Susanna Clarke – Piranesi

Ein riesiges Gebäude, in dem sich endlos Räume aneinanderreihen, verbunden durch ein Labyrinth aus Korridoren und Treppen. An den Wänden stehen Tausende Statuen, das Erdgeschoss besteht aus einem Ozean, bei Flut donnern die Wellen die Treppenhäuser hinauf. In diesem Gebäude lebt Piranesi. Er hat sein Leben der Erforschung des Hauses gewidmet. Und je weiter er sich in die Zimmerfluchten vorwagt, desto näher kommt er der Wahrheit – der Wahrheit über die Welt jenseits des Gebäudes. Und der Wahrheit über sich selbst.
(Verlagsinfo)

Susanna Clarke wurde am 1. November 1959 in Nottingham geboren und verbrachte ihre Kindheit in Nordengland und Schottland. 1981 machte sie ihren Abschluss in Philosophie, Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften am St. Hilda’s College in Oxford und arbeitete danach acht Jahre lang in der Verlagsbranche, ehe sie als Lehrerin nach Turin und Bilbao ging. 1992 kehrte sie nach England zurück und begann mit dem Schreiben. Ihr Debütroman »Jonathan Strange & Mr. Norrell« erschien 2004, wurde für den Man Booker Prize nominiert und mit dem Hugo Gernsback Award, dem British Book Awards Newcomer of the Year, dem Locus Award for Best First Novel und dem World Fantasy Award ausgezeichnet. Er stand elf Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times und wurde 2015 von der BBC als Fernsehserie adaptiert. 2020 erschien ihr zweiter Roman »Piranesi« im Blessing Verlag. Susanna Clarke lebt mit ihrem Partner, dem Schriftsteller Colin Greenland, in Derbyshire.
(Verlagsinfo)

Piranesi, der Ich-Erzähler der Geschichte, erwacht wie jeden Tag in dem Haus. Er bricht auf, um den Anderen zu treffen, wie jeden Dienstag. Und während er die Säle des Hauses durchquert, lässt er uns Lesende teilhaben an seinen Eindrücken und später an seinen Erinnerungen. So entsteht im Lauf der Lektüre ein Bild von diesem Haus, diesem untypischen Handlungsort, in dessen unteren Geschossen das Meer brandet und dessen Wände gesäumt sind von Statuen aller vorstellbaren Gebärden, die eine andere Geschichte erzählen. Dies wiederum wird Piranesi am Ende des Buches klar, denn er lebt hier in seine Welt, in seinen Tag hinein und findet nun immer wieder Hinweise auf Dinge, die ihm entfallen sind und die ein ganz anderes Licht auf seine Anwesenheit hier und die Gründe dafür werfen. Und so verdichtet sich die Geschichte um die aktuellen Erlebnisse und die Erinnerungslücken, bis sich schließlich ein phantastisches Gesamtbild ergibt.

Es klingt wie eine Stilübung, als hätte Clarke versucht, aus einem sehr beschränkt wirkenden Setting alles, was möglich ist, herauszukitzeln und mit stilistischen Techniken das Setting doch zu sprengen, um einen größeren Hintergrund einzubinden. Dabei bewegt sich Piranesi Tag für Tag sehr entschleunigt durch die Seiten. Was hier berichtend arg belanglos klingt, erwacht in Clarkes Sprache zum Leben. Es ist während der Lektüre ein wiederkehrender Eindruck von Bewunderung dieser Kunst, die uns Lesende so bindet, dass wir trotz der langsamen Entwicklung der Handlung stets interessiert weiterlesen und zu entschlüsseln suchen, wohin diese Reise uns führen mag.

Am Ende zeigt Clarke, dass es der Mensch ist, mit dessen vielfältigen Eigenarten sich alle Probleme entwickeln und steigern und schließlich eskalieren. Probleme, entstanden aus Habsucht, Geltungssucht oder Eifersucht … Die anfangs so absurd erscheinende, phantastische Einrichtung der Geschichte bietet ihr eine besondere Grundlage für eine Studie der Menschlichkeit.

Taschenbuchausgabe, 272 Seiten
ISBN 9783453321984
9. Mai 2022
Originaltitel:
Piranesi / ПОСТ
Deutsch von Astrid Finke
Das Buch beim Verlag
Hier bietet der Verlag eine Leseprobe an.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License