Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Der Erste der Zehn (Folge 24)

Das Geheimnis um Steven Burns‘ Gabe ist, zumindest teilweise, aufgedeckt. Er ist ein Grauer Engel – ein Geschöpf, das er sich stets geschworen hatte zu bekämpfen. Und nicht nur das, Steven ist sogar der erste von ihnen, der gefallene Engel Gabriel. Ist er nun dazu verdammt, eine willenlose Figur im Spiel der Mächte zu sein, die an den zehn fahlen Orten die Tore ins Jenseits und der Hölle öffnen wollen, damit unaussprechliche Kreaturen die Erde verschlingen können? Ist Steven der Schlüssel, der das Grauen nicht verhindert, sondern heraufbeschworen hat? Oder gelingt es ihm, seine Gabe zu nutzen, seine Kräfte zu regulieren und die zehn fahlen Orte stattdessen zu versiegeln? Steven muss es herausfinden, und zwar schnell, denn Vancouver steht kurz vor dem Fall.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 23_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden sollen, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt.

_Inhalt_

Folge 24 „Der erste der zehn“ der |Gabriel Burns|-Reihe knüpft direkt an die vorige Folge an. In einem kurzen Rückblick erwacht Steven Burns aus seiner psychedelischen Horrorvision und findet sich in dem mittlerweile leer stehenden Gefängniskomplex von Fairlane wider. An genau diesem Ort hat ihn Bakerman einst als kleines Kind gefunden. Kann das Zufall sein? Völlig durcheinander und von Stimmen in seinem Kopf verwirrt, sucht sich Steven seinen Weg nach draußen und irrt dort durch die ebenso verlassene und öde Wildnis. Alles ist menschenleer, nirgends ist ein Dorf zu sehen. Glücklicherweise gelingt es ihm schließlich, Larry zu kontaktieren, der ihn mit Hilfe der vagen Umgebungsbeschreibung tatsächlich nach Tagen der Suche findet. Mit dem Wagen, einem alten Landrover, geht es wieder Richtung Heimat.

Steven bleibt wortkarg und lauscht während der Fahrt dem Radio. In den Nachrichten ist von einer Quarantänezone in Bukarest die Rede. Niemand weiß etwas Genaues. Larry kann Steven jedoch darüber in Kenntnis setzen, dass Bakerman und Joyce in die Region geflogen sind, um sich vor Ort über die tatsächlichen Hintergründe zu informieren. Für einen kurzen Augenblick im Gespräch vertieft und abgelenkt, bemerkt Larry nicht, wie plötzlich eine Frau auf der Fahrbahn steht. Der Landrover erwischt sie noch, doch als Larry anhält, scheint die Frau unverletzt – sie hat noch nicht einmal einen Kratzer. Einen Augenblick später ist sie spurlos verschwunden.

Steven und Larry vermuten das Schlimmste und halten an einem nicht weit entfernten Bistro an der Straße an. Die Bedienung in dem heruntergekommenen Schuppen reagiert nervös, von der Frau auf der Straße will sie aber nichts gesehen haben. Steven entdeckt jedoch draußen auf dem Parkplatz eine Frau oder besser gesagt, von einem parkenden LKW auf dem Parkplatz verdeckt, nur deren Füße und Beine. Doch er hat keinen Zweifel, dass es sich um dieselbe Person handelt. Auf alles vorbereitet, geht er nach draußen und erlebt dort wahrhaftig eine Überraschung.

Im Wechsel zum ersten Handlungsstrang, und nur lose durch die Radionachricht mit diesem verbunden, wird in einem zweiten die Perspektive auf Bakerman und Joyce gerichtet. Sie sind bereits in Bukarest angekommen und wollen einen Kontaktmann treffen, um an Informationen über die Absperrungen mehrerer Ortsteile zu kommen und ihre These, Bukarest könne einer der zehn fahlen Orte sein, zu untermauern. Anstatt ihren Kontaktmann zu treffen, finden sie am vereinbarten Treffpunkt, einer Wäscherei, jedoch nur Leichen vor. Es sieht alles danach aus, als ob jemand mit aller Macht verhindern will, dass nicht das kleinste Gerücht nach draußen dringen.

Während sich die beiden in dem Gebäude umsehen, bemerken sie, wie ein Wagen vor dem Haus hält. Mehrere schwer bewaffnete Männer kommen heraus und wollen die Wäscherei stürmen. Bakerman und Joyce bleibt nur die Treppe nach oben, wo ihr Weg sie aufs Dach führt. Dort finden sie tatsächlich ihren Kontaktmann, der ihnen verrät, dass ihm keine andere Wahl blieb, als sie in eine Falle zu locken. Aber er steht noch immer auf ihrer Seite. So fasst er einen lebensmüden Plan und wirft sich den nach oben stürmenden Männern in den Weg, um Bakerman und Joyce die Flucht über eine Feuerleiter zu ermöglichen.

Sie können tatsächlich türmen und alles in die Wege leiten, um mit einem Hubschrauber aus der Stadt geflogen zu werden. Zur ihrer Überraschung gibt ihnen das, was sie dort aus der Luft sehen, mehr Antworten als alle Nachforschungen, die sie bisher eingeholt haben. Eine riesige Traube an Menschen, geistig kontrolliert von ausgesandten Funkwellen, hat sich vor einem meterhohen Feuer versammelt und wirft sich selbst in die Flammen. Noch bevor die beiden realisieren, was dort vor sich geht, verliert auch ihr Pilot die Kontrolle über seinen Geist und steuert direkt auf das Feuer zu.

_Bewertung_

Nach den Antworten auf eine der wichtigsten Fragen der gesamten |Gabriel Burns|-Reihe, die in der letzten Folge gegeben worden sind, muss „Der erste der zehn“ ein schweres Erbe antreten. Dies gelingt der Episode erwartungsgemäß nicht. Man merkt den beiden Geschichten an, dass sie nur als Überleitung dienen und nicht mehr sind als ein bloßes Zwischenspiel. Doch darin erfüllen sie durchaus ihren Zweck und erhöhen die Erwartungshaltung auf die kommenden Ereignisse in Vancouver nur noch stärker. Die Handlung rund um Steven spielt sich lediglich auf der – zugegebenermaßen langen – Landstraße zwischen Fairlane und Vancouver und einem an der Straße gelegenen Bistro ab. Sie erfüllt nur den Zweck, dass Steven hier zum ersten Mal bewusst und von ihm selbst gesteuert die Möglichkeiten nutzt, die ihm als Grauer Engel zur Verfügung stehen. Ein erster Eindruck also, wie Steven fortan kämpfen wird und auch kämpfen muss, um gegen die wirklichen Gegner zu bestehen.

Die Ereignisse in Bukarest tragen da schon mehr zum Metaplot bei, wenngleich sie nur schildern, wie die Vorbereitungen um die zehn fahlen Orte allmählich ihre Wirkung zeigen.

Etwas schade ist, dass beide Handlungslinien so gut wie nicht miteinander verknüpft sind und in eine Folge gepackt werden mussten, weil sie einzeln nicht genug hergegeben hätten. So bleibt es also bei einem kurzen Intermezzo und der Hoffnung, dass die Geschichte bald wieder an Fahrt gewinnt. Aber „Der erste der zehn“ deutet unweigerlich darauf hin.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

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