Frank Schenk und die Chaos-Crew – Chaos Magazine Nr. 13

Sie waren die krasseste und verrottetste Grindcore-Band des Planeten: CARCASS, die sich um 1997 herum relativ unvermittelt auflösten. Was die Mitglieder heute machen und welche Hintergründe der Split damals hatte – solche Infos stehen im aktuellen „Chaos Magazine“ Numero 13. Die Macher des Blatts haben nämlich Ken Owen interviewt, den ehemaligen Drummer der britischen Grindcore-Legende. Owen hat 1999 eine schwere Gehirnblutung überlebt und erzählt, wie er sich nach einem langen Koma inzwischen wieder erholt. So ist 2004 mit seiner Unterstützung das CARCASS-Best-of-Album „Choice Cuts“ erschienen. Die Fragen an Owen sind klug gestellt, die Antworten ausführlich – und so erfahren die Fans viel aus seinem Leben nach dem Krankenhaus und über die sicken Geschichten, die CARCASS in ihrer Karriere so erlebten. Das Interview ist auf einer Doppelseite platziert, wegen der kleinen Schriftgröße aber doch ausführlich. Allerdings, und da wird es haarig: Da das Magazin als eigentlich schmucker Schwarz-Weiß-Druck erscheint und deshalb der Untergrund wie etwa bei CARCASS manchmal grau ist, wird darauf die weiße oder schwarze Schrift schnell relativ unleserlich.

Das Layout ist denn auch das generelle Problem dieses ansonsten erstklassigen Fanzines. So geschieht es VOMITORY etwa, dass ihr Doppelseiter quer steht, also quasi das Mag um 90 Grad gedreht werden muss, um die wegen der wiederum miesen Farbgebung sowieso schwer erkennbaren Interviewzeilen lesen zu können. Dafür haben die Zine-Designer erkennbar viel Arbeit in die Auswahl der zum Teil großartigen Fotos gesteckt, zudem ist jede Band mit ihrem großen individuellen Erkennungsschriftzug würdig vertreten. 78 prall gefüllte Seiten warten also auf den Leser – der allerdings schon eine Affinität zu extremen Klängen haben sollte. Besonders für die skandinavische Ecke interessieren sich die Macher des Chaos Magazines – die Bandauswahl mit zum Beispiel DISMEMBER, GRAVE, UNLEASHED, DARK TRANQUILLITY, AMON AMARTH, MAZE OF TORMENT, INCAPACITY oder ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET (ex-THE CROWN) spricht eine deutliche Sprache. Da bilden die Interviews mit OBITUARY und eben CARCASS fast eine Ausnahme.

Die Texte sind allesamt in interessantem Ton geschrieben, das verwendete Englisch für Leute mit normalen Schulsprachkenntnissen recht einfach verständlich. Cool sind auch die großen Reviewteile, bei denen viele Undergroundveröffentlichungen durchgenommen werden. Die Bewertungen scheinen dabei einen guten Mittelweg zwischen Fan-Euphorie und echter Kritikfähigkeit getroffen zu haben – die schleichende Tendenz mancher Metal-Postillen, auch noch den letzten Dreck hochzuloben, ist beim Chaos Magazine zum Glück noch nicht angekommen. Doch ein Umstand trübt das harmonische Bild: Da bekommt Metal Blade die besonders teure Rückseitenanzeige. Komischerweise sind gleichzeitig die meisten der mit einem Kasten als Sondertipp hervorgehobenen CD-Rezensionen ebenfalls Bands mit Metal-Blade-Vertrag – siehe UNEART, NEAERA, BORN FROM PAIN, CATARACT, FRAGMENTS OF UNBECOMING, PRIMORDIAL, FLESHCRAWL, GOD DETHRONED, CANNIBAL CORPSE und AMON AMARTH. Sieht etwas komisch aus, als wenn Interessen vermischt werden – aber das fällt ja bei vielen Metal-Blättern manchmal auf …

Dennoch, das Chaos Magazine ist lesenswert. Denn im Prinzip geht es hier um profunde Infos für Undergroundfreaks, die auch einmal andere Autoren lesen wollen als ewig nur dieselben Gesichter und Zeilen im RockHard, MetalHammer oder Legacy. Zudem sind dem gut gedruckten Heft noch zwei CDs beigelegt – Ausschnitte der aktuellen Scheiben von ARCH ENEMY und NEVERMORE sowie ein Sampler von MDD Records. Nett. So sind die fünf Euro inklusive Porto und Versand sicher nicht falsch investiert – denn wo Chaos draufsteht, ist ganz viel kreative und in Schrift gepresste Extreme-Metal-Energie drin – trotz kleiner Schwächen.

Das Heft erhaltet ihr unter CHAOS MAGAZINE, c/o Frank Schenk, Wormser Str. 40, 72760 Reutlingen, E-Mail: frank.schenk@schwaben.de .

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