Kiesling, Michael / Kramer, Wolfgang / Schätzing, Frank – Schwarm, Der (Gesellschaftsspiel)

_Eine grundsätzliche Schwierigkeit …_

… besteht seit geraumer Zeit darin, Spiele zu Büchern und Filmen zu konzipieren, dabei die Grundstimmung des Originals einzufangen, ihm aber dennoch auf spielerische Art und Weise einen eigenen Stempel aufzudrücken. Der Brettspielmarkt ist leider von vielen Negativ-Beispielen unterwandert worden, die ein bestehendes Franchise zu ihren (schnellen) Gunsten hatten nutzen wollen. Allerdings gibt es auch durchaus positive Vertreter, insbesondere im Hause Kosmos, wo vor allem in den letzten Jahren mit den Follett-Adaptionen oder dem Spiel zu Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ einige wirkliche Prachtexemplare auf den Markt gestoßen wurden. Diese Tradition sollte mit dem Spiel zu Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“ aufrechterhalten werden – und mit Autoren wie Wolfgang Kramer und Michael Kiesling an der Front, schien die Sache eigentlich schon auf Erfolg vorprogrammiert.

_Spielidee:_

Bei einem so umfassenden Projekt, wie es die Buchvorlage nun einmal war und ist, durfte man allerdings nicht erwarten, dass die Tiefe des teils sehr eigenwilligen Textes auch im Spiel die entsprechende Geltung bekommen würde. Dafür sind Schätzings Theorien einfach zu komplex. Insofern sollte man also nicht den Anspruch haben, das Thema im Spiel exakt wiedergespiegelt zu bekommen – und so ist es schließlich auch nicht.

Stattdessen setzt das Duo Kramer/Kiesling auf eine sehr vereinfachte Fassung, in der es darum geht, dass eine Gruppe Forscher den Schwarm untersuchen und nach Möglichkeit eine mehrspurige Verbindung zu ihm herstellen soll. Forschungsstationen werden mittels Aktionskarten gebaut, Wege durch das Meer geebnet und Katastrophen wie Tsunamis oder die Attacken durch Krebse und Wale möglichst gering gehalten. Wem es dabei gelingt, möglichst viele Landstücke mit dem Schwarm zu verbinden und seine Aktionskarten am geschicktesten auszuspielen, der wird am Ende mit den meisten Forschungspunkten zum Sieger gekürt.

_Spielmaterial:_

1 Spielplan
12 Schiffe in 4 Farben
24 Forschungsstationen in 4 Farben
4 Reihenfolgesteine in 4 Farben
4 Übersichtstafeln
59 Schwarmplättchen
24 Aktionskarten
28 Forscher in 4 Farben
112 Bojen in 4 Farben
4 Punktezählsteine in 4 Farben
5 Gefahrenfiguren (1x Krebs, 2x Wal, 2x Tsunami)
4 goldene Schwarmplättchen

Das Spielmaterial ist relativ basisch gehalten, versucht jedoch die mystische Atmosphäre der Romanvorlage ein wenig aufzugreifen – und sobald die Schwarmplättchen im Spielverlauf umgedreht sind, kann man hier auch von einer gelungenen Umsetzung sprechen. Ein Hingucker hingegen sind die Holzfiguren (Katastrophen, Forscher, Schiffe), die sehr liebevoll aufbereitet sind und davon zeugen, dass man definitiv mit der entsprechenden Leidenschaft an die Romanumsetzung herangetreten ist. In Sachen Übersicht sei gesagt, dass die Wertungsleiste, die sich um das eigentliche Spielfeld bewegt, ein wenig unübersichtlich ist, gerade wenn man die Punkte für einen Schaden verrechnen muss. Weiterhin hätte man die Anlegeflächen für die Aktionskarten ein bisschen deutlicher trennen können. Bei unterschiedlicher Spielerzahl werden nämlich auch unterschiedlich viele Karten verwendet – und das wäre sicherlich noch optimierbar gewesen.

Insgesamt ist der Eindruck des Materials aber dennoch ganz ordentlich, zumal „Der Schwarm“ in seiner Präsentation definitiv mehr als bloß zweckmäßig gestaltet ist.

_Spielvorbereitung:_

Zu Beginn des Spiels werden die Spieler zunächst mit ihrem persönlichen Material versorgt, soll heißen Forscher, Forschungsstationen, eine Joker-Aktionskarte, Schiffe, Bojen, die Reihenfolge- und Punktezählsteine sowie eine Übersichtstafel, auf der die Komponenten eines Zuges noch einmal transparent gemacht werden. Je nach Spielerzahl werden bestimmte Aktionskarten ggf. noch aussortiert und die übrigen an die Anlegeflächen des Spielplans gereiht. Dies geschieht auch mit den blauen Aktionskarten (jeweils zwei pro Runde) und der grünen Karte mit der Forschungsstation, die ans Ende dieser Reihe gelegt wird. Alle anderen Gegenstände werden neben dem Spielfeld bereitgelegt und für einen späteren Gebrauch bereitgehalten.

Bevor das Spiel nun startet, setzt jeder Spieler auf eine freie Landfläche eine seiner Forschungsstationen und platziert auf ihr genau einen Forscher. Der Punktezählstein wird auf das Feld mit der „20“ gesetzt. Dann kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf:_

„Der Schwarm“ wird in drei Durchgängen gespielt, die sich jeweils in zwei entscheidende Spielphasen gliedern. Lediglich das Spiel zu zweit hat auch einen vierten Durchgang. Die Phasen gliedern sich nun wie folgt:

Phase 1: |Aktionskarten erwerben|
Phase 2: |Aktionskarten ausspielen|

1) |Aktionskarten erwerben|

Vor jeder Runde werden die hellen Aktionskarten (in ihrer Summe abhängig von der Mitspielerzahl) neu (und zufällig) ausgelegt. An ihrem Ende befinden sich noch die grüne Karte mit der Forschungsstation bzw. zwei der insgesamt sechs blauen Karten. Die Reihenfolge der Karten hat für die erste Phase nun insofern eine Bedeutung, als dass die Karten von links nach rechts in ihrem Erwerb immer “teurer‘ werden. Die Karte ganz links kann man infolgedessen gratis bekommen, jede weitere kostet aufsteigend in ihrer Position jeweils einen Forschungspunkt mehr. Die Forschungspunkte, insofern auch die traditionellen Siegpunkte in diesem Fall, sind also einerseits einzusetzen, um mit ein wenig Risiko an ggf. bessere Aktionskarten zu kommen, sollten aber auch wohl behütet werden, da derjenige mit dem beesten Endresultat auch das Spiel gewinnt.

Phase 1 fordert die Spieler nun in der Reihenfolge, die auf der Leiste für die Reihenfolge vorab festgesetzt wurde, auf, Aktionskarten zu erwerben und hierfür eben auch eventuell Forschungspunkte einzusetzen. Dies geschieht reihum in dieser Reihenfolge, bis keine Karten mehr ausliegen. Spieler, die bereits frühzeitig ihre Punkte aufgebraucht haben (Ausnahmefall), müssen nun also das nehmen, was frei zu haben ist, sprich die erste Karte. Der Preis sinkt jedoch, sobald die Karten an der Front ausgewählt wurden, da immer die Karte ganz links gratis zu haben ist. Es besteht hierbei im Übrigen auch die Möglichkeit, die Reihenfolge für den nächsten Spielzug zu beeinflussen und in eine so beschaffene Karte zu investieren. In diesem Fall erhält man eine der vier Fähigkeitskarten als Bonus hinzu und kann die entsprechende Fähigkeit in der kommenden Runde einmalig nutzen.Sind alle Karten verteilt, beginnt bereits die zweite Phase.

2) |Aktionskarten ausspielen|

Die eigentliche Aktion wird nun in der zweiten Phase umgesetzt, jedoch natürlich maßgeblich vom Resultat der ersten Phase gesteuert. In der gleichen Reihenfolge wie beim Verteilen der Aktionskarten darf nun reihum jeder Spieler eine seiner Karten ausspielen. Hierbei hat er mehrere Optionen, sechs an der Zahl, die sich wie folgt gliedern. So kann man beispielsweise mit der passenden Karte auf irgendeinem freien Landfeld eine Forschungsstation bauen. Dies ist insofern interessant, als dass es in der Schlusswertung Zusatzpunkte für Stationen gibt, die mit dem Schwarm in der Mitte des Feldes verbunden sind, und die sich gleichzeitig in verschiedenen Himmelsrichtungen des Spielplans angesiedelt haben.

Mit einem Forscher wiederum kann man entweder seine Forschungsstationen stärken und dort eine weitere Figur aufsetzen (bis zu drei pro Station), oder aber den Schwarm erkunden. Beides macht Sinn und ist aneinander gekoppelt, denn je mehr Forscher im Spiel sind, desto mehr Plättchen des Schwarms darf man später auch im Spiel einsetzen. Letzteres ist allerdings nur dann möglich, wenn man vorher mit einem Schiff (ebenfalls eine Aktionskarte) über die noch verdeckten Plättchen des Schwarms ‚gekurvt‘ ist und diese aufgelesen hat. Mit einer Schiffsbewegung kann man bis zu drei Felder weit ziehen und dementsprechend viele Plättchen auflesen. Und genau diese Plättchen kann man mithilfe seiner Forscher dann auch einsetzen, um sich einen Kanal von der oder den eigenen Forschungsstation(en) zur Mitte des Feldes, wo die Königin sich befindet, herzustellen. Die Erkundung eines Schwarms folgt auch zu einer direkten Zwischenwertung. Je nachdem, wie die einzelnen Plättchen beschaffen sind, gibt es einen oder sogar zwei Forschungspunkte, die direkt vermerkt werden. Um festzuhalten, welche Plättchen man selber beigesteuert hat, markiert man alle umgedrehten Plättchen mit einer Boje. Unter bestimmten Umständen ist es sogar möglich, ein bereits ausliegendes Plättchen noch einmal zu überdecken, so dass im Ausnahmefall auch zwei verschiedenfarbige Bojen ein Qudarat auf dem Spielfeld ausfüllen können.

Die letzten drei Aktionskartentypen markieren Katastrophen, die sich jeweils unterschiedlich auswirken. Ein „Wal“ beispielsweise startet am Feld der Königin und breitet sich von dort immer wieder um drei Felder waagerecht oder senkrecht aus. Alle Schiffe, die er hierbei unterwandert, werden wieder aus dem Spiel genommen, ausgenommen den Schiffen desjenigen Spielers, der die Katastrophe ausspielt. Abhängig davon, wie weit der betroffene Spieler nun auf der Forschungspunkteleiste vorangeschritten ist, muss er eine festgelegte Punktzahl an den Spieler abgeben, der die Katastrophe verursacht hat. Dieser Modus gilt auch für den „Tsunami“, der auch diagonal über das Feld ziehen kann, und den „Krebs“, der an Land im Uhrzeigersinn die Forschungsstationen angreift.

Die sechs blauen Aktionskarten bieten derweil einige spezielle Optionen an, sind in ihrer Beschaffung aber auch ungleich teurer, da sie in Phase 1 sehr weit recht ausliegen. Allerdings offerieren sie kombinierte Aktionen mit Forschern und Schiffe, Schutz gegen Katastrophen oder Tempo-Upgrades bei den Schiffen. Wie aber auch alle anderen Karten, können sie nur jeweils im aktuellen Durchgang eingesetzt werden. Dies gilt schließlich auch für die Jokerkarten, die jeweils eine der sechs Aktionen noch einmal zusätzlich anbieten und auch in jeder Runde genau einmal ausgespielt werden dürfen.

Haben alle Spieler ihre Aktionskarten ausgespielt, werden diese wieder gesammelt, gemischt und wieder neben den Spielplan an die Anlegeflächen gelegt. Jeder Spieler zählt nun alle Elemente seines größten Verbundsystems (das sind die zu einem ‚Kanal‘ geformten Plättchen des Schwarms, markiert durch Bojen, Forschungsstationen, Forscher und Schiffe) und setzt seinen Punktezählstein um ein Feld für jedes dieser Elemente vorwärts. Diese Wertung findet nach jedem Durchgang statt. Anschließend beginnt die nächste Runde.

_Spielende und Wertung:_

Sobald drei (bzw. vier) Durchgänge gespielt wurden, erfolgt die Schlusswertung. Für jede Forschungsstation, die mit der Königin verbunden ist, erhält man so viele Punkte, wie das Feld anzeigt, auf dem die Forschungsstation errichtet wurde. Weiterhin bekommt man zehn Punkte, sobald zwei Forschungsstationen einer unterschiedlichen Himmelsrichtung mit der Königin verbunden sind, 30 Punkte für eine dritte und ganze 50 Punkte für eine vierte. Wer nun die Nase vorne hat, sprich die meisten Forschungspunkte einsammeln konnte, ist der Gewinner.

_Persönlicher Eindruck:_

„Der Schwarm“ braucht ein wenig Zeit, bis man sich mit ihm und seinen gefälligen Mechanismen anfreundet – und das ist wahrscheinlich auch die größte Schwierigkeit, die dieser Titel im Endeffekt mit sich führt. Ich persönlich habe den großen Fehler begangen, das Spiel zunächst nur zu zweit zu spielen, was sich in der rückblickenden Betrachtung absolut nicht empfiehlt. Denn in diesem Fall spielt man irgendwie aneinander vorbei, baut und gestaltet parallel, kommt sich aber nicht derart in die Quere, wie es die Spielmechanik im Sinne der strategischen Ausrichtung eigentlich vorsieht. Von daher bzw. unterm Strich: „Der Schwarm“ ist für zwei Spieler wenig bis gar nicht geeignet.

Erst die nachfolgenden Partien mit drei und vor allem vier Beteiligten führten zu einer Ausreizung des Konzepts und machten die Sache zu einem überraschend taktischen Unterfangen, die schlussendlich die Frage aufwirft, warum das Spiel in den meisten Foren so schlechtgeredet wird bzw. sein Potenzial verkannt wird. Sicher, die grundsätzlichen Mechanismen in Phase 1 sind definitiv nicht innovativ und scheinen im Hinblick auf die Spielerreihenfolge sogar ein bisschen unfair verteilt, doch sobald die Sache seinen Gang geht und man beginnt, seine Karten auszuspielen, entsteht durchaus Leben auf dem Spielfeld und daraus folgend auch eine sehr feine Strategieschlacht, die in einer kurzweiligen halben bis Dreiviertelstunde auch jedes Mal wieder ein sehr versöhnliches Ende findet. Fraglich ist lediglich, ob man die Schlusswertung für die Himmelsrichtungen so hoch hätte ansetzen sollen. Es scheint zwar geradezu unmöglich, in gerade einmal drei Durchgängen an jedem Landstrich eine Forschungsstation errichten zu können und gleichsam auch Verbindungen zur Königin herzustellen, doch generell wird hier meines Erachtens ein wenig zu hoch angesetzt.

Summa sumarum hat „Der Schwarm“ sicherlich einige Schwächen in der Regelauslegung und auch im 2-Personen-Spiel. Und ferner kann das Ganze natürlich – das war zu erwarten – nicht mit der großartigen Romanvorlage mithalten. Doch unabhängig davon, sind die Spielidee und die Konzeption besser als ihr insgesamt nicht so guter Ruf. Zumindest mit vier Personen hat das Spiel einen nicht zu verachtenden Reiz und sollte auch Skeptikern wenigstens mal eine Testpartie wert sein.

|Gesellschaftsspiel für 2-4 Spieler
Empfohlenes Alter: ab 12 Jahren
ISBN-13: 978-3440690468|
[www.kosmos.de]http://www.kosmos.de

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