Interview mit Andrea Schacht

Auf der Frankfurter Buchmesse stellte die bekannte Autorin Andrea Schacht sich meinen Fragen.

_Um Sie den Lesern vorzustellen, würden Sie etwas über sich erzählen?_

Ich lebe in der Nähe von Bonn. Ich habe zwei Katzen, eine davon ist rot-braun-schwarz mit einem weißen Pfötchen und einem weißen Ring um den Hals. Sie lüftet gerne ihren Bauch. Sie inspiriert mich sehr stark. Die andere ist klein, schwarz und gemein (lacht). Sie hat es noch nicht so ganz drauf, beim Schmusen die Krallen einzuziehen. Sie ist einfach sehr verspielt. Ich bin verheiratet, mein Mann ist derzeit in Berlin, das gibt mir viel Zeit zum Schreiben. In meinem früherem Leben war ich Ingenieurin.

_Zählen Sie sich selber zu den Bücherwürmern? Welche Autoren und Genres bevorzugen Sie?_

Ich lese gerne, vor allem Sachbücher. Eigentlich sogar lieber als Romane, was daran liegt, dass ich gerne recherchiere. Derzeit lese ich die Biografie von Josefine Baker. Die hat mich fasziniert, da ich mal in die Zeit der Zwanziger Jahre einsteigen wollte. Ansonsten über alles, was mich auch nur im entferntesten interessiert, das können Philosophie, Psychologie, Medizin, Sozialwissenschaften oder auch Geschichtswissenschaften sein. Ich schieße da querbeet und das alles inspiriert mich.

_Welchen Interessen und Hobbys widmen Sie sich sonst in Ihrer Freizeit?_

Ich tanze ziemlich ambitioniert Standard und lateinische Tänze mit meinem Mann zusammen!

_Wie kamen Sie zum Schreiben, gab es da einen bestimmten Auslöser? Was hat Sie inspiriert?_

Eine Katze! Ich war in einem Urlaub, ich glaube es war Lanzarote. Wir waren in einem Hotel, das ganz lange, mit blauem Teppichboden ausgelegte Gänge hatte. Jeden Abend, pünktlich um sieben Uhr, stolzierte ein schwarzer Kater – Schwanz hoch – diesen langen Gang entlang. Ich dachte irgendwas hat dieser Kater, ich würde zu gerne wissen: Was geht dem jetzt durch den Kopf? Was erlebt der hier im Hotel? Da müsste man doch eine Geschichte draus machen. So kam ich auf die Idee, einen Roman zu schreiben. Mein Gedanke: „Schreib doch mal eine Geschichte über diesen Kater“. Also habe mich hingesetzt und eine Geschichte über eine Katze geschrieben, wobei ich mich dann selber in eine Katze verwandelt habe. Dieses Buch „Der Tag mit Tiger“ hat auch sofort einen Verleger gefunden. Einen ganz kleinen Verlag, der das Buch dann auch gleich genommen hat und gesagt hat: „Das machen wir“! Das war dann zwar nur eine kleine Auflage, aber das hat mir Mut gemacht, weiter zu schreiben. Irgendwann bin ich dann bei Blanvalet gelandet und vor vier Jahren hat mich der Aufbau Verlag gefragt, ob ich noch weitere Bücher über Katzen hätte. Für Aufbau schreibe ich immer die Weihnachtskatzengeschichten. Ich habe Aufbau dann „Der Tag mit Tiger“ angeboten und seitdem gibt es dort die Serie um „Tiger“.

_Wie teilen Sie sich Ihre Zeit zum Schreiben ein, haben Sie dabei bestimmte Vorlieben, was die Umgebung oder die Tageszeit betrifft?_

Ich habe ein Arbeitszimmer, das betrete ich meistens morgens gegen 10 Uhr und verlasse es dann abends gegen 21 Uhr. Zwischendurch nehme ich mir dann eine, oder auch mal zwei Stunden, um in den Wald zu gehen. Einfach mal den Kopf freilaufen, Weite sehen und nicht immer nur den Bildschirm.

Bei meiner Arbeit gibt es drei verschiedenen Phasen. Da gibt es Phasen da schreibe ich ausschließlich oder ich recherchiere und es gibt Phasen, da plotte ich. Das Ganze mache ich im Wechsel, damit ich nicht alles zeitgleich mache.
Aber wenn ich schreibe, dann schreibe ich. Von morgens bis abends und das an jedem Tag der Woche.

_Haben Sie dabei nicht auch mal mit einer Schreibblockade zu kämpfen?_

Das ist mir noch nie passiert. Ich bin von der Muse geküsst. Von anderen habe ich so was schon gehört, aber ich habe das Glück, dass es mir bisher noch nie passiert ist. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich einen fertigen Plot habe, ich habe mir, bevor ich schreibe, die Geschichte ja schon einmal erzählt. Ich mache das sehr gründlich und dann ist die Geschichte und der Szenenbau schon da.

_Was verbindet Sie generell mit den Samtpfoten, die in „Jägermond“ neben Feli und Finn, wichtige Rollen besetzen?_

Ich habe selber zwei Katzen, von denen eine sogar als echtes Vorbild für einen wichtigen Charakter in Jägermond Pate gestanden hat.

_Wie ist Ihnen die Idee zu „Jägermond – Im Reich der Katzenkönigin“ gekommen? Woher kamen die Ideen für Schauplätze und zu dem Thema?_

Die Idee zu Jägermond existiert bereits seit 20 Jahren und nahm ganz allmählich Gestalt an. Das fing damit an, dass mein Kater starb, das hat mich natürlich sehr, sehr unglücklich gemacht. Die Vorstellung, dass Katzen mehrere Leben haben, ist ja bekannt und ich habe mich dann gefragt: „Wo verbringen die Katzen die Zeit zwischen ihren Leben?“ Mir ist dazu die Idee der goldenen Steppen gekommen. Von diesem Gedanken aus spinnend bin ich immer weiter gekommen und irgendwann stand dann eine Katze mit einem Ohrring vor meiner Tür und sprach mit mir. Sie sprach rückwärts. So entstand das Buch „Red Gnirrho“, dies ist unveröffentlicht, aber dies ist die Wurzel der ganzen Jägermondwelt. Eben die Idee, dass es Ohrringe gibt, die es möglich machen, dass Menschen und Katzen sich verständigen können.

_Ist das Schreiben eines Jugendromans für Sie leichter oder schwieriger als für die Zielgruppe der Erwachsenen?_

Es ist anders. Dadurch, dass ich ja schon sehr viele historische Romane geschrieben habe, habe ich mich in diese Sprache sehr reingearbeitet – mit Ihr und Euch und so weiter – das ist eine Umstellung. Da musste ich mir anfangs auch mal sehr bewusst sagen: „Nimm jetzt mal die alten Wörter raus und verwende Gegenwärtige“. Das ist auch direkt meinen Testlesern aufgefallen, die dann gesagt haben: „Muss denn das schon wieder so ein mittelalterliches Wort sein?“(lacht). Das hat sich dann aber auch relativ schnell gegeben, denn wenn ich in dieser Sprache erst einmal drin bin, klappt das dann auch. Das ist etwas, woran ich wirklich gearbeitet habe und mich umgestellt habe.

Ich habe allerdings auch schon mal einen historischen Roman für Jugendliche geschrieben, „Die Blumen der Zeit“. Da haben die Jugendlichen es sehr geschätzt, dass die Sprache in dem Roman etwas altertümlich ist.

„Jägermond“ ist tatsächlich ziemlich anders, da ich die Katzenromane aber eh in der Gegenwart schreibe, war es wiederum keine so große Umstellung.

_Wie hat Ihnen der Ausflug in das Genre „Fantasy“ gefallen?_

Wunderbar! Es ist eben etwas komplett anderes, wenn man sich selber die Grenzen setzen kann. Klar, das Historische ist auch immer eine Fantasiewelt, man hat da ja nie gelebt, aber es gibt harte Fakten. Und in der Fantasy gibt es nur die Grenzen, die man sich selber setzt. Man muss es zwar so strukturieren, dass es eine glaubhafte Welt ist, aber das hat mir richtig Spaß gemacht.

_Bekannt sind Sie ja vor allem durch Ihre historischen Romane geworden, was fasziniert Sie an dieser Zeit?_

Eben auch, dass ich die Möglichkeit habe eine eigene Welt zu erschaffen, wenn auch unter anderen Bedingungen. Sehr interessant finde ich immer wieder auch die Überlegung: Wie anders waren die Menschen zu dieser Zeit? Das waren sie aber gar nicht, also musste ich herausfinden: Wenn die Menschen genau die gleichen Reaktionen haben wie heute, die gleichen Gefühle, wie reagieren sie dann, wenn die Umstände anders sind? Wenn man beispielsweise eine starre Kirche hat, die Vorgaben macht und Grenzen setzt, wie kann jemand, der eine Kodderschnauze hat, damit zurechtkommen? So ist meine Begine entstanden, die dann ja auch prompt auf die Nase fiel. Das sind so Sachen, die sich sehr positiv auf meine Kreativität auswirken.

_Wie sieht Ihre Recherche aus?_

Köln habe ich sehr intensiv abgearbeitet, unter anderem habe ich einen Stadtplan von Köln aus dem Mittelalter. Ich kenne mich ganz wunderbar in Köln aus … nur zu heutiger Zeit leider nicht mehr (lacht).

_Im November erscheint Ihr neuer Roman „Die Gefährtin des Vaganten“, können Sie uns hierzu schon etwas verraten?_

Er spielt in der Nähe von Köln (lacht), aber diesmal auf der Scheel Siek in Brück. In Brück haben sich die zwei ganz großen Handelsstraßen gekreuzt, die von Norden nach Süden und die von Westen nach Osten. An solchen Kreuzungen hat es natürlich immer Gasthäuser gegeben. Dies versprach, ein ausgesprochen spannendes Setting zu sein: Was passiert in so einem Gasthaus an einer großen Handelsstraße in der Nähe einer großen Handelsstadt? Es passiert einiges! Unter anderem geht es um eine sehr fragwürdige Reliquie und einen Bischof, der keiner ist.

_Was erwartet uns Leser künftig aus Ihrer Feder. Wird es mit den Abenteuern um Alyss van Doorne noch weitergehen?_

Von Alyss wird es nächstes Jahr den vierten Band geben. Außerdem ist ein weiterer Katzenroman („Der Spion im Kurbad“) geplant, der einmal völlig anders ist. Der Spion im Kurbad spielt 1871 in Bad Ems. Eine Katze, die dort einen Kriminalfall aufdeckt, ähnlich wie die Katze im Beichtstuhl. Auch mit „Jägermond“ wird es weitergehen.

_Und abschließend: Wenn Sie drei Wünsche für die Zukunft freihätten, welche wären das?_

Gesundheit, damit ich weiter schreiben kann, das wäre mir sehr wichtig.
Weiterhin so viele Ideen, wie ich sie jetzt habe.
Dass es meinen Katzen weiterhin gut geht.

_Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben._

Das Copyright für das Foto liegt bei Barbara Frommann-Czernik