Burger, Wolfgang – Schwarzes Fieber

Eigentlich wollte Kripochef Andreas Gerlach zwei Sommerwochen mit seinen beiden Töchtern in Portugal verbringen, um dort seine Eltern zu besuchen. Doch ein Wasserrohrbruch im Haus seiner Eltern macht dem geplanten Urlaub einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen leidet die Familie Gerlach unter dem erneuten Jahrhundertsommer in Heidelberg. Während Andreas Gerlach versucht, sich trotz tropischer Temperaturen zu sportlichen Aktivitäten aufzuraffen, und seine Töchter sich derweil um ein Pferd kümmern, liest Gerlach in der Zeitung von einer verunglückten Motorradfahrerin, die mit schweren Verletzungen auf dem Weg zum Heidelberger Aussichtsberg, dem Königstuhl, gefunden wurde. Dass es sich bei der Verunglückten gar nicht um eine Motorradfahrerin handelt, erfährt Gerlach erst nach seinem Urlaub.

Die schwer verletzte Frau liegt im Krankenhaus, spricht jedoch kein Wort. Ihre Identität bleibt daher genauso im Dunkeln wie ihre Herkunft und die Frage, wie sie schwer verletzt im Graben neben der Straße landen konnte.

Kurz darauf entdeckt ein Ehepaar auf seinem Grundstück in Heidelberg die stark verweste Leiche eines Farbigen. In dessen Hosentasche findet sich das erste wichtige Beweisstück, nämlich ein Streichholzbriefchen aus einer Kneipe, in der die Kneipenwirtin sich tatsächlich an den Farbigen erinnern kann. Ihre Mithilfe ist es schließlich, die die Polizei auf die erste heiße Spur bringt. Dank der Kneipenwirtin kann die Polizei die Wohngemeinschaft ausfindig machen, in welcher der Schwarze vor seinem Tod gewohnt hat. So ist zumindest dieser Tote identifiziert, und die Spur führt die Polizei nach Angola, das Heimatland des Toten.

Derweil schwebt die verunglückte Unbekannte in Lebensgefahr, denn mehrfach schleicht sich ein Typ im Anzug an ihr Krankenbett, kann jedoch glücklicherweise immer rechtzeitig aufgescheucht und vertrieben werden. Doch wer ist der Anzugtyp, der offensichtlich das zu Ende bringen möchte, was er am Königstuhl begonnen hat? Als eine Faser, die bei der Toten gefunden wurde, als Haar einer Perücke identifiziert werden kann, ist die Polizei endlich in der Lage, ein besseres Foto der Unbekannten zu veröffentlichen, und tatsächlich bringt dies den Durchbruch und ihre Identifikation. Auch sie stammt aus Angola – was hat die Unbekannte mit dem Toten zu tun und wer trachtet ihr weiterhin nach dem Leben?

Wolfgang Burger hat das Verbrechen ins beschauliche und weltberühmte Heidelberg gebracht. Die wunderschöne Stadt am Neckar ist Schauplatz seiner Krimireihe rund um Alexander Gerlach, der nach dem Tod seiner Frau zusammen mit seinen zwei Töchtern im Nordbadischen wohnt und bei der Polizei arbeitet. Dieses Mal hat er wieder einen sehr vertrackten Fall zu lösen, denn zwei vermeintlich unzusammenhängende Kriminalfälle kann er langsam aber sicher miteinander in Verbindung bringen.

Wie gewohnt tappt die Polizei zunächst lange im Dunkeln, wodurch Burger einiges an Spannung aufbaut, zumal die Unbekannte im Krankenhaus weiterhin bedroht wird. Welches Geheimnis verbirgt sie, das der Mann im Anzug gerne auslöschen möchte? Es ist eine mühsame Schnitzeljagd, auf die Gerlach und seine Kollegen sich begeben müssen.

Umrahmt wird dieser Kriminalfall von Gerlachs Sorgen um seine beiden Töchter, die sich in den Ferien um ein Pferd kümmern und dabei ihre Liebe zu diesen Tieren entdecken. Die beiden umsorgen liebevoll jeden Tag ihr Pflegepferd und wollen nun all ihr Taschengeld sparen, um sich selbst ein eigenes Pferd anschaffen zu können. Und so löchern sie ihren Vater unentwegt und fragen ihn so lange nach Geld, bis er sich schließlich mit seinen beiden hartnäckigen Töchtern aufmacht in die Zweiburgenstadt Weinheim an der Bergstraße, um dort ein Pferd zu begucken, in das die beharrlichen Töchter sich auch sogleich verlieben. Das eigene Pferd ist dann schnell gekauft, obwohl es ein großes Loch in Gerlachs Brieftasche reißt, doch sieht er auch die positive Entwicklung seiner Töchter, die sich verantwortungsbewusst zeigen und dank des Pferdes auch einiges an Bewegung bekommen.

So entwickelt Wolfgang Burger ganz nebenbei seinen Hauptcharakter weiter und beschreibt Alexander Gerlachs Privatleben ausgesprochen detailreich. Leider ist das auch die einzige Geschichte, welche die Ermittlungen umrahmt, sodass Gerlach der einzige Polizist ist, der uns näher gebracht und der uns daher sympathisch wird. In Gerlachs Charakterzeichnung investiert Burger zwar viel, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass er sich nicht alleine auf seinen Krimihelden beschränkt.

Im Mittelpunkt stehen allerdings weiterhin der Mord an dem Schwarzen und der Fall um die afrikanische Unbekannte. Mithilfe des Botschafters in Angola kommt die Polizei Schritt für Schritt weiter, denn der Botschafter erweist sich als ein echter Dr. Watson, der die Polizei mit wichtigen Informationen füttern kann. Mit seiner Hilfe erfährt die Polizei bald den Grund für die Einreise der Unbekannten. Ein schlimmes Schicksal hat sie in Angola ereilt, das sie nun in Deutschland rächen möchte, doch nun ist ein Killer ihr auf der Spur, wodurch die Jägerin zur Gejagten wird.

Nebenbei erfährt der Leser von einer mysteriösen Einbruchserie im Odenwald, bei der in Häuser eingebrochen wird, deren Bewohner zurzeit im Urlaub sind. Und obwohl die Bewohner an alles gedacht haben, ihren Briefkasten regelmäßig leeren lassen und dafür sorgen, dass immer wieder Licht im Hause angemacht wird, werden sie ausgeraubt. Diese Einbruchserie gibt der Polizei viele Rätsel auf, und Gerlachs gute Seele von Sekretärin ist es schließlich, die den Fall lösen kann. Leider hat dieser rein gar nichts mit dem eigentlichen Kriminalfall zu tun, was ich ausgesprochen schade fand, denn so ist die Einbruchserie nur schmückendes Beiwerk.

All die Ermittlungen spielen sich im schönen Nordbaden ab, das wieder einmal von einem Jahrhundertsommer heimgesucht wird. So kann sich Gerlach auch kaum zum Radfahren aufraffen, weil es einfach viel zu heiß ist, um sich sportlich zu betätigen. In diese sommerliche Idylle platzt die spannende Ermittlung, die Wolfgang Burger durch geschickt platzierte Hinweise immer am Laufen hält. Dadurch erhöht sich nach und nach die Spannung, die schließlich in einem Cliffhanger auf Seite 193 gipfelt, auf der Gerlach ankündigt, den entscheidenden Fehler begangen zu haben, der zu weiteren Todesfällen führen wird. Leider löst sich nicht wirklich auf, welcher entscheidende Fehler Gerlach unterlaufen ist; man kann sich zwar einiges zusammenreimen, aber mir ist nicht klar geworden, wie er die weiteren Taten hätte verhindern können.

Zum Showdown begibt Gerlach sich schließlich nach Sardinien, wo der Fall aufgeklärt und zum Abschluss gebracht wird. Für seine Schauplätze hat sich Burger wirklich schöne Orte ausgesucht, die den Fall gut umrahmen. Wir begleiten Gerlach gerne auf seinen Touren rund um Heidelberg, entlang der Bergstraße und schließlich bis nach Sardinien. Zu viel des Lokalkolorits ist es allerdings nicht; Burger verwendet lokalspezifische Informationen recht wohldosiert, sodass auch Ortsfremde sich gut zurechtfinden werden.

Auf den ersten Blick gefällt der vorliegende Kriminalroman recht gut, doch bei genauerer Betrachtung finden sich auch einige Punkte, die störend wirken. Zum ersten ist das die spärliche Charakterzeichnung, die sich auf Gerlach beschränkt. Zum zweiten ist es die überflüssige Einbruchserie, und zum dritten sind es viele Zufälle, die schließlich zur Lösung des Falles führen. So kann sich die Kneipenwirtin nicht nur fünf Wochen nach dem Kneipenbesuch des Schwarzen an ihn erinnern, auch der beherzte Einsatz des Botschafters in Angola, ohne den die Heidelberger Polizei ganz schön alt ausgesehen hätte, ist schon durchaus beachtlich. Und schlussendlich ist es die privat aufgestellte Radarfalle eines Fanatikers, die zur Identifikation des Mörders führt. Hier kommen zu viele unwahrscheinliche Ereignisse zusammen, worunter die Spannung ein wenig leidet. Auch die Vorgeschichte in Angola wirkt ein wenig aufgesetzt, obwohl sie ein durchaus heikles Thema aufgreift, das den Leser nachdenklich stimmt.

So bleibt unter dem Strich ein positiver Eindruck zurück, der durch einige Kleinigkeiten zwar getrübt wird, dennoch würde ich immer wieder zu einem Heidelbergkrimi aus der Feder Wolfgang Burgers greifen.

http://www.piper-verlag.de

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