Crisse / Didier – Luuna 2: Die Dämmerung des Luchses

[„Luuna 1: Die Nacht des Totems“ 4570

_Story_

Die junge Häuptlingstochter folgt ihrer Bestimmung und den Hinweisen des Hirsches Kauyumari, der ihr berichtete, dass sie im Süden des Landes Menschen treffen würde, die sie von ihrem unglückseligen Fluch befreien könnten. Nach wie vor verwandelt sie sich in Vollmondnächten in einen Dämon und wird zur reißenden Bestie, bis sie von ihren beiden Totems erlöst wird und den Fluch hinter sich lassen kann.

Gemeinsam mit den Pipintus und den beiden Wölfen macht sie sich auf den Weg, der sie auch an einer größeren Grabstätte vorbeiführt. Dort lernt die hübsche Paumanok einen alten, unglücklichen Mann kennen, der darauf hofft, endlich ins Reich der Toten übertreten zu können, vorher aber gerne mit sich selbst ins Reine kommen möchte. Unsichtbarer Luchs, so sein Name, war einst auch mit einem Totem verbunden, das sich ihm als Luchs offenbarte. Doch eine Tragödie, der seine Frau zum Opfer fiel und infolge derer sein Sohn entführt wurde, hat die Verbindung mit dem Luchs wieder gelöst, weil der gequälte Mann nicht imstande war, seine Familie zu beschützen. Unsichtbarer Luchs sieht aber noch nicht alles verloren und bittet Luuna darum, ihr Totem aufzustöbern und das Schicksal doch noch zu seinen Gunsten umzulenken. Allerdings hat das Mädchen ganz andere Sorgen: Bald ist wieder Vollmond, und nachdem sie die tragische Geschichte des alten Mannes gehört hat, fürchtet sie umso mehr die Verwandlung in ihr düsteres Ich.

_Persönlicher Eindruck_

Nachdem der Auftakt zu Didier Crisses neuer Comic-Reihe „Luuna“ noch mit einigermaßen gemischten Gefühlen aufgenommen wurde, schwimmt sich der renommierte französische Autor im zweiten Abschnitt seiner modernen Märchen-Reihe langsam aber sicher aus der Kritik frei. Die Story in „Die Dämmerung des Luchses“ ist wesentlich stringenter, die Figuren sind noch eigenständiger gezeichnet und integriert und auch die Handlung als solche nimmt weitaus konkretere Formen an, wenngleich Luunas Reise in den Süden hier nicht wirklich elementar forciert wird.

Dennoch hat Crisse in der zweiten von insgesamt fünf Episoden erst einmal für klare Verhältnisse gesorgt, indem er einen weitestgehend unabhängigen Erzählstrang konstruiert hat, der darüber hinaus auch über eine respektable Spannungskurve verfügt. Die Geschichte steigt bereits mit hohem Tempo ein (und setzt zu Beginn auch voraus, dass man mit Luunas Welt weitestgehend vertraut ist), schafft nahtlos den Übergang in die neue Hauptstory und spart auch nicht an Details. Die stetigen Rückblenden des Unsichtbaren Luchses erweisen sich in diesem Zusammenhang ebenfalls als Bereicherung, da sie etwas mehr über die Schatten offenbaren, denen auch Luuna unterliegt, andererseits aber auch den Bogen etwas weiter spannen, ohne dass sich gleich wieder das zuletzt noch kritisierte Verwirrspiel aufs Neue einstellt. Somit gewinnt die Handlung auf inhaltlicher Basis sehr schnell an Format, nutzt die sich bietenden Gelegenheiten zur bunten Ausschmückung zumeist passend und etabliert sich zu guter Letzt als ein richtig schönes, in sich abgeschlossenes Comic-Märchen, wie man es von Crisse in dieser Form schon oftmals bestaunen durfte.

Und trotzdem ist auch in „Die Dämmerung des Luchses“ nicht alles Gold, was glänzt: Vor allem die konsequente Verweigerung, die eigentliche Erzählung um einige Nuancen voranzubringen, ist nicht wirklich verständlich. Crisse rückt sehr weit von Luunas Schicksal ab und beschreibt ausgerechnet die Passagen, in denen sich ihr dämonisches Dasein ein weiteres Mal manifestiert, etwas schwammig. Die Motive ihrer Verwandlung sowie ihre Präsenz als Bestie bekommen den Wert zweitrangiger Inhalte, obschon sie gewissermaßen Basis der Handlung sind. Somit ist Part zwo zumindest auf das Gesamtfundament bezogen nicht ganz zufriedenstellend – wenngleich die Story unabhängig von der Gesamtkonzeption wirklich sehr gut ist.

Künftig wird es daher auch wichtig sein, den Fokus nicht ganz vom Hauptstrang abzuwenden, um die Zusammenhänge wieder transparenter zu beschreiben. Diese Aufgabe hat der Autor im zweiten Kapitel von „Luuna“ noch unzureichend erfüllt. Nichtsdestotrotz ist in „Die Dämmerung des Luchses“ eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorgänger zu verzeichnen, womit die Serie langsam aber sicher in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Aber es wäre auch sehr verwunderlich gewesen, hätte der Urheber der Geschichte nicht spätestens jetzt wieder die Kurve bekommen …

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