aufgefunden wird. Die örtliche Polizei ermittelt in alle Richtungen, doch Joy erscheint ihnen verdächtig. Genauso wie Raphael, der früher schon mit dem Gesetz aneinandergeraten ist. Was für ein Geheimnis trägt er also mit sich herum? Wie können Joy und Roxy den eigentlichen Mörder finden? Und welcher von den ganzen Männern ist nun eigentlich ein Vampir?

Um es gleich vorneweg zu sagen: Katie MacAlisters Roman „Blind Date mit einem Vampir“ ist nur etwas für romantisch veranlagte Frauen, die mal so richtig dahinschmelzen wollen und denen es auch nichts ausmacht, dabei jedes erdenkliche Klischee genüsslich mitzunehmen. „Blind Date mit einem Vampir“ ist Chicklit mit Vampireinschlag, „Sex and the City“ mit leicht übernatürlichem Touch; kurzum ein völlig anspruchsloser Roman für den Sommerurlaub mit den besten Freundinnen, während man sich am heißen Strand das Gehirn wegbrutzelt.

MacAlisters Charaktere sind allesamt Klischees auf Beinen. Roxy und Joy sind Vertreterinnen einer Art von Frau, wie sie ein Großteil der weiblichen Bevölkerung wohl heute amüsant findet. Sie sind überspannte, neurotische Großstadtzicken, die ständig reden, ohne etwas zu sagen. Ihre ununterbrochenen Dialoge sind inhaltsfrei und von MacAlister gezwungen lustig heruntergeschrieben. Schon nach zehn Seiten geht einem die Puste aus und man hofft, das ewige Geschnatter würde einfach mal aufhören. Interessanterweise begegnen die männlichen Charaktere dem endlosen Gerede mit einer Gemütsruhe, die noch kein Mann in der Geschichte der Menschheit jemals einer dummschwatzenden Frau entgegengebracht hat.

Besonders Roxy ist schwer zu ertragen und man fragt sich zwangsläufig, was sie dazu prädestiniert, Joys beste Freundin zu sein. Sie ist allein dazu da, Joy in peinliche Situationen zu bringen oder Dinge auszuplaudern, die sie besser für sich behalten hätte. In Gegenwart eines Mannes sagt sie beispielsweise über Joy: „Sie hat einmal vierzehnmal hintereinander geniest. Dabei hat sie sich in die Hose gemacht.“ Eine beste Freundin, die vor praktisch Fremden solche Sachen ausplaudert, wünscht sich doch jede Frau, oder? Immerhin ist Joy schon so an Roxys Ausbrüche gewöhnt, dass sie sie nur noch kommentiert, wenn sie wirklich apokalyptische Ausmaße annehmen. Ärgerlich ist Roxys aufdringliches Gehabe in jedem Fall, und zwar nicht zuletzt für den Leser.

Auch Joy ist leider nicht viel besser. Sie ist derjenige Charakter, mit dem die Leserin mitschmachten darf und mit ihr bedient MacAlister ein reaktionäres Frauenbild, das jeder selbstbewussten Frau die Blaustrümpfe auszieht. Joy will natürlich alles: Sie will den dominanten, männlichen, toughen, gutaussehenden Typ mit Bildung und Intelligenz. Er kann gepflegte Konversation betreiben, sich für die Geliebte prügeln und sie im Bett so richtig rannehmen. Gleichzeitig muss er aber einsehen können, dass er ohne seine Auserwählte praktisch ein unwürdiges Nichts ist und nur sie ihn komplettiert, erhebt und letztlich zum Mann macht. Das ist natürlich alles total abwegig, aber offensichtlich nicht abwegig genug für Katie MacAlister. Denn in Raphael schreibt sie der sehnenden Joy den überirdisch perfekten Mann praktisch auf den Leib. Zwar wehrt sich Raphael anfangs ein wenig gegen die Tatsache, dass Joy mit ihren abstrusen Plänen und Vorschlägen irgendwie erfolgreich sein könnte, doch ergibt er sich schlussendlich mit einem tiefen Seufzer in die Tatsache, dass Joy nie die Klappe halten und sich einfach mal seiner größeren Intelligenz beugen wird. Also Ende gut, alles gut?

„Blind Date mit einem Vampir“ ist ein Genre-Mix. Da gibt es ein bisschen Mystery, denn im Laufe der Handlung wird tatsächlich noch ein echter Vampir auftauchen. Außerdem fügt MacAlister noch einen ziemlich durchschaubaren Krimiplot hinzu, dessen Höhepunkt sie so klamottig auflöst, dass sie ihre „Bösewichte“ endgültig der Lächerlichkeit preisgibt. Und dann gibt es natürlich noch einen gehörigen Schuss Romantik und Erotik, schließlich ist „Blind Date mit einem Vampir“ ein Liebesroman. Und da darf es durchaus auch explizit werden. Schließlich hatte Miranda Joy am Anfang einen Traummann mit beeindruckendem Gemächt versprochen. Da ist es nur legitim, dass Joy dieses wichtige Equipment auch ausgiebig testet – und mal ehrlich, nur für diese Szenen liest man doch einen Roman wie „Blind Date mit einem Vampir“.

Katie MacAlister schreibt Fließbandromane für Schnulzenfans – die Tatsache, dass sie in den sechs Jahren seit ihrem Debüt „Noble Intentions“ dreißig Romane (!) veröffentlicht hat, spricht wohl für sich. Auch die Geschichte um Joy und ihren Vampir geht weiter: In den USA wird noch in diesem Jahr der siebte Teil erscheinen – ein Ende ist noch nicht abzusehen. Wer auf gehaltvolle Unterhaltung setzt, wer interessante und originelle Charaktere will, wer auf eine spannende und überraschende Handlung hofft, der sollte sich ein anderes Buch suchen. „Blind Date mit einem Vampir“ ist fluffig leichte Kost, bei der man getrost beide Gehirnhälften abschalten kann. Strandlektüre eben.

Taschenbuch: 480 Seiten
www.katiemacalister.com
www.egmont-lyx.de