Barclay, James – Elfenjagd (Die Legenden des Raben 2)

|Die Chroniken des Raben|:
[Zauberbann 892
[Drachenschwur 909
[Schattenpfad 1386
[Himmelsriss 1815
[Nachtkind 1982
[Elfenmagier 2262

|Die Legenden des Raben|:
[Schicksalswege 2598

_Story_

Das Elfenvolk ist zutiefst verbittert, nachdem jemand den Daumen ihrer Götterstatue Yniss geraubt hat. Der Fluch, der auf dieser Tat lastet, hat schon einige Opfer gefordert und droht nun, die gesamte Rasse auszulöschen. Ilkars Bruder Rebraal verspürt nichts als Hass auf die Menschen aus Balaia, die für diese Tat verantwortlich sind. In einer blutigen Verfolgungsjagd begleitet er die Söldner vom Raben zur Anlegestelle des feindlichen Schiffs, in der Hoffnung, den Daumen zu retten. Doch ihre Jagd bleibt vergeblich; der xeteskianische Hauptmann Yron entkommt als Einziger durch die Reihen der Elfen und flüchtet stromaufwärts nach Balaia in sein Kolleg.

Dort wird ihm jedoch erst bewusst, was er mit dem Raub des Artefakts angerichtet hat; sein Vorgesetzter Dystran eröffnet ihm die Absichten von Xetesk und die tödlichen Folgen für das gesamte Volk der Elfen. Doch es ist zu spät; der Daumen ist geraubt, und Dystran plant mit ihm den ersten Schritt zur Machtübernahme über den gesamten Kontinent. Yron indes appelliert an die Moral der Xeteskianer und kann tatsächlich den Daumen wieder in seinen Besitz bringen, um die Tat wieder weitestgehend gutzumachen. Er entkommt samt der Hilfe einer Tai-Gethen-Zelle, die ebenfalls den Elfen angehört. Doch auf dem Weg zurück in den Dschungel werden sie von den Schwarzen Schwingen, die gerade im Krieg gegen die Magie stehen, überfallen, und wiederum überlebt Yron als Einziger – schwer verletzt und ohne jegliche Aussicht auf Erfolg.

Währenddessen hat der Rabe ebenfalls die Verfolgung aufgenommen. Unter der Führung des Unbekannten Kriegers reist der Trupp gemeinsam mit einer ausgewählten Armee der Elfen nach Xetesk, um dort Rache zu üben. Bevor die Gruppe jedoch dort ankommt, hat sich das Blatt wieder gewendet, weil Yron samt dem Daumen erneut entkommen ist. Inmitten des Katz-und-Maus-Spiels, das die Gegner mit den berüchtigten Söldnern zu treiben scheinen, erlebt der Rabe einige der blutigsten und bittersten Stunden seines Bestehens – und wird zum ersten Mal seit langem wieder mit dem Tod konfrontiert.

_Meine Meinung_

In „Elfenjagd“ nimmt James Barclay konsequent den Faden des vorangegangenen Romans „Schicksalswege“ auf und erzählt die Geschichte vom entweihten Heiligtum des Elfenvolks weiter. Und es ist eine blutige, teils auch sehr brutale Geschichte, in der nicht nur über das Schicksal der Elfen, sondern auch über die weiteren Wege des Raben entschieden wird. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hat die Söldnertruppe nicht mehr selber alle Fäden in der Hand. Inmitten der Kriegswirren und des unerbittlichen Kampfes, den sich die Kollegien von Xetesk, Lystern und Dordover liefern, machen sich Hirad und seine Gefährten auf einen unbestimmten Weg durch Balaia, einzig und alleine auf der Suche nach dem verschwundenen Bruchstück einer Statue. Doch dieses Mal ist ihr Weg von zahlreichen Rückschlägen gesäumt. Da wäre zum einen das Schicksal von Denser, der sich damit abfinden muss, dass sein Kolleg Verrat geübt hat und in seinem puren Machtbestreben das gesamte tödliche Schicksal der Elfen einfach so hinnimmt. Oder der Protektor Aeb, ebenfalls Xetesk zugehörig, der in seinem Seelenverband dazu gezwungen ist, sich dem Willen des Herren vom Berge, Dystran, zu unterwerfen und so auch zur Gefahr für den gesamten Trupp wird.

Ebenso ist Erienne noch immer verbittert; der Tod ihrer Tochter quält sie nach wie vor, und dennoch ist ihr Weg vorbestimmt: Sie ist die auserwählte Magierin, die sich mit der Magie des Einen vertraut machen und diese ausgerechnet von den Mördern ihrer Tochter erlernen muss. Am Schlimmsten hat es indes Ilkar getroffen. Auch er ist in ständiger Gefahr, plötzlich vom Fluch betroffen zu sein und fürchtet sich von Tag zu Tag mehr, in den sicheren Tod hineinzurennen. Zunächst bleibt er verschont, doch als sich eines Tages die ersten Anzeichen der Krankheit zeigen, wird dem Raben bewusst, dass möglicherweise einer ihrer treuesten Verbündeten hilflos sterben muss. Eine Tatsache, die allen bis dahin nie so wirklich bewusst war …

Prinzipiell gilt für jedes neue Buch einer Serie, dass es bis zu diesem Zeitpunkt eines der wichtigsten, möglicherweise auch entscheidensten ist. Sei es nun, weil ein Plot zu Ende gebracht wird, eine markante Wendung eingetreten ist oder die Geschichte eine gänzliche neue Richtung einschlägt und somit einen neuen Handlungsstrang einführt. Im Falle von „Elfenjagd“ treffen gleich alle drei Kriterien gleichzeitig zu. Die Erzählung nimmt gleich mehrere entscheidende, mitunter auch unerwarte Wendungen, eröffnet gleich mehrere neue Stränge und bringt durch die Vollendung des Schicksals einiger tragender Charaktere einige Dinge zu Ende, die bereits seit dem Beginn der „Chroniken des Raben“ (also der vorangegangenen Serie) eng mit der Story verknüpft sind. Ganz besonders wegen der Tragweite einiger hier eintretender Ereignisse würde ich deshalb auch behaupten, dass „Elfenjagd“ das mit Abstand wichtigste Buch aller bisher erschienenen „Raben“-Bände ist und mit einem Mal eine völlig neue Perspektive für den Fortbestand der Truppe eröffnet. Ich möchte hier nicht zu viel vorwegnehmen, doch es geschehen in diesem Buch einige Dinge, die begeisterten Lesern ziemlich stark an die Nieren gehen werden und möglicherweise auch die eine oder andere Träne hervorrufen, weil man es nach dem langen Weg, den man den Raben begleitet hat, kaum fassen kann, dass … nun, nur so viel: Es wird zum Schluss des Buches ziemlich hart!

Doch durch die traurige, bisweilen auch melancholische Note der Story erlangt die Geschichte um den Raben auch wieder ein großes Stück Authentizität. Barclay schreibt hier über Helden, fast schon unsterbliche Helden, behält aber dabei stets den Blick für die Realität, die in diesem Fall von einigen herben Rückschlägen geprägt wird.

Ich ertappe mich gerade dabei, wie ich ausschweifend um den heißen Brei herumrede, eigentlich aber nur schreiben wollte, dass mich „Elfenjagd“ wie kein anderes Buch dieser Chroniken/Legenden berührt hat. Man fühlt stellenweise noch intensiver mit den Charakteren, selbst mit vermeintlichen Schurken wie dem unwissenden Yron oder seinem jungen Gefährten, der auf der Flucht vor den kriegerischen Elfen ums Leben kommt. So klischeehaft dies nun klingen mag, doch nie zuvor fand eine so starke Identifikation mit den Rabenkriegern statt, und nie zuvor ging einem der Verlauf der Story so nahe wie hier, nicht einmal nach dem Tod des Schicksalskindes. Dass „Elfenjagd“ deswegen wahrscheinlich auch das beste der bis dato acht erschienen deutschen Bände ist, muss daher auch nicht mehr gesondert erwähnt werden. James Barclay beweist einmal mehr seine Extravaganz im Bereich der modernen Fantasy-Literatur und übertrifft meines Erachtens mittlerweile sogar die Ikone Tolkien. Man mag mir nur zwar Übertreibung vorwerfen, aber ich absolut überzeugt, dass jeder Leser dieser faszinierenden Story mit ihren tollen Charakteren mit mir übereinstimmen wird, dass Barclay derzeit kaum schlagbar ist – spätestens nach den knapp 400 bewegenden Seiten von „Elfenjagd“.

http://www.heyne.de

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