Guillaume, André de – Weltherrschaft für Anfänger

(Keine Angst, weder das Buch noch diese Rezension sind so ganz ernst gemeint.)

„Was will uns der Dichter damit sagen?“ André de Guillaume hat in seinem Büchlein „Weltherrschaft für Anfänger“ eine kleine Anleitung zur Gewinnung der Macht vorgelegt, bei der man sich nie ganz sicher ist, ob es ein Ratgeber, ein ironisches Enthüllungsbuch oder eine Satire sein soll. Angelegt ist das Buch als eine Sammlung kompakter Tipps, Kurzporträts berühmter Machtmenschen und natürlich der beliebten Hitlisten (etwa zur Vorbereitung ‚Zehn Jobs, die Sie zur Weltherrschaft führen können‘). Das und die flüchtigen Karikaturen deuten am ehesten auf eine Satire hin, wenn dieser Eindruck nicht geschickt von dem zwar launigen, aber in der Sache unbeirrt ernsthaften Tonfall der Ratschläge konterkariert würde.

De Guillaume zieht seine Unterweisungen chronologisch für einen Herrschaftsablauf auf. Er beginnt bei den Voraussetzungen, die man schon mitbringen sollte, leitet über die Jugend und die Vorbereitung und Durchführung der Machtübernahme zur Ausübung und Sicherung der Herrschaft und schließlich zur Planung des nicht unbedingt freiwilligen Abgangs. Zynisch lässt er sich über erforderliche Maßnahmen wie Mord, Untreue und natürlich allerlei Lumpereien rund ums Geld aus. Misstrauen gegen jedermann ist selbstverständlich unerlässlich. In einem merkwürdigen Gegensatz dazu stehen die Empfehlungen, den Reichtum und die Ergebenheit der Umgebung genüsslich auszukosten. Das ist zumindest gut beobachtet, denn egal wie arm ein Land ist: Die hohen Herren haben noch nie Not gelitten. In einer Art Nachwort berichtet de Guillaume von einem eigenen misslungenen Putschversuch in einem kleinen Inselstaat namens Cashman (!) Islands. Offenbar ist der Autor hier seinem eigenen Ratschlag gefolgt, sich als angehender Diktator eine interessante Vita zuzulegen.

„Was will uns der Dichter damit sagen?“ Strategien zur tatsächlichen Erlangung der Weltherrschaft verlieren natürlich schlagartig ihren Wert, sobald sie veröffentlicht sind – zumal es ja auch nicht unbegrenzt viele Weltenherrscher geben kann. Als Ratgeber zur Machtgewinnung im kleinen, im beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld hilft das Buch höchstens ansatzweise, da es fast nur politische Macht betrachtet. (Nun gut, sehr machtbewusste Menschen, die zwischen den Zeilen lesen können, werden schon den einen oder anderen Hinweis erhalten.) Es hilft auch nicht wirklich, die eigene Regierung besser zu durchschauen, da es sich nur vereinzelt mit den Intrigen demokratischer Regime auseinandersetzt und in Diktaturen ohnehin verboten sein dürfte.

Um noch stärker als humorvolles politisches Aufklärungsbuch zu funktionieren, fokussiert sich „Weltherrschaft für Anfänger“ also zu stark auf typische Diktaturen. Deren Bevölkerungen dürften auch ohne Buch nur zu gut um ihre Situation wissen. Einen subversiven Charme könnte das Buch gewinnen, wenn de Guillaume noch etwas ausführlicher die Aushebelung der Demokratie durch gewählte Regierungen beschrieben hätte, z. B. durch Desinformation via staatlicher Medien, den diskreten Aufbau von Nichtregierungsorganisationen, deren Forderungen man dann als „guter Demokrat“ entgegenkommt, oder die Instrumentalisierung der Wissenschaft (Geschichtsschreibung, Energiefragen) durch Bestechung statt Bedrohung.

Wahrscheinlich muss man „Weltherrschaft für Anfänger“ als Unterhaltungsbuch mit einem gallig-zynischen Humor nehmen, das einem vorführt, was menschenmöglich ist. Wenn das Buch dem Leser hilft, weniger übertriebenen Respekt vor den Mächtigen zu haben sowie Karrieristen und Ehrgeizlinge im Alltag besser einzuschätzen, dann hat es neben der kurzweiligen Lektüre auf jeden Fall seinen Nutzen bewiesen.

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