Lode, Christoph – letzte Traumwanderer, Der (Pandaemonia 1)

_|Pandaemonia|_:

Band 1: _“Der letzte Traumwanderer“_
Band 2: „Die Stadt der Seelen“ (Februar 2011)
Band 3: „Phoenixfeuer“ (Oktober 2011)

In Bradost gärt es. Seit die Lordkanzlerin vor fünf Jahren den Magistrat entmachtet hat, um allein über die Stadt zu herrschen, wächst die Unzufriedenheit im Volk, viele wollen die alte Republik zurück.

Liam und Jackon kümmert das alles wenig. Vorerst. Bis Jackon von Lady Sarka in ihren Palast aufgenommen wird, wo sie ihn im Gebrauch seiner Gabe schulen kann. Denn Jackon ist ein Traumwanderer …

Und bis Liam zusehen muss, wie sein Vater vom Chef der Geheimpolizei ermordet wird!
Plötzlich stecken beide mittendrin in einem Machtkampf, der nicht allein auf ihre eigene Welt beschränkt ist …

_Die Charakterzeichnung ließ_ ein wenig zu wünschen übrig.

Liam zum Beispiel ist durchaus sympathisch, so, wie man jemanden sympathisch findet, dem man gelegentlich auf der Straße begegnet, und der immer gut gelaunt und freundlich grüßt. Aber mehr als dieser oberflächliche Eindruck bleibt nicht zurück.

Auch Jackon fehlt es an Ausstrahlung, zudem wirkt er in seiner fast kindlichen Bewunderung für Lady Sarka wesentlich jünger als ein Fünfzehnjähriger. Von jemandem, der von Kindesbeinen an täglich um sein Überleben kämpfen musste, hätte ich etwas mehr geistige Reife erwartet.

Weitere Figuren wie der Erfinder Quindal, die Alben Lucien und Aziel oder die Gehilfen der Lordkanzlerin, besitzen kaum eigenes Profil.

Wesentlich stimmungsvoller ist Christoph Lodes Darstellung seiner Welt ausgefallen. Die Gassen sind eng und schmutzig, die Häuser schäbig und rußgeschwärzt. Licht scheint es fast ausschließlich außerhalb von Gebäuden zu geben, aber selbst in den Gärten der Lordkanzlerin, die von einem Gärtner gepflegt werden, ist alles voller Ruinen, sind die Statuen fleckig und schadhaft. Viele magische Geschöpfe sind einfach verschwunden, so wie der Phönix, der einst die Stadt bewachte. Es ist eine verfallende, sterbende Welt. Der Lärm und der Ätherdampf aus den zahllosen Fabriken und Manufakturen, die Geschäftigkeit in Quindals Erfinderwerkstadt wirken vor dieser Kulisse wie der klägliche Versuch, kunstvolle Musik durch andere Geräusche und den dadurch entstehenden Mangel an Klang durch noch mehr Geräusche zu ersetzen.

Dennoch gibt es noch immer Magie. Dabei scheint es nicht so zu sein, dass Magie eine universelle Kunst ist, zu der jemand befähigt ist oder nicht. Sie äußert sich – zumindest bei den Menschen – in unterschiedlichen Gaben, so wie Jackons Fähigkeit, durch die Träume anderer Menschen zu wandern. Eine Ausnahme bildet die Alchymie, die ganz offensichtlich eine Menge mit Magie zu tun hat, für die man aber anscheinend keine magische Gabe benötigt.

In dieser düsteren Umgebung hat der Autor seinen Plot entwickelt. Die Grundidee dieses Plots ist nicht neu: Eine kleine, zusammengewürfelte Gruppe mehr oder weniger junger und heldenhafter Personen setzt sich gegen einen übermächtigen Diktator zur Wehr. Was dabei ein wenig stört, ist, dass die Darstellung ein wenig löchrig wirkt. Details darüber, wie die Lordkanzlerin die alleinige Macht an sich gerissen hat, wie sie die städtischen Soldaten auf ihre Seite gebracht hat, und vor allem, warum sie das tut, sind vornehmer Zurückhaltung zum Opfer gefallen. Sicher, die neue Machthaberin lässt ihre Untertanen ununterbrochen bespitzeln und unterdrückt jeden Widerstand sofort auf brutale Weise. Aber was war zuerst da? Die Unterdrückung oder der Widerstand? Und im Falle des Letzteren: Wo kam er her und warum?

Hier lässt der Autor den Leser völlig in der Luft hängen, was ich schade fand. Die Motive aller Beteiligten bleiben dadurch bruchstückhaft, es fehlt eine stabile Basis, auf der die weitere Entwicklung des Plots aufbauen könnte.

Dazu kommt, dass die sich die Handlung weder durch viel Bewegung noch durch Komplexität auszeichnet. Bis alle Personen in Stellung gebracht sind, vergehen einige Seiten, und obwohl der Autor sich darauf beschränkt hat, Gedanken und Gefühle seiner Figuren direkt festzustellen, anstatt sie indirekt durch Beschreibung zu verdeutlichen, nehmen die Entwicklung von Liams und Jackons Freundschaft oder die der Beziehung zwischen Liam und Vivana eine Menge Raum ein. Das wäre nicht unbedingt ein Problem, so denn die Charaktere lebendig und greifbar genug wären, um diese Passagen mit Präsenz zu füllen, was sie leider nicht sind.

Außerdem ist von Anfang an klar, was die Lordkanzlerin vorhat, und auch die Frage, woher der Harlekin die magische Lampe hatte, kann der Leser in dem Moment beantworten, in dem sie gestellt wird. Damit ist der Plot eigentlich schon aufgedeckt, und der Leser fragt sich nur noch, ob es den Protagonisten gelingt, den Plan zu vereiteln oder nicht. Nun, nicht ganz, er fragt sich auch, was es nun eigentlich mit diesem so wichtigen Gelben Buch von Yaro D’ar auf sich hat, aber diese Antwort hat sich der Autor wohlweislich noch aufgehoben.

Letztlich sind es kleine Randfragen, die die Geschichte auch darüber hinaus interessant halten: Was hat es mit der Vergangenheit von Lady Sarkas Leibwächterin auf sich, die einmal so beiläufig, aber sicherlich nicht ohne Absicht erwähnt wurde? Welche Geheimnisse hüten die Manusch, die als fahrendes Volk durchs Land ziehen und von denen Vivana teilweise abstammt? Und woher hat die Lordkanzlerin ihre so außergewöhnlichen Fähigkeiten?

An diesen kleinen Rätseln kann der Leser herumpuzzlen, bis es endlich zum Showdown kommt. Und der wiederum ist nicht nur turbulent, sondern auch durchaus spannend geraten und wartet für alle, die ein paar Seiten zuvor noch dachten: „Das ging jetzt aber leicht!“, mit einer kleinen Überraschung auf. Zusammen mit dem Besuch des Alben Lucius beim Alchemysten Silas Torne ist das die beste Szene des Buches.

_Zurück bleibt ein durchwachsener Eindruck._ Vieles hat mir sehr gut gefallen, so zum Beispiel die einzelnen magischen Gaben, die Darstellung der Stadt Bradost oder die Manusch, die vielleicht nicht unbedingt überaus originell geraten sind, dafür aber ein wenig Farbe mitbringen. Die Charaktere dagegen blieben mir zu blass und zu flach, und auch der Handlung fehlte es bisher noch an Biss und an Tempo. Vielleicht bessert Letzteres sich ja in den Folgebänden, jetzt, wo wir die Aufstellung der Figuren und ihrer Beziehungen zueinander hinter uns haben.

_Christoph Lode_ stammt aus dem Rheinland und ist seit Jahren freiberuflicher Schriftsteller. Nach den Historienromanen „Der Gesandte des Papstes“ und „Das Vermächtnis der Seherin“ ist die |Pandaemonia|-Trilogie sein erster Ausflug ins Fantasy-Genre. Der zweite Band unter dem Titel „Die Stadt der Seelen“ erscheint Mitte Februar, außerdem ist für Mitte April die Veröffentlichung eines weiteren Historienromanes vorgesehen, „Die Bruderschaft des Schwertes“.

|Broschiert: 381 Seiten
ISBN-13: 978-3442471737|
[www.randomhouse.de/goldmann]http://www.randomhouse.de/goldmann
[www.christoph-lode.de]http://www.christoph-lode.de

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