Thomas Thiemeyer – Valhalla

Die Handlung:

2015. Spitzbergen – der nördlichste Siedlungspunkt der Menschheit. Eine Welt aus Eis und Schnee, überschattet von vier Monaten Polarnacht. Dort plant Archäologin Hannah Peters, geheimnisvolle Strukturen unter dem arktischen Eis zu untersuchen: Das Abschmelzen der Gletscher hat mutmaßlich Fundamente eines mythischen Nordreiches zutage gefördert. Doch Hannah ist nicht die Erste, die diese Ruinen erkundet …
1944. Im annektierten Norwegen, fernab jeder Siedlung, reift ein Projekt, das grauenvoller ist als alles, was Menschen je ersonnen haben. Eine biologische Zeitbombe, verborgen unter dem ewigen Eis. Ihr Codename: Valhalla.(Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Hallo Frau Peters, lange nicht gesehen! Na ja, geht so … 2004 haben wir die Archäologin in Thiemeyers Roman MEDUSA in der Sahara kennengelernt und unsere Beziehung zu ihr 2009 auf der Himmelsscheibe von NEBRA vertiefen können. Immer im gleichbleibenden Abstand folgen wir der Wissenschaftlerin also auf ihren Indy-Jones-Gedächtnis-Ausflügen, auch wenn der Autor Vergleiche mit dem Peitschenknaller und auch mit der Videospielfigur Lara Croft von sich weist. Klar, das macht jeder Autor, dennoch muss er sich und seine Arbeit vergleichen lassen, weil er in einem Genre schreibt, das durchaus faszinierend ist, aber eben schon vielfach beackert wurde. Und so macht er sich zwar über das Tomb-Raider-Franchise lustig und findet es „albern“, nur um kurz darauf die Protagonistin eine extrem klischeehafte Sex-Szene erleben zu lassen, nachdem sie mit ihrem Partner über „vorzeitlichen Gangbang“ geredet hat. Wie war das im Mittelteil .. mit „albern“? So beginnt also im Jahr 2014 zusammen mit den beiden unser 10-Jähriges … na dann Prost.

Auch die Rückblicke zu den „Himmelherrgott“-Nazis ist für meinen Geschmack zu reißerisch aufgemacht und sicher super in einem B- oder C-Movie aufgehoben, wo alles überzogen ist … das Ganze fühlt sich sehr inszeniert an. Hab ich erwähnt, dass auch hier wieder Klischees bedient und zigmal erlebte Filmszenen abgespult werden?

Passend dazu deuten die Verlagsinfos auf eine bunte Mischung aus altbekannten und derzeit populären und vollkommen ausgenudelten Motiven hin wie Endzeit, Apokalypse, Zombies, „oh mein Gott, ein Virus wird die ganze Menschheit auslöschen“ und geheime Nazi-Wissenschaftler, damit man immer sofort sieht, wer hier die Bösen sind. Wenn jetzt noch ein hübscher Schnösel dazu kommt und eine unterwürfige Frau auspeitscht, dann hätten wir fast alle aktuellen Klischees zusammen in einem Roman, wobei, die unnötige Sex-Szene am Anfang für mich diese Lücke eigentlich gefüllt hat. Und das war nicht die einzige dieser Art, es wird noch profaner, auch vom Vokabular her, denn nicht nur Hannah hat ihren Spaß, auch andere bekommen ihren „Schwanz“ bearbeitet.

Nun analysieren wir aber erstmal wissenschaftlich den Titel. Valhalla … wikipedia sagt, dass dies der Name eines Vulkans ist, was wiederum nicht so ganz zum Klappentext passen würde. Wenn die Partymeile der toten nordischen Krieger gemeint wäre, dann müsste der Titel entweder eingedeutscht WALHALL heißen oder im Original VALHÖLL … passt also auch beides nicht. Eingeenglischt aber heißt die Stätte tatsächlich VALHALLA. Eiskalt beabsichtigte Irreführung oder frostig cooles Hipster-Kalkül?

Wir werden es herausfinden. Frau Peters, bitte übernehmen Sie … aber ziehen sie sich bitte vorher etwas an, nachdem sie da fertig sind. Zwischendurch gibts als Auflockerung gern mal ein komplettes Kapitel über einen Eisbären. Zwar erspart uns der Autor eine ewig lange Anreise ins Land des ewigen Frosts, dehnt aber die unerwartete Schwangerschaft der Protagonistin unnötig und zu lange aus. Die wird zwar im Epilog noch mal aufgegriffen und hat schon etwas mit ihrer Gesamtsituation zu tun, aber auch das ist ziemlich abgegriffen gewesen.

Thomas Thiemeyer schickt uns rund um die Welt, stellt uns verschiedene Interessengruppen vor, von denen die einen gern das mythologisch im Norden vermutete Land HYPERBOREA entdecken und andere einfach nur die Nazi-Forschungsstation mit dem dort vermuteten Killervirus finden wollen. Warum alle so ziemlich gleichzeitig loslegen, obwohl die alten Landkarten schon einige Tausend Jahre auf dem Buckel haben? Vermutlich benutzen alle die gleichen Satelliten und alle die gleichen Karten und das alles zur gleichen Zeit. Dass es am Ende nicht nur deshalb zu einem großen Knall kommen wird, das ist dem Leser von Anfang an klar.

Der Autor:

Thomas Thiemeyer, geboren 1963, studierte Geologie und Geographie, ehe er sich selbständig machte und eine Laufbahn als Autor und Illustrator einschlug. Mit seinen Wissenschaftsthrillern und Jugendbuchzyklen, die etliche Preise gewannen, sich über eine halbe Million Mal verkauften und in dreizehn Sprachen übersetzt wurden, ist er mittlerweile eine feste Größe in der deutschen Spannungsliteratur. „Valhalla“ ist nach „Medusa“ und „Nebra“ der dritte Roman um die Archäologin Hannah Peters. Der Autor lebt mit seiner Familie in Stuttgart. (Verlagsinfo)

Mein Fazit:

Wem die Verlagsinfo gefallen hat, der wird dieses Buch mögen. Es bedient so ziemlich jedes Klischee und versucht so viele Reißerthemen wie möglich zu vereinen. Verschollene Städte? Geheime Nazi-Forschungen? Russen als Bösewichte? „Das Ding aus einer anderen Welt“? Bitte sehr.

Wirklich alles in diesem Roman ist mehrfach und schon viel zu oft im Kino, Fernsehen und unzähligen Büchern angefasst und durchgenudelt worden. Ein Killervirus bedroht die Menschheit .. huuuuuh .. wenn der man bloß nicht in die falschen Hände gerät (welche das auch immer sind, liegt im Auge des Betrachters). Der Autor hat sich jeder Idee gewidmet, die jemals erfolgreich verarbeitet wurde … das Problem, dass man daraus dann schwer etwas Eigenes und vor allem Neues und authentisch Spannendes schaffen kann, hat er leider nicht bewältigen können. Alles fühlt sich trotz aller Action und grafischer Beschreibungen sehr steril und konstruiert an.

Dennoch gibt es sicher auch Freunde, die VALHALLA finden kann. Vor allem wer Hannah Peters schon auf den vergangenen Abenteuern gern begleitet hat (und die werden hier mehrfach als Eigenwerbung erwähnt) und vor allem die Schreibe des Autors mag, der wird sicher gut unterhalten werden. Meins war es nicht. Überzogen, übertrieben, konstruiert und das Ende … na ja … es passt alles zusammen, insofern ist es ein sich treu bleibender, runder Roman.

Für mich bleibt nach VALHALLA der Nachgeschmack eines B-Movies, obwohl ich einen Hollywood-A-Movie versprochen bekam.

Gebundene Ausgabe: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3426652657

www.droemer-knaur.de

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