Kemp, Paul S. – Auferstehung (Der Krieg der Spinnenkönigin 6)

Mit „Auferstehung“ schließt Paul Kemp anstelle des ursprünglich geplanten Autors Mel Odom die sechsteilige AD&D-Serie „Der Krieg der Spinnenkönigin“ ab. Er und fünf weitere Jungautoren erzählten die Geschichte um das Verschwinden der Drow-Göttin Lolth und die Suche einer in sich zerstrittenen Gruppe Drow mit keineswegs uneigennützigen Motiven. AD&D-Starautor R. A. Salvatore selbst begnügte sich mit der Rolle als Schirmherr und konzentrierte sich stattdessen auf die Fortsetzung der Abenteuer des beliebten Dunkelelfen Drizzt Do’Urden (Die Rückkehr des Dunkelelf, Band 1: [Die Invasion der Orks). 476

Bis in den Abgrund der Dämonennetze hat es die Gruppe um die Lolth-Hohepriesterin Quenthel, den Draegloth Jeggred, den Magier Pharaun und die ehemalige Leibsklavin Halisstras, Danifae, bereits gebracht. Den Waffenmeister Ryld Argith hat bereits sein Schicksal ereilt, der Söldner Valas Hune hat sich nach Menzoberranzan abgesetzt, wo der Erzmagier Gromph bereits seinen Sieg über die Verräter aus dem Haus Agrach Dyrr feiert. Halisstra dagegen hat sich von Lolth abgewandt und dient nun Eilistraee, in deren Auftrag sie Lolth töten und Ryld rächen will.

Doch Zweifel plagen sie. Die Macht Lolths ist groß, und Eilistraee hilft ihr nicht wirklich. Zudem hört sie den Ruf Lolths, die nach ihrer Yor’thae – Auserwählten – ruft. Auch Danifae und Quenthel hören ihn, und obwohl Quenthel eine der höchsten Priesterinnen Lolths ist, scheint Danifae ebenfalls hoch in ihrer Gunst zu stehen … Wen wird Lolth erwählen?

Paul Kemp setzt drei Schwerpunkte in „Auferstehung“: Der Zwist zwischen den Drowfrauen und die Zweifel Halisstras treiben sie durch viele Kämpfe und Prüfungen bis hin zu Lolth selbst. Dieser Teil der Geschichte ist besonders gut gelungen, denn es ist wirklich bis zum letzten Satz nicht abzusehen, wen Lolth nun letztlich erwählt. Geschickt lockt Kemp den Leser auf falsche Fährten und regt zum Spekulieren an

In Menzoberranzan stellt er den Erzmagier Gromph hervorragend dar und lässt sich viel mehr einfallen als seine Vorgänger, die ihn hauptsächlich mit Kampfzaubern um sich werfen ließen. Er bindet Gromphs Assistenten in die Handlung ein und schildert höchst unterhaltsam, wie der Magier mit List und Tücke in den Stammsitz des Hauses Dyrr eindringt, um das Seelengefäß des Lich endgültig zu zerstören.

Einzig der Auftritt des Ultrolothen Inthracis schwächelt. Er und die Yugolothen der Blutkluft sind nicht gerade die bekannteste Gruppierung in den Vergessenen Reichen, hier macht sich ein wenig der Zwang der Reihe bemerkbar, wirklich jedes Monster zumindest einmal erwähnt haben zu müssen. Hier ist der einzige Zweck, Quenthel und Danifae auf den Weg zu Lolth eine Armee Yugolothen in den Weg zu stellen – was diese dazu bringen wird, einige noch mächtigere Dämonen zu beschwören, womit wirklich jeder Unhold in dieser Serie vertreten gewesen sein dürfte.

Paul Kemp ist von allen sechs Autoren der Reihe als letzter naturgemäß der mit den meisten zu erfüllenden Vorgaben. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern achtete er auf konsequente Charakterisierung seiner Figuren. So ändert sich der Charakter Quenthels oder Pharauns nicht so drastisch wie bei einigen seiner Vorgänger, was man ihm hoch anrechnen muss. Allerdings liegt seine Stärke weniger in der Charakterisierung oder Hervorhebung eines einzelnen Charakters, er versteht es vielmehr blendend zu unterhalten. Er wechselt oft geschickt den Handlungsort und die Perspektive, spielt vor allem sehr gekonnt mit der brennenden Frage, wer Lolths Yor’thae sein wird. So liest sich „Auferstehung“ kurzweiliger und spannender als manche zu AD&D-regelwerksgetreuen Kampforgien ausgeartete Romane der Reihe.

_Fazit:_

Ein würdiges Finale für den „Krieg der Spinnenkönigin“. Paul Kemp und Richard Lee Byers konnten mich besonders überzeugen, sie können sich durchaus mit Salvatore messen, ohne so verbraucht wie der Altmeister zu wirken. Ideenreich und voller Elan präsentierten sie ihre Geschichten, wobei Byers der Kreativere war, Kemp kann dagegen mit einem wirklich großartigen Finale punkten – etwas, an dem selbst Salvatore oft gescheitert ist. Es ist nicht bekannt, warum der ursprünglich geplante Autor Mel Odom sich aus dem Projekt zurückgezogen hat, allerdings hat sich Paul Kemp als glücklicher Ersatz herausgestellt. Denn Odom hat sich in seiner bisherigen Karriere eher als Autor mit Abschlussschwäche erwiesen, mir persönlich sagt Kemps Schreibstil zudem wesentlich mehr zu.

Die wunderschöne Umschlaggestaltung wurde von |Feder & Schwert| direkt vom englischen Original übernommen, für die ausgezeichnete Übersetzung zeichnete erneut Ralph Sander verantwortlich. Lektorat und Korrektorat verdienen ebenfalls ein Lob, der „Krieg der Spinnenkönigin“ ist qualitativ sicher die beste AD&D-Serie in deutscher Ausgabe.

Für Kenner der Vergessenen Reiche und Freunde der Dunkelelfen gehört der „Krieg der Spinnenkönigin“ einfach zum Pflichtprogramm.

Weitere Besprechungen aus dieser Reihe bei |Buchwurm.info|:
[Zersetzung 183 (Band 1)
[Zerstörung 677 (Band 4)
[Verheerung 1113 (Band 5)

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