Morgan, Wendy – Schlafe sanft und ewiglich

Babys, Babys, Babys … Wendy Morgan hat ein Buch geschrieben, das sich von vorne bis hinten um genau dieses Thema dreht. Das Besondere dabei: Es ist weder ein Schwangerschaftsratgeber noch ein Frauenroman. Es handelt sich um einen Thriller, auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht etwas merkwürdig erscheint.

Im Mittelpunkt steht Peyton Somerset, eine erfolgreiche Karrierefrau aus Manhattan. Um endlich ein Kind zu kriegen, lässt sie sich mittels Samenspende befruchten und beschließt, ihr Baby ganz alleine auszutragen und großzuziehen, denn einen Mann gibt es nicht in ihrem Leben. Jedenfalls bis sie Tom Reilly trifft, dessen Interesse an ihr beinahe schon unheimlich ist. Manchmal hat sie sogar das Gefühl, er würde sie verfolgen, aber sie schiebt es auf ihre Schwangerschaftshormone.

Überhaupt bringt ihr Zustand ihr Leben ganz schön durcheinander. Sie hat Probleme auf der Arbeit und mit den üblichen Schwierigkeiten einer Schwangerschaft zu kämpfen. Allerdings lassen sich auch schöne Seiten daran entdecken. Peyton schließt sich einer Selbsthilfegruppe lediger Mütter an, wo sie in der schwangeren Allison und der Hebamme Rita gute Freundinnen findet.

Eines Tages jedoch verschwindet Allison spurlos. Niemand weiß, was mit ihr ist. Peyton macht sich natürlich riesige Sorgen. Dann verschwindet auch noch Wanda, ein weiteres Mitglied der Gruppe, und Peyton macht sich nicht mehr nur Sorgen, sondern ist geradezu alarmiert. Hat man es vielleicht auch auf sie abgesehen? Plötzlich sieht sie überall Verdächtige und distanziert sich stark von Fremden. Dabei bemerkt sie nicht, dass das Böse ihr viel näher ist, als sie glaubt …

Zugegeben, auf den ersten Seiten glaubt man wirklich, man hätte es mit einer weiteren rosafarbenen Geschichte über eine Karrieretussi aus New York zu tun, die auf der Suche nach Mr. Perfect in einige Verwicklungen und Fettnäpfchen gerät. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen nun mal Frauen und das Kinderkriegen, weshalb es vermutlich kaum zu vermeiden ist, dass solche Parallelen auftauchen. Allerdings zeigt Wendy Morgan sehr schnell, dass sie mehr kann. Sie greift auf eine recht große Anzahl von Perspektiven zurück, wobei häufig nicht ganz klar ist, welche Rolle die einzelnen Personen im Geschehen spielen, und manchmal auch nicht, wer sie überhaupt wirklich sind. Einige der Personen scheinen etwas zu verbergen haben, andere benehmen sich auffällig.

„Schlafe sanft und ewiglich“ ist kein Krimi, der vor Actionszenen und Blut sprüht. Es ist eher so, dass durch das erzählerische Talent der Autorin eine gewisse, subtile Spannung entsteht, die immer wieder neue Fragen aufwirft. Wer in Peytons Umkreis ist ein möglicher Verdächtiger? Welche Rolle spielt die merkwürdige Adoptionsagentur, mit der einige Charaktere in der Geschichte zu tun haben? Auch wenn Morgan keine nervenzerreißende, aufwühlende Handlung präsentiert, weiß sie den Leser doch bei der Stange zu halten. Dass sie dabei interessante Details über Schwangerschaft und viele, gut beobachtete Details einflechtet, ist ein weiterer Pluspunkt für das Buch.

Trotz der vielen Perspektiven wirkt der Roman nicht überladen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Peyton die Person ist, auf die Morgan immer wieder zurückkommt. Sie steht zwar nicht völlig im Vordergrund, ist aber eine Konstante, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite begleitet. Peyton ist, obwohl sie stellenweise doch ein bisschen dem entsprechenden Klischee ähnelt, eine sehr sympathische Figur mit wachem Verstand. Sie ist mit ganzem Herzen bei ihrer Schwangerschaft dabei und macht sich eine Menge Gedanken darüber, die häufig durch ihre Tiefe oder Ausgefallenheit überraschen. Wendy Morgan, selbst Mutter zweier Kinder, weiß worüber sie schreibt und transportiert dieses Mutterwissen gut in ihrer Protagonistin. Überhaupt ist Peyton gut ausgearbeitet. Sie besitzt erkennbare Charakterzüge und eine ausgefeilte Vergangenheit, welche die Autorin immer wieder einfließen lässt. Der andere Grund, warum das Buch nicht überladen wirkt, ist die Ausarbeitung der Nebenfiguren, die ebenfalls sehr gelungen ist. Der Autorin gelingt es, bereits beim ersten Einsatz eines bestimmten Erzählstranges die Personen so prägnant und farbig darzustellen, dass sie dem Leser im Gedächtnis bleiben. Das ist an und für sich eine große Leistung, wenn man bedenkt, dass ihr Personenkreis nicht unbedingt klein ist.

Der Schreibstil wird sehr stark durch die Personen geprägt. Je nachdem, aus wessen Sicht gerade erzählt wird, verändert sich Morgans Tonfall ein wenig. Peyton ist eine beschwingte, fröhliche Frau, während andere Charaktere nüchtern, deprimiert, verängstigt oder skrupellos sind und auch so dargestellt werden. Die Autorin schafft es vorbildlich, diese Stimmungen in Worte zu gießen, wobei ihr gehobener, flüssiger Schreibstil alles gekonnt zu einem Roman verbindet.

„Schlafe sanft und ewiglich“ ist sicherlich kein Buch für jedermann. Das hängt aber wenig mit der Qualität zusammen, denn an und für sich ist der Thriller nichts weiter als ein spannendes Stück gut erzählter Literatur. Wer allerdings auf das Thema Schwangerschaft und Babys allergisch reagiert, der sollte die Finger von Wendy Morgans Werk lassen. Über 400 Seiten über Babys, werdende Mütter und Frauenärzte sind – trotz der souveränen Handlung – kein Pappenstiel für jemanden, dem diese Themen nicht zusagen.

|Originaltitel: Lullaby and Goodnight
Übersetzt von Martin Hillebrand
413 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3-404-15896-6|
http://www.bastei-luebbe.de

_Wendy Morgan bei |Buchwurm.info|:_
[„Von schwarzem Herzen“ 2674

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