Draculas Blutdurst nimmt mal wieder überdimensionale Formen an. Kein satanischer oder vampiresker Akt, in den das Oberhaupt der Vampire nicht eingeschaltet ist. Dies ruft jedoch auch erneut seine Widersacher und Jäger auf den Plan, allen voran Blade und den rätselhaften Lupeski. Letzterer scheitert bei einem Attentat auf Dracula nur knapp, tötet stattdessen jedoch seinen Sohn Janus und treibt das untröstliche Vampiroberhaupt dabei in den Wahnsinn. Getrieben von Racheplänen, kehrt Dracula alsbald zurück und macht Jagd auf den Mörder seines Sohnes. Doch der Schmerz über den Verlust sitzt tief, und er wünscht sich nichts sehnlicher, als diese Tragödie ungeschehen zu machen. Seine Angetraute Domini erhört schließlich die Wünsche ihres Herren und Gemahls. Sie sorgt für Janus‘ Wiederbelebung und damit auch für Draculas größte Bedrohung. Die übermächtige Reinkarnation des Sohnes hat nämlich nur ein Ziel vor Augen: Janus‘ Bestimmung ist es nämlich, Dracula zu töten, und hierzu kann er selbst aus Liebe keine Rücksicht nehmen.
Eindruck
Der elfte Band der Comic-Reihe „Die Gruft von Dracula“ ist zugleich meine erste Erfahrung mit der Gruselserie aus dem Hause |Marvel| und markiert leider auch schon den Anfang vom Ende. Mit dem nächsten Sammelband ist nämlich leider Schluss, weil die amerikanische Serie dann komplett abgeschlossen und das Schicksal Draculas besiegelt wird. Allerdings können sich treue Sammler dann auch auf die Fahne schreiben, eine ziemlich umfangreiche Serie vollständig zu besitzen.
Nun, der erste Eindruck, den diese Reihe bei mir hinterlassen hat, ist nach einigen skeptischen Zwischeneindrücken wirklich gut. Es ist zwar nicht so, dass die Serie irgendwie spannend geschrieben wäre noch irgendwelche echten Spannungsmomente aufweist, doch irgendwie packen einen die Hauptfiguren dann doch, allen voran natürlich der Vampirfürst himself, dessen wahnsinnige Gedankenzüge auch den Leser ein ums andere Mal um den Verstand bringen. Zunächst jedoch muss man sich mit einigen belanglosen Kurzgeschichten auseinandersetzen.
So zum Beispiel mit der über den verträumten Harold, der von seiner ersten Produktion träumt, in der er in der Hauptrolle der größte Widersacher Draculas ist und ihm anschließend auch das Handwerk legt. Wie sich jedoch herausstellt, bleibt es nur bei diesem realitätsfernen Traum, denn in Wirklichkeit könnte der schmächtige Harold Dracula wirklich nichts entgegensetzen. Auch die Geschichte mit Blade als coolem Vampirjäger ist nicht sonderlich spektakulär, die Auflösung des Falles sogar ziemlich unglücklich gelöst.
Dann jedoch bahnt sich über mehrere Kurzgeschichten das Finale um die Tragödie von Dracula und dessen Sohn an, und obwohl inhaltlich jetzt absolut nichts Besonderes geschieht, zieht einen das Ganze irgendwie in seinen Bann, vergleichbar wie einst die legendären „Gespenster“-Comics, deren sinnentleerter, kultiger Inhalt ebenfalls eher mit einem Schmunzeln betrachtet werden musste.
Was jetzt so besonders an „Die Gruft von Dracula“ ist – nun, ich kann es selber schwer sagen. Sicher spielt die Atmosphäre der Geschichten eine wichtige Rolle, weil dieses düster-bedrohliche irgendwie auch auf die Stimmung des Lesers überschlägt. Aber es macht auch irgendwie etwas her, dass in einem Comic mit einigen Tabus gebrochen wird, ohne dass man sich darüber Gedanken machen muss. Die grässlichsten Monster fallen hier über wehrlose Opfer her, Dracula bringt in seinem Blutdurst auch so manche Person skrupellos um, egal ob es nun eine hübsche junge Dame oder eine alte Witwe ist, und spielt letztendlich sogar mit dem Leben anderer. Der Tod ist natürlich auch ein zentrales Thema, nicht zuletzt wegen des Dahinscheidens Janus‘, wird aber hier als selbstverständliches Ereignis hingenommen, um die Erhabenheit der Titelfigur verstärkt zu demonstrieren und das Horror-Flair zu unterlegen.
Genau jenes Horror-Flair, welches einerseits gar nicht so ernst genommen wird, andererseits vielleicht aber auch gerade deswegen seine Wirkung zeigt, mache ich letzten Endes auch dafür verantwortlich, dass der elfte Sammelband dieser Serie trotz inhaltlich nicht wirklich umwerfender Ereignisse überzeugt hat. Die Comic-Variante von „Dracula“ hat etwas – was genau das ist, erfährt man allerdings erst beim Lesen. Und weil dies so ist und ich kaum von diesen sieben Minigeschichten ablassen konnte, möchte ich schon fast Begriffe wie ‚Kult‘ ins Rennen schicken. So schnell kann das gehen …
Eine Anmerkung zum Schluss: „Die Gruft von Dracula“ mag zwar bald zu Ende gehen, doch der Hauptdarsteller ist damit noch lange nicht vom Tisch. In den Staaten ist gerade die Mini-Serie „X-Men: Apocalypse vs. Dracula“ erschienen. Wir können uns also noch auf so einiges gefasst machen!
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