Heller, Frank (Red.) – Cthulhu Now (Cthulhu-RPG)

_Allgemein_

Die Begeisterung für das „Cthulhu-Rollenspiel“ lebt, neben dem dargebotenen Horror nach den Motiven von H. P. Lovecraft, vor allem auch von den vielen verschiedenen Settings, in denen gespielt werden kann. Neben den „klassischen“ Zeitaltern (1920er und 1890er) gibt es noch viele andere, wie zum Beispiel „Cthulhu 1000 A.D.“, das sich mit dem Mittelalter befasst und im Oktober 2007 außerdem als komplettes Regelbuch veröffentlicht werden soll. Für die heutige Zeit gab es allerdings noch kein ins Deutsche übersetztes Setting. Das hat sich jetzt mit dem Erscheinen von „Cthulhu Now“ geändert.

Dieser Quellenband befasst sich zwar auf über 240 Seiten mit dem Schrecken der Großen Alten in der modernen Welt des 21. Jahrhunderts und bietet die dazugehörigen Regeln und Hintergrundinformationen, ist allerdings auch wirklich nur ein Quellenband. Man benötigt also das „Cthulhu Spielleiterhandbuch“ und das „Cthulhu Spielerhandbuch“ zum Spielen, auch wenn das Heftchen „Cthulhu für Einsteiger“ beigelegt ist, das die wichtigsten Regeln beinhaltet. (Das Heft kann auch kostenlos im Internet unter http://www.pegasus.de/cthulhu runtergeladen werden.)

_Inhalt_

Besonders auffällig sind das veränderte Layout und die grundsätzlich geänderte Aufmachung. So dominieren nicht, wie in den Publikationen der „Standartsettings“, zeitgenössische Fotografien, sondern düstere Schwarzweiß-Zeichnungen den Band. Das ist sehr sinnvoll und leicht nachvollziehbar, denn im Zeitalter der Fotohandys kann sich jeder selber so viele zeitgenössische Fotos machen, wie er will. Indem Zeichnungen verwendet werden, lässt sich viel effektiver eine düstere Atmosphäre aufbauen. Die bewährte Qualität, was den Einband, das Papier und das Lesebändchen betrifft, wird natürlich beibehalten.

Der textliche Inhalt befasst sich neben der besonderen Stimmung bei „Cthulhu Now“ und den obligatorischen geistigen Störungen größtenteils mit den modernen Medien (Handys, Internet, Musik, Filme), den polizeilichen Ermittlungsmethoden und der modernen Gerichtsmedizin. Den Abschluss bilden mit „Die schreckliche Welt des Paul Wegner“ und „Eisige Tiefen“ zwei für einen Quelleband sehr gute und mit jeweils 20 Seiten ziemlich ausführliche Abenteuer.

_Mein Eindruck_

Trotz anfänglicher Skepsis ist mein endgültiger Eindruck durchgehend positiv. Meine Bedenken, dass mit der modernen Technik nur sehr schwer cthuloider Schrecken zu erzeugen ist, wurden sehr schnell zerstreut, denn die Autoren verstehen es meisterlich, dem geneigten Leser viele Tipps zu geben, wie er die modernen Möglichkeiten gegen die Spieler richten kann, um so den Horror auf eine andere Stufe zu heben. Übernatürliche Computerviren, besessene Handys und kultistische Rockmusik sind nur einige Beispiele dafür. Auch die Möglichkeit, ein nihilistisch ausgelegtes Cthulhu-Rollenspiel zu betreiben, dürfte auf viele Spieler und Spielleiter sehr stimulierend wirken.

Aber zurück zu den modernen Medien: Im gleichnamigen Kapitel wird ausführlich und sehr anschaulich erläutert, wie das Internet den Mythos beeinflusst und welche Möglichkeiten das sowohl für die Investigatoren als auch für die Kultisten und Mythoswesen bietet. Ebenso zwiespältig entpuppt sich übrigens auch der Artikel über die Nutzung von Handys, der mir als ausgesprochenem Handyhasser viel Freude bereitet hat und sicher so manchen Leser erfreuen wird. Warum die moderne Welt noch nicht auf den Mythos aufmerksam geworden ist, wird im Kapitel „Welt aus den Fugen“ äußerst schlüssig erklärt, und auch die düstere Grundstimmung wird gut rübergebracht.

Die zeitgenössischen Berufs-, Fertigkeits-, Waffen- und Ausrüstungslisten sind sehr gut recherchiert und bieten den Spielern jede Menge Möglichkeiten, ihre Charaktere für die „Jetztzeit“ zu gestalten. Sie werden es auch nötig haben, denn die Spieler müssen bei „Cthulhu Now“ deutlich vorsichtiger zu Werke gehen, denn die Möglichkeiten der Polizei, was Spurensuche und Gerichtsmedizin betrifft, sind sehr groß, was in den meisten Fällen eher von Nachteil für die Charaktere sein dürfte und das Spiel zusätzlich noch einmal schwieriger, aber somit auch spannender macht. Das gilt übrigens ebenso für die neuen und alten Geheimbünde und Geheimgesellschaften, die selbstverständlich auch nicht fehlen dürfen.

Alles in allem werden bei „Cthulhu Now“ alle interessanten Fragen so ausführlich wie nötig und so präzise wie möglich erläutert, was das lesen wirklich sehr positiv beeinflusst und dafür sorgt, dass keine Langeweile aufkommt. Die zwei enthaltenen Abenteuer gefallen mir sehr gut, auch wenn mich „Die schreckliche Welt des Paul Wegner“ ziemlich an den Film „The Cell“ erinnert. Da das aber einer meiner Lieblingsfilme ist, möchte ich das als ausdrückliches Lob verstanden wissen.

_Fazit_

Mit „Cthulhu Now“ ist dem |Pegasus|-Team mal wieder ein überragender Quellenband gelungen, der nur wenige Wünsche offen lässt. Das Setting ist sehr ausgewogen und anregend gestaltet worden, und es werden haufenweise Ideen und Anregungen für das Spielen in der heutigen Zeit geliefert, die zusammen mit den zwei Abenteuern jedem Spielleiter eine ganze Weile lang viel Freude bereiten werden. Alles in allem also eine sehr runde Sache.

http://www.pegasus.de/cthulhu.html

|Siehe ergänzend dazu:|
[CTHULHU Spieler-Handbuch 1744
[CTHULHU Spielleiter-Handbuch 2016
[Expeditionen – Ins Herz der Finsternis 2857
[Chaugnar Faugns Fluch 3010

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