McGarry, Terry – Pfade des Lichts

Band 1: [„Zauberin des Lichts“ 2899

Pelufer ist eine kleine Gaunerin. Und sie ist stolz darauf! Immerhin ist sie diejenige, die die Familie – oder das, was von ihr übrig ist – mit ihren geklauten Nahrungsmitteln ernährt, was die ältere, aber brave Elora mit ihrer unbeugsamen Ehrlichkeit nicht von sich behaupten kann. Aber das ist noch nicht alles. Pelufer hat wie ihre beiden Schwestern eine besondere Gabe, die sie streng geheimhalten. Doch als Pelufer eines Tages an der Wasserausgabe zwei Fremden begegnet, gerät ihre Welt plötzlich völlig aus den Fugen …

Louarn wird allmählich misstrauisch. Dass sein Lehrmeister Croy, der ihm das Maurerhandwerk beigebracht hat, eines Tages plötzlich ermordet in seinem Haus lag, war schon schlimm genug. Aber dass Louarn solche Todesfälle auf seiner Wanderung durch Eyden Myr immer wieder begegnen, ist alarmierend. Und wozu wurden all diesen Opfern die Hände abgetrennt und fortgeworfen? Als Louarn herausfindet, dass sämtliche Ermordeten ehemalige Magier waren, beschließt er, die Täter zu stellen …

Dabrena, ehemals eine Hüterin in der Feste der Ennead, lebt noch immer innerhalb des dunklen Fels. Sie versucht, von dort aus Eyden Myr neu aufzubauen, trotz all der Naturkatastrophen und der verschiedenen grassierenden Krankheiten, die seit dem Erlöschen des Lichts das Land verheeren. Um ihre Maßnahmen besser zu koordinieren, will sie eine Beratung abhalten. Doch die übrigen Teilnehmer scheinen daran kein Interesse zu haben. Verlein, die Kämpferin, die einst die Feste erobert hat und jetzt die Küsten Eyden Myrs bewacht, verweigert ihr offen die Unterstützung, Streln, der Sprecher der Insel Khine, verspottet ihre Bemühungen und droht mit Eroberung, und der Oberste der Gelehrten ist erst gar nicht erschienen!

Und als sei das noch nicht genug, verschwinden immer wieder kleine Kinder spurlos. Manche kommen zurück, andere nicht. Und die Rückkehrer erzählen so absonderliche Geschichten, dass niemand ihnen glaubt. Aber was geschieht wirklich mit den verschwundenen Kindern?

Zwar ist „Pfade des Lichts“ die Fortsetzung von „Zauberin des Lichts“, von den Charakteren des ersten Bandes ist allerdings nur noch eine Handvoll übrig. Liath, die Hauptperson des Vorgängers, ist nicht dabei. Die entstandene Lücke füllen die drei Schwestern, allen voran Pelufer.

Pelufer ist ein ungebärdiges Mädchen, stur, frech und schnell wütend, aber auch mutig und mit einem sicheren Instinkt für Gefahren begabt. Um Dinge wie Regeln und Anstand kümmert sie sich nicht im Geringsten, vor allem dann nicht, wenn sie dem praktischen Nutzen widersprechen, und gerät deshalb immer wieder mit Elora aneinander.

Elora trägt als Älteste die Verantwortung für ihre jüngeren Schwestern. Da sie sich als Elternersatz fühlt, versucht sie, alles auf möglichst erwachsene Art zu regeln, was nicht immer funktioniert und gelegentlich auch Pelufers Warninstinkten zuwider läuft.

Caille, die Jüngste, ist noch nicht einmal sechs Jahre alt und spricht nur extrem wenig. Aber sie ist trotzdem ein kluges Mädchen, immer hungrig und außergewöhnlich tierlieb.

Louarn gehört zu denjenigen, die im ersten Band bereits auftauchten, allerdings eher am Rande. Diesmal gehört er zu den Hauptpersonen. Ein stiller, ernsthafter junger Mann, der es nie lange an einem Ort aushält, mit einer Vorliebe für alle möglichen handwerklichen Tätigkeiten und einer tief verwurzelten Furcht vor dem Schlaf. Denn auch er besitzt eine ungewöhnliche Gabe …

Dabrena kam ebenfalls schon früher vor, aus dem lebenslustigen, unbeschwerten jungen Mädchen ist allerdings eine erwachsene Frau geworden, die sich trotz aller Bemühungen um einen Neuanfang nicht von der Vergangenheit und ihren Schuldgefühlen lösen kann und sich mit geradezu manischer Beschützerwut an ihre Tochter Kara klammert.

Die Kinder und auch Louarn sind gut gelungen, auch wenn es nicht ganz einfach ist, sich in letzteren einzulesen; zu verwirrend und bruchstückhaft ist anfangs die Darstellung. Besonders gut aber fand ich die Schilderung einer Nebenfigur: Kazhe, im ersten Band die Leibwächterin des „Schwarzmagiers“ Torrin. Ihre Besäufnisse sind die eindrucksvollsten, die ich je gelesen habe.

Allerdings gibt es hier im Gegensatz zum ersten Band so gut wie keinen Bösewicht. Zwar ist von den Ennead jemand übrig geblieben, um auch in der Fortsetzung noch Unruhe zu stiften, bleibt aber nahezu vollständig im Hintergrund und taucht nur kurz persönlich auf, um Taten und Motive zu erläutern. Eine Charakterentwicklung findet nicht statt.

Die mangelnde Präsenz eines Antagonisten hat das Buch Spannung gekostet. Der Versuch, die Identität des Gegenspielers zu verschleiern und den Leser später mit einer Enthüllung zu überraschen, misslingt, da die Autorin ihre Zurückhaltung nicht konsequent durchgezogen hat. Zu früh ist klar, welchen Weg die Entwicklung nehmen wird. Und als der Gegner schließlich klar ist, ist er zu rasch und zu problemlos überwunden.

Auch andere Konstellationen werden um der Überraschung willen aufgelöst, ohne ihr volles Spannungspotenzial ausgeschöpft zu haben. Das führt dazu, dass die Handlung an diesen Stellen wie geknickt wirkt. Häufige Ortswechsel, teilweise kombiniert mit Zeitsprüngen sowie Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen unterstützen diesen Eindruck noch, zumal die Autorin sich nicht die Mühe macht, ihre Sprünge durch ein paar überleitende Sätze abzuschwächen.

Die Ortswechsel bereiten auch deshalb Schwierigkeiten, weil nur die verschiedenen Gegenden Eyden Myrs in der Karte mit Namen versehen sind. Städte, Flüsse und Berge dagegen sind nicht namentlich verzeichnet, so dass der Leser bestenfalls eine ungefähre Vorstellung davon hat, wo sich die Personen befinden und wie es dort aussieht. Zusätzlich erschweren auch die vielen spezifischen Zeit- und Entfernungsangaben, deren Erklärung sich auch diesmal auf der hintersten Seite befinden, das Hineinfinden in die geschilderte Umgebung.

Der Weltentwurf hat sich dafür um ein paar gute Ideen erweitert. Dazu gehören die Gaben der Kinder – wobei nicht klar ist, ob und wie diese mit Erdweisheit zusammenhängen, die Liaths Begleiter Heff besaß -, die unerwarteten Fähigkeiten von Kazhes Schwert, die Welt der Knochenleute, der historische Aspekt und vor allem natürlich die Besonderheiten im Zusammenhang mit Louarn, der dadurch zu einer Schlüsselfigur für den dritten Band werden dürfte. Eine Menge Stoff für den dritten Band mit vielversprechendem Potenzial.

Der zweite Teil hat mir bereits besser gefallen als der erste. Die Charakterzeichnung ist interessanter und besser, trotz des fast völlig fehlenden Gegners, die neuen Ideen sind vielfältiger und zahlreicher, und der Erzählfluss hat viel von den Bewegungen eines bockigen Pferdes verloren. Falls es der Autorin gelingt, ihren Handlungsverlauf inhaltlich und sprachlich noch etwas weniger sprunghaft und kantig zu gestalten, und den gut gelungenen Personen dieses zweiten Bandes einen ebenbürtigen Gegner aufzubauen, ohne sich dabei in Geheimniskrämereien zu Andeutungen zu verzetteln, könnte der dritte Band der beste der Trilogie werden.

_Terry McGarry_ war nach dem College in den verschiedensten Berufen tätig und ist letztlich im Verlagswesen hängengeblieben. Sie verfasste schon seit längerem Kurzgeschichten, ehe sie ihren ersten Roman „Zauberin des Lichts“ schrieb. Die Fortsetzung zu „Zauberin des Lichts“ und „Pfade des Lichts“, „Triade“, ist auf Deutsch noch nicht erschienen.

http://www.eidenmyr.com
http://www.heyne.de

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