von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Pilgrim 2000 (Weltraumpartisanen – Band 16)

_Mark Brandis bei |Buchwurm.info|:_

Band 01: [„Bordbuch Delta VII“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 02: [„Verrat auf der Venus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 03: [„Unternehmen Delphin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 04: [„Aufstand der Roboter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 05: [„Vorstoß zum Uranus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630
Band 06: [„Die Vollstrecker“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6636
Band 07: [„Testakte Kolibri“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 08: [„Raumsonde Epsilon“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6781
Band 09: [„Salomon 76“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 10: [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6801
Band 11: [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6802
Band 12: [„Alarm für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6882
Band 13: [„Countdown für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6908
Band 14: [„Kurier zum Mars“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6938
Band 15: [„Die lautlose Bombe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6962
_Band 16: „PILGRIM 2000″_

Es war eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien der Siebziger- und Achtzigerjahre. Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) alias „Mark Brandis“ schuf mit dem gleichnamigen Titelhelden, welcher quasi seine Memoiren in der Ich-Form präsentiert, einen wahren Klassiker. Zwischen 1970 und 1987 brachte er es immerhin auf 31 Bände, wobei die originalen Hardcover des |Herder|-Verlages nur noch antiquarisch, und – zumindest die Erstauflage – zu teils horrenden Preisen, zu bekommen waren bzw. sind. |Bertelsmann| scheiterte beim Versuch, sie als doppelbändige Taschenbuchausgaben über den hauseigenen Buchclub wieder zu etablieren. Bis zum Jahr 2000 senkte sich allmählich immer mehr Vergessen über die „Weltraumpartisanen“.

Ausgerechnet in seinem Todesjahr startete NvM den letzten Versuch der Wiederbelebung und Neuausrichtung seiner Figur, kam aber über einen einzigen – wenig beachteten und noch weniger geliebten – Band („Ambivalente Zone“) nicht mehr hinaus. Erst weitere acht Jahre später nahm sich der |Wurdack|-Verlag der Original-Serie noch einmal, mit der ihr gebührenden Ernsthaftigkeit, an und legte sie komplett neu auf: Jedes Quartal erscheinen seither zwei Bände als broschierte Sammlerausgaben für je 12 Euro. Dabei wurde der Inhalt (sogar die alte Rechtschreibung) unangetastet gelassen, das äußere Erscheinungsbild jedoch deutlich modernisiert und gelegentlich einige Randbeiträge eingebaut.

_Vorgeschichte_

Der Weltraum unseres Sol-Systems wird bereist und die nächsten Himmelskörper sind auch bereits kolonisiert. Die Zeiten einzelner Nationalstaaten sind lange vorbei. Nur zwei große Machtblöcke belauern sich auf dem Mutterplaneten Erde noch: Die Union Europas, Afrikas und Amerikas (EAAU) und die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR). Commander Mark Brandis, unfreiwilliger Bürgerkriegsheld (Band 1 – 4) und – seit dessen Ende – endlich wieder als Cheftester in der zivilen Institution VEGA (Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik) tätig, hat in den Folgejahren schon so manchen heiklen Job im Dienste der Erde übernommen. Dabei ficht der deutschstämmige Kosmopolit und -pilot vehement für Humanität, Gerechtigkeit, Demokratie und gegen Militar- sowie Rassismus. Kurzum: Eine bessere und friedlichere Welt.

_Zur Story_

Ein kosmische Explosion schleudert den VEGA-Prototypen |Kronos| von Mark Brandis und seiner erfahrenen Crew vom Kurs: in einen Raumsektor des Sol-Systems, welcher berechtigterweise als „JWD“ bezeichnet werden kann – nämlich „Janz Weit Draußen“. Zu allem Überfluss hat dieses galaktische Phänomen die Besatzung auch gesundheitlich teils arg mitgenommen. Abseits beflogener Routen ist man auf sich allein gestellt und im Sonnenschatten befindlich ist auch keinerlei Funkverbindung in die Heimat möglich. So bleibt nur der beschwerliche Weg des langsamen, etwa zwei Monate länger als geplant dauernden Heimfluges, bis die Zivilisation sie wieder hat. Plötzlich gerät ein riesiges Objekt auf Radarschirme der Kronos. Ein irrläufiger Asteroid, ein „Quick Running Object“ also, wie weiland der „QRO Helin“ (vgl. „Countdown für die Erde“)?

Nein, Brandis und Co. haben offensichtlich etwas viel geheimnisvolleres entdeckt. Ein fast hundert Jahre altes Raumschiff gigantischen Ausmaßes, welches 1991 im Angesicht des drohenden 3. Weltkriegs hastig zu den Sternen aufbrach. An Bord zehntausend enthusiastische Siedler, die nach alte Pilgerväter-Sitte die Erde und all ihre Schlechtigkeit hinter sich zu lassen gedachten, um anderswo eine bessere Welt zu finden bzw. eine friedvolle Zukunft aufzubauen. Die PILGRIM 2000 wurde als künstliches Paradies konzipiert. Felder, Wälder, Seen und ganze Städte fanden in ihr Platz. Sie verschwand allerdings kurz darauf spurlos in den Weiten des Alls und geriet allmählich in Vergessenheit. Bis jetzt. Nun im April des Jahres 2080 schickt sich die Kronos tatsächlich an dem 52 Kilometer langen und fast 10 Kilometer durchmessenden, verschollenen Leviathan anzudocken.

Stumm nimmt das alte Schiff – oder vielmehr Station – ihre Ankunft hin. Auf Funksprüche antwortete man bislang nicht. Die Landeplattform und die Schleusenanlage präsentieren sich ebenso verlassen wie verwahrlost. Lifte und andere Aggregate haben keinen Strom. Dennoch gelingt es sich Zutritt zum Inneren der Station zu verschaffen – auch hier bietet sich ein Bild des Verfalls. Die ehemals gepflegten Parks, Straßen und andere Infrastruktur zeigen sich von Korrosion gezeichnet, der dschungelgleichen Vegetation überwuchert – aber prinzipiell intakt. Die aus Reaktoren gespeiste Atmosphärenaufbereitung funktioniert ebenfalls weiterhin tadellos. Es ist jedoch gespenstisch menschenleer, grade so als wären die Siedler mitten aus ihrem Alltag einfach verschwunden, wie eine Überprüfung einiger Gebäude ergibt. Als sich jedoch ein primitiver Pfeil in Grischa Romens Schulter bohrt, wird klar, dass man wohl doch nicht so allein ist.

_Eindrücke_

Neues Schiff – alte Crew. Fast zumindest. Lt. Israel Levy ersetzt den beim Kampf gegen die FLOBs (vgl. „Kurier zum Mars“) gefallenen Antoine Mercier. Ein neues Gesicht an der Position des Funkoffiziers. Sonst gibt es keine personellen Veränderungen, was die etablierten Figuren angeht, ist man auf der bekannt-sicheren Seite. Das Schiff selbst ist natürlich mal wieder ein brandneuer, leistungsfähiger Vorserientyp, den die Test-Crew „einreiten“ soll. Die |Kronos| bleibt allerdings im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen ein blasser, ja für Brandis-Verhältnisse fast schon geradezu unpersönlicher Raumer, dem NvM mal nicht mit glühenden Worten herausragende Beschleunigung, Panzerung oder mögliche Bewaffnung andichtet. Es ist ein reibungslos funktionierendes Transportmittel modernster Bauart. Punkt. Was insofern von Vorteil ist, dass sich NvM diesbezüglich ausnahmsweise mal nicht auf wissenschaftliches Glatteis begibt.

Dieses bei allen seinen Romanen leidige Thema trifft der Leser aber an Bord der |Pilgrim| dafür wieder an. Wenn auch diesmal nicht ganz so störend. Nichteingeweihte sollten wissen, dass der multitalentierte und weit herumgekommene Nikolai von Michalewsky schon eine ganze Reihe beruflicher Engagements annahm, bevor er sich ans Schreiben machte – er selbst sah sich auch nie als „richtiger“ SciFi-Autor. Die Konsequenz dessen ist, dass seine Geschichten zwar in der Zukunft spielen, dem ganzen technischen Kram aber nie die Bedeutung zukam, wie anderen Vertretern des Genres. Das ist ein großer Pluspunkt der Serie. Auf der anderen Seite allerdings auch eine oft zurecht monierte Achillesferse. NvM verstrickt sich auf diesem Gebiet nämlich gerne in Fantastereien, die, wenn nicht schon auf den ersten, dann aber auf den zweiten Blick oft unplausibel erscheinen. Das betrifft meist das Science in der Fiction.

|Spoilerwarnung: Verrät spannungsförderliche Teile der Handlung|

Ein künstliches Weltraumhabitat, welches verschollen irgendwo hinter der Sonne herumtreibt, bietet für sich genommen natürlich eine schöne Spielwiese für Zukunftsfantasien und ist zudem eine spannende Kulisse eine zünftige Abenteuergeschichte. Das ist sie auch. Mit der Logik sollte man es aber dann doch nicht ganz so genau nehmen, denn über ein paar Ungereimtheiten muss man einfach hinwegsehen. Zuerst natürlich, dass es im Jahre 1991 möglich gewesen, wäre ein solch technisch anspruchsvolles Terraforming-Mammutprojekt zu realisieren. Vom Standpunkt des Autors aus gerechnet, waren dies lediglich magere 13 Jahre. Die Erdgeschichte bei MB stimmt mit der tatsächlichen bis zu den Neunzehnhundertsiebzigern überein. Damit ist die |Pilgrim 2000| unter den Rahmenbedingungen in der Serie eine ziemlich unglaubwürdige Utopie. So etwas kann man in der SciFi zwar getrost machen, d. h. wäre ausgerechnet MB nicht sonst so stark auf Realismus bzw. Machbarkeit aus heutiger Sicht geprägt.

Übrigens versetzt die Hörspieladaption Mark Brandis noch 100 weitere Jahre in die Zukunft, das macht es – speziell hier – ein Stück glaubwürdiger. Die Bewohner können innerhalb dieser sonst recht kurzen Spanne nicht plötzlich fast alles über ihre irdische Vergangenheit vergessen haben – auch wenn man zugrunde legt, dass es sich bei den ehemaligen Siedlern um weltfremd-fromme Leutchen (Parallelen zu den „Amish-People“ sind unverkennbar) handelte, deren Nachkommen inzwischen nur noch nach den Zeilen des „Buches“ (= Bibel) leben. Auch die körperliche sowie geistige Degeneration der so genannten „Ratmen“, die sich den – übertrieben weit entwickelten – Riesenratten unterwerfen, ist nicht nachvollziehbar. Die Zahl der Nager an Bord der |Pilgrim| ist überhaupt ein Punkt. Wovon sollte sich ein mehrere Zehntausende umfassendes Rattenheer auch ernähren? SO groß ist die Station nun auch wieder nicht.

Nun gut, mit dem Imperfekt, wobei die geschilderten Schnitzer nur die Gröberen darstellen, kann man sicherlich leben. Große und kleine Unplausibilitäten ist man bei NvM schließlich gewohnt, zumindest wenn man die Serie kennt oder gar zur nicht grade kleinen, alteingesessenen Fangemeinde gehört. Da nimmt man auch die an sich recht einfache Figurengestaltung in Kauf, was sich allerdings nicht auf die Hauptprotagonisten, sondern mehr auf die Randfiguren bezieht. Die scheinen doch sehr durchschaubar gestrickt, wohingegen Mark Brandis selbst – bestärkt nicht zuletzt durch die gewohnte Ich-Perspektive – wieder einmal facettenreich ausgestaltet ist. Was nicht wirklich wundert, da sich in MB ein großer Teil des Autors wiederfindet. Quasi als Alter-Ego. Sehr preußisch, tugendhaft und selbstzweiflerisch, sprich: Urdeutsch. Auch diese Tatsache ist hinlänglich bekannt und wird stets positiv hervorgehoben.

|Spoilerentwarnung: Ab hier ist das Weiterlesen ungefährlich|

Der Leser begleitet die Crew auf einem atmosphärisch dichten Höllentrip durch ein Beinahe-Geisterschiff im Kampf gegen gefährlich berechnende Riesenratten und deren verrohte menschliche Diener. Dabei ist „menschlich“ ein gutes Stichwort. MB steht seit jeher für diese Tugend. Es wird dem Ganzen auch (wieder einmal) die knifflige Frage beigegeben, ob Gewalt als Mittel zum Zweck – hier: Selbstverteidigung – dienen darf (und muss), auch wenn es der eigenen Grundhaltung komplett zuwiderläuft. Beide Lager gehen da unterschiedliche Wege. Die „modernen“ Raumfahrer sind da eher praktisch veranlagt und wollen mit allen Mitteln überleben, während die altruistisch veranlagten Pilger eine Art pazifistischem Fatalismus unterliegen: Lieber untergehen als die Hand erheben. Diese Gegensätze würzen den temporeichen Plot ungemein, sodass all die zweifellos vorhandenen Patzer dahinter beinahe verschwinden.

_Fazit_

Zurecht eine der beliebtesten Storys der Serie, auch wenn man manch arg konstruiert wirkendes Element des Setups einfach ausblenden oder als gegeben akzeptieren muss. Die darunter liegende Abenteuergeschichte ist aber sehr unterhaltsam, flott und sozialkritisch. Sie könnte auch ohne Weiteres auf der Erde stattfinden, die geheimnisvolle Raumstation mit ihren Eigenheiten ist natürlich eine um Längen spannendere Szenerie – insbesondere für das ehemals angepeilte Klientel der jugendlichen SciFi-Leserschaft. Dass diese nicht unbedingt nur männlich sein musste, beweist das Nachwort der Neuauflage: Es stammt von Christel Scheja, heute selbst Autorin im Bereich Fantasy/SciFi und bekennender MB-Fan fast der ersten Stunde.

|Taschenbuch: 186 Seiten
ISBN 13: 978-3-938065-60-0|
[www.wurdack-verlag.de]http://www.wurdack-verlag.de

_|Mark Brandis| als Hörspiel:_
01 [„Bordbuch Delta VII“ 4995
02 [„Verrat auf der Venus“ 5013
03 [„Unternehmen Delphin“ 5524
04 [„Aufstand der Roboter“ 5986
05 [„Testakte Kolibri 1“ 5984
06 [„Testakte Kolibri 2“ 5985
07 [„Vorstoß zum Uranus 1“ 6245
08 [„Vorstoß zum Uranus 2“ 6246
09 [„Raumsonde Epsilon 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6467
10 [„Raumsonde Epsilon 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6468
11 „Die Vollstrecker 1“
12 „Die Vollstrecker 2“
13 [„Pilgrim 2000 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7059
14 [„Pilgrim 2000 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7060
15 [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7128
16 [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7129
17 „Alarm für die Erde“ (für Herbst 2011 angekündigt)
18 – für Herbst 2011 angekündigt –

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