Thomas Thiemeyer – Devil’s River

Die Handlung:

Es bedarf eines Ungeheuers, um ein Ungeheuer zu töten…

Kanada, 1878. River, eine junge Frau vom Stamm der Ojibwe, muss miterleben, wie ihr Dorf von etwas heimgesucht wird, das kein Mensch sein kann. Die Hütten von einer gewaltigen Kraft zerstört, Männer und Frauen grausam ermordet, scheint eine uralte Legende zum Leben erwacht zu sein. River schwört Rache – und verbündet sich mit einem gesuchten Mörder.

England, 2015. Durch den Tod ihrer Großmutter aufgerüttelt, begibt sich die Studentin Eve auf die Spur eines Familiengeheimnisses, das in der kanadischen Wildnis wurzelt… (Verlagsinfo)

Mein Einruck:

Devil’s River beginnt mit einem kurzen Einstieg im London der Gegenwart. Die junge Studentin Eve ist traurig über den Verlust ihrer geliebten Großmutter Lizzy. Die Eröffnung deren Testaments wird für Eve zur Überraschung: sie soll das Haus der Oma erben und erhält von ihr außerdem eine letzte Botschaft in einem Brief. Zunächst begleitet von ihrer Studienkollegin und Freundin Rita beginnt Eve „ihr“ Haus in Augenschein zu nehmen. Auf dem Dachboden finden die Beiden schließlich eine verschlossene Truhe, die viele alte Dokumente enthält.

Gemäß Lizzys letztem Wunsch beginnt Eve mit der Lektüre und schon bald taucht der Leser mit ihr gemeinsam in eine Geschichte im fernen Kanada im Jahr 1878 ein. Ein Mann mit dem Namen Nathan Blake treibt dort sein Unwesen und ist nach mehreren Morden auf der Flucht vor einer kleinen Gruppe Männer, darunter ein Sheriff und sein Deputy sowie ein Ehemann, dessen Frau Blake zum Opfer gefallen ist. In einem weiteren Handlungsstrang im Jahr 1878 in Kanada bringt Thiemeyer die junge River ins Spiel: Eine Weiße, die im Stamm der Ojibwe aufwuchs und dort die Rolle der Heilerin innehat. Als River nach ein paar Tagen des Kräuter sammelns in ihr Dorf zurückkehrt, macht sie eine grausige Entdeckung: Die Bewohner des Dorfes wurden überfallen und sind zum Teil übel zugerichtet. Die hinterlassenen Spuren lassen den Schluss zu, dass hier nicht etwa ein fremder Stamm oder ein wildes Tier am Werk war, sondern gewaltige und scheinbar übernatürliche Kräfte.

Ein Dämon, vor langer Zeit durch einen Fluch aktiviert, beherrscht den Berg und wird weiter töten, wenn keiner ihn stoppt. In ihrer Verzweiflung trifft River auf Nathan Blake, der inzwischen von seinen Verfolgern gefangen genommen wurde und sie vertraut sich den Männern an, in der Hoffnung, Unterstützung von Ihnen zu erhalten. Diese sind zwar hilfsbereit, jedoch aufgrund der mysteriösen Umstände eher skeptisch. Während sie noch zögern, ob sie dem Mädchen helfen sollen, entscheidet dieses auf eigene Faust, den Weg gemeinsam mit dem gefährlichen Blake einzuschlagen. Sie befreit ihn heimlich und die Beiden machen sich auf, um das Ungeheuer auf dem Berg aufzuspüren, natürlich wiederum verfolgt von Blakes Widersachern. Die Geschichte in der Geschichte ist dabei sehr spannend und anschaulich geschrieben. Es gibt lediglich einige kleinere Unterbrechungen, die an die Studentin Eve in London erinnern, die ihrerseits in die Geschichte vertieft ist. Auf der gemeinsamen Reise beginnt River, den gefährlichen Blake kennenzulernen und immer besser einzuschätzen: natürlich verbirgt sich hinter dem drogensüchtigen Mörder ein Mensch mit einer ganz eigenen Vorgeschichte. Aber auch Rivers Leben wird während der Reise zum Thema, schließlich war nie klar, wo sie die ersten acht Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Im letzten Drittel des Romans überschlagen sich die Ereignisse und es bleibt spannend bis zum Schluss. Der Autor würzt das Abenteuer gar noch mit einer Prise Romantik und einem gehörigen Gruselfaktor, ehe er mit einem furiosen Finale die Geschichte in Kanada zu Ende erzählt. Gleichzeitig knüpft hier wieder Eve in London an, die mit der Lektüre der Aufzeichnungen ihrer Großmutter fertig ist und nunmehr ihre eigenen Schlüsse daraus zieht.

Mein Fazit:

Eine „Geschichte in der Geschichte“ zu erzählen wird oft und gerne in Filmen gewählt, um verschiedene (zeitliche) Ebenen zu erschaffen. Thiemeyer benutzt diese Methode in seinem Thriller „Devil’s River“, indem er eine aktuelle Handlung als Rahmen wählt und zwischendrin abtaucht in eine Geschichte der Vergangenheit. Die Idee dazu ist prima, leider ist die Rahmenhandlung hier jedoch ziemlich farblos und wirkt aufgesetzt. Der Autor bedient sich hier einiger sehr gewöhnlicher Klischees, die nicht unbedingt überzeugen können.

Die Szene mit der geheimnisvollen Truhe auf dem Dachboden des alten Hauses ließ mich prompt an den Film „Die Chroniken von Narnia“ denken. Sicherlich schwierig, hier eine angemessen mystische Stimmung zu schaffen, ohne aber ins Lächerliche abzudriften. Die Geschichte, die der Leser dann gemeinsam mit der Protagonistin der Rahmenhandlung liest, ist gut, spannend und anschaulich erzählt. Da sie im Jahre 1878 in Kanada spielt, hat sie natürlich etwas von einem Western. Auch die einfließenden historischen Momente, wie etwa die Kriege in den Südstaaten, scheinen schlüssig recherchiert und sind genauso interessant zu lesen wie die Details über indianische Lebensweisen. Ein wenig Empfänglichkeit für Mythen, Flüche und Zaubereien sollte der Leser dennoch mitbringen, denn das sind die Hauptbestandteile dieses spannenden Abenteuers, in dem die Protagonisten Nathan Blake und River alias Emily Griffin gut und ausführlich charakterisiert werden. Die Ausarbeitung des Charakters der jungen Studentin Eve hingegen gelingt nur mäßig und hat mich eher nicht überzeugt, wobei die Idee mit der Familiengeschichte eigentlich viel Potenzial in sich trägt.

Broschiert: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3426517154

www.droemer-knaur.de

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