Wooding, Chris – Weber von Saramyr, Die (Der verschlungene Pfad 1)

Bei Chris Wooding handelt es sich um einen recht jungen Fantasy-Autor, der bereits im Alter von neunzehn Jahren seinen ersten Roman veröffentlichte. Wooding wurde am 28. Februar 1977 in den britischen Midlands geboren, wusste schon bald, dass er eines Tages Bücher schreiben wollte, und verbrachte nach seinem Studium der Englischen Literatür seine Zeit in verschiedenen Winkeln Europas, um sich dort inspirieren zu lassen. Große Einflüsse für seine im Folgenden erscheinenden Bücher holte er sich schließlich in Japan und Südafrika, wo er selbst des Öfteren in Lebensgefahr geriet.

Mittlerweile 28, brachte Wooding nun die Geschichte um „Alaizabel Cray“ heraus, die ihm international ein Mehr an Beachtung verschaffte und seinen Namen nach einigen eher unauffälligen Horror- und Fantasy-Erzählungen erstmals etablierte. Die mehrfach ausgezeichnete Story verhalf ihm schließlich zum Durchbruch, doch Wooding plante auch schon seinen nächsten Roman, besser gesagt eine Trilogie, bei der er die Inspiration der fernöstlichen Kultur noch weiter einzubringen gedachte. Der erste Teil ist nun vor kurzer Zeit auch auf dem deutschen Markt herausgebracht worden und heißt „Die Weber von Saramyr“, ein beeindruckendes Buch mit viel Liebe zum Detail und einem Autor auf dem Höhepunkt seines bisherigen Schaffens:

_Story:_

Als Kaiku mitten in der Nacht aus ihren Träumen gerissen wird, kann sie sich noch gar nicht ausmalen, was um sie herum geschehen ist. Ihre gesamte Familie ist soeben von den Shin-Shins, Dämonen in Form von mutierten Riesenspinnen, angegriffen und getöten worden. Lediglich ihre Zofe Asara ist bisher von den Attacken verschont geblieben und verhilft Kaiku in dieser schicksalsträchtigen Nacht zur Flucht. Als sie auf einer Insel vor den Shin-Shin Schutz gefunden haben, kommen sie erstmal wieder zur Ruhe – doch nicht für lange Zeit; Asara stirbt noch vor Ort und Kaiku wird nach einem langen Schlaf doch noch lebend vom Priesteranwärter Tane gefunden, der sie pflegt und bei dem Kaiku wieder zu Kräften kommt.

Kaiku schwört Rache und Vergeltung für den Mord an ihrer Familie und macht sich nach einigen Wochen in Tanes Kloster auf den Weg zu Mishani, einer einflussreichen Freundin aus ihrer Jugendzeit, bei der sie zunächst einmal unterkommen möchte.
Währenddessen werden in den kaiserlichen Festen einige Intrigen gesponnen. Als nämlich eines Tages die erschreckende Tatsache an die Öffentlichkeit dringt, dass es sich bei der Thronerbin Saramayrs um eine Ausgeburt handelt, gleicht das einem Eklat. Das Volk, vor allem aber die einflussreichen Weber, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Ausgeburten jeglicher Art schnellstmöglich aufzuspüren und qualvoll sterben zu lassen, fordern den sofortigen Tod der jungen Lucia, andere wiederum möchten die Kaiserin in die Knie zwingen und sie zum Abdanken verleiten. Doch die Geblütskaiserin Anais bleibt standhaft und verteidigt sowohl den Thron als auch ihre Tochter – ganz zum Widerwillen einiger anderer Völker, die ebenfalls in Richtung Thron schielen.

Derweil haben Kaiku und Mishani nach langer Zeit wieder zueinander gefunden, jedoch wird ihre Freundschaft schon bald auf die Probe gestellt, denn in Kaiku schlummern ungeahnte Kräfte, von denen bislang niemand etwas wusste – nicht einmal sie selbst. Als diese Kräfte zum ersten Mal entfesselt werden, wird allen Beteiligten klar, was vor sich geht: Auch Kaiku ist eine Ausgeburt und wird als solche von Mishani nicht mehr geduldet. Mishani verweist sie des Hofes und Kaiku ist wieder auf sich allein gestellt. Dann jedoch trifft sie eine Person, die eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte. Die wiederbelebte Asara schließt sich Kaiku an, und gemeinsam mit ihrem Gefährten Tane, dessen Kloster von den Shin-Shins komplett ausgerottet wurde, machen sie sich auf den Weg, das düstere Geheimnis der Ausgeburten zu lüften, die finstere Wahrheit hinter der Kaste der Weber ans Licht zu bringen und die Tochter der Geblütskaiserin vor dem Tod zu bewahren. Auf dem langen Weg machen sie jedoch so einige schreckliche Beobachtungen und Erfahrungen. Doch nicht nur das: Kaiku weiß nach einiger Zeit nicht mehr, wem sie trauen kann und wem nicht, beschließt, die Sache auf eigene Faust durchzuziehen – und begibt sich so auf eine lebensgefährliche Reise …

_Bewertung:_

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich vom Erzählstil Chris Wodings komplett und vollauf begeistert bin. Es ist schon fast faszinierend, mit welcher Detailverliebtheit er die einzelnen Orte und Personen beschreibt, sich dabei selbst in den spannendsten Momenten die Zeit und Ruhe nimmt, den Rahmen der Handlung näher zu beleuchten, trotzdem aber nie so weit abschweift, dass der Leser den Überblick verlieren könnte. Besonders gelungen ist ihm dabei die Beschreibung der versteckten Dimension der Weber, in die man sich bereits mit wenig Fantasie sehr schnell hineinversetzen kann.
Doch auch die einzelnen Beziehungsgeflechte, die dabei entstehenden Emotionen sowie die Ängste der Hauptfiguren hat Wooding exzellent hervorgehoben, gerade im Fall von Tane und Kaiku.

Obwohl der Erzählstil trotz allem recht leicht verständlich ist, braucht man anfangs dennoch eine Weile, bis man sich in der Welt von Saramyr zurechtgefunden hat, weil auch hier erst einmal die gesamte Protagonisten-Riege vorgestellt wird. Weil Wooding es sich nicht nehmen lässt, diesbezüglich sofort in die Tiefe zu gehen (was sich später als wertvoll herausstellt), braucht man schon die ersten gut einhundert Seiten, bis man sich in die Story einfindet. Aber zu diesem Zeitpunkt hat man sich bereits in der Welt von Kaiku, im Kaiserreich der Geblütskaiserin Anais, in der düsteren Vergangenheit von Tane, aber auch in den brutalen Gedankengängen der Weber verloren und kann „Die Weber von Saramyr“ nicht mehr aus der Hand legen.

Mir persönlich sagt auch noch der fernöstliche Touch der Geschichte zu, der hier sowohl in Form von typischen Bräuchen als auch in der Beschreibung der gesamten Kultur verankert ist. Das macht den Beginn dieser Trilogie gleichzeitig zum ‚etwas anderen‘ Fantasy-Buch, was es aber aufgrund der teilweise ziemlich schwer verdaulichen und harten Handlung auf jeden Fall schon ist. Und was die Sache noch zusätzlich sympathisch macht: Hier findet man wirklich mal keine Tolkien-Versatzstücke, weder stilistisch noch inhaltlich. Wooding hat seine eigene Welt kreiert, mit einem eigenen Kulturgut und Charakteren, wie ich sie in dieser Form noch nicht kennen gelernt habe. Nach scheinbar schleppendem Beginn entfaltet sich so über die Distanz von 550 Seiten ein Meisterwerk der jungen Fantasy-Literatur, bei dem ich mir schon fast wünschen würde, dass es ebenfalls bald den Sprung auf die Leinwand schafft – weil es eben so anders ist.

Gerade diejenigen, die von immer wiederkehrenden Strukturen und Inhalten die Nase voll haben, werden hier bestens bedient, während Fernost-Fans schon fast verpflichtet sind, sich in kürzester Zeit durch dieses Buch zu arbeiten. Ich habe die Geschichte in zwei Tagen gelesen, weil mich das Ganze so enorm gefesselt hat – mehr brauche ich wohl nicht mehr zu sagen …