Ronelli, Gian Carlo – Goweli – Der letzte Engel

Das Alter des Turiner Grabtuchs, bei dem es sich um das Leichentuch von Jesus Christus handeln soll, ist von Wissenschaftlern aus aller Welt noch immer nicht abschließend geklärt worden. Auf diesem Tuch ist recht deutlich das Abbild eines gefolterten Mannes zu erkennen. Manche interpretieren dieses „fotografische“ Bildnis als dasjenige des Erlösers, andere hingegen sind der Ansicht, es handle sich um eine fast perfekte Fälschung aus dem Mittelalter.

Die hier angewandte C-14-Methode sagte den Wissenschaftlern, dass dieses Tuch aus dem Mittelalter stammt. Kritiker dagegen meinen dazu, dass als Probe ein Stück Stoff entnommen wurde, das aus einem geflickten Teil stammt. Neueste Untersuchungen ergaben als Möglichkeit eine Datierung auf das erste Jahrhundert nach Christi Geburt. Für die Skeptiker ist dies ein Beweis für eine Fälschung, für gläubige Christen allerdings ist das Tuch noch immer eine Ikone. Millionen Gläubige verehren es als das echte Leichentuch Christi, als Zeugnis seiner Existenz, seines Leidens und seiner Auferstehung.

Der Glaube ist nur allzu oft das Ergebnis von Manipulation und Zweifel, in diesem Fall ist es dann die Sindonologie (Wissenschaft des Grabtuchs). Das Tuch wird zurzeit in der Cappella della Santa Sindone in Turin verwahrt und ausgestellt. Auf der Suche nach der womöglich letzten Spur von Jesus sind die Grenzen zwischen Glauben und Naturwissenschaft fließend geworden. An keinem vergleichbaren Gegenstand wurde in den letzten 100 Jahren so intensiv geforscht wie an dem Leinen mit dem Jesusbild.

Da es auf den Turiner Grabtuch Blutflecken gibt, wurden diese natürlich auch analysiert – aber was würde wohl passieren, wenn man das „heilige“ Blut nach einer DNS-Analyse bei einem Mordfall wiederfindet?

_Die Story_

In den USA schockiert eine brutale und geheimnisvolle Mordserie die Menschen. Der oder die Täter töten immer sechsjährige Mädchen, die scheinbar untereinander keine besondere Ähnlichkeit oder Beziehung haben. Der Mörder hinterlässt die getöteten Opfer immer in einer betenden Stellung.

Doch der Zufall kommt den Ermittlern zur Hilfe: Bei dem letzten Opfer werden Blut- und Hautspuren auf einem Kruzifix gefunden. Stammen diese vom Mörder? Die Probe wird analysiert und mit allen DNS-Daten verglichen, derer man in den Datenbanken habhaft wird.

Das Ergebnis ist spektakulär und mehr als nur mysteriös. Trotz mehrerer Vergleiche sagt die DNS-Probe aus, dass es sich bei dem mutmaßlichen Mörder um die Person handelt, die offensichtlich im Turiner Grabtuch ihre letzte Ruhe gefunden hat. Laut internationalen Untersuchungen verschiedener Wissenschaftler könnte das Turiner Grabtuch bekanntlich das Leichentuch von Jesus Christus sein. Aber wie ist das möglich? Ist Jesus Christus wiederauferstanden? Wie kann Gottes Sohn ein brutaler Serienmörder sein?

Die Behörden sind ratlos und suchen Rat und Hilfe bei Dr. Kramer, einem Professor für die Sindonologie (Grabtuchforschung) und Theologie, und Dr. Mercedes Brightman, einer Expertin der Genetik. Beide sind sich nicht fremd und bereits auf verschiedenen Kongressen und Seminaren begegnet, ihre Beziehung zueinander ist aber etwas schwierig. Unterstützt werden beiden Wissenschaftler von Mark Grimley, einem FBI-Agenten indianischer Abstammung. Mark Grimley wird immer dann zu solch mysteriösen Fällen beordert, wenn die polizeilichen Behörden mit ihren weltlichen und rationalen Ermittlungsmethoden nicht weiterkommen.

In Turin, in der Cappella della Santa Sindone, verändert sich plötzlich das Grabtuch und sondert eine merkwürdige Flüssigkeit ab: Es blutet. Als Dr. Mercy Brightman das Blut analysiert und konzentriert mit allen Mitteln untersucht, stellt sie fest, dass es sich verändert. Es findet eine aktive Zellteilung statt, und auch die einzelnen Bestandteile lassen den Schluss zu, dass es nach dem heutigen Stand der Technik keine Erklärung dafür gibt. Ein Wunder Gottes? Die wissenschaftlichen Ermittler und Mark Grimley sind verblüfft und verwirrt, und sehr schnell bemerken sie, dass auch andere Gruppen Interesse an den Ergebnissen haben bzw. diese „Zeugen“ beseitigen wollen.

Nach einem Mordanschlag auf Dr. Kramer und einem Entführungsversuch von Dr. Brightman sieht sich das Trio gefährdet und spürt jetzt dem Mörder und des Rätsels Lösung auf eigene Gefahr nach …

_Kritik_

„Goweli – Der letzte Engel“ ist der Debütroman des österreichischen Autors Gian Carlo Ronelli. In seinem Erstlingswerk spielt der Schriftsteller mit einer sehr interessanten Theorie und setzt diese glaubwürdig als SciFi-Thriller um. Die Genetik spielt zweifelsfrei eine große Rolle, aber kombiniert mit einem Raum-Zeit-Paradoxum bzw. mit Zeitreisetheorien liefert dieser Ansatz eine großartige Handlung.

Gian Carlo Ronelli hat sich viel Mühe mit dem Roman gegeben und sicherlich viel recherchiert; das Buch ist spannend, sehr unterhaltsam, manches Mal tiefgründig und überraschend wissenschaftlich fundiert, sieht man davon ab, wie weit der moderne Stand der Wissenschaft gediehen ist.

Dem Leser kommt es ab und an so vor, als würde ich mich in einer Folge der Reihe „Akte X“ wiederfinden. Aber inzwischen gibt es durchaus eine Menge anderer Ableger dieser mystischen Ausrichtung. Wissenschaft und Religion vermischt der Autor sehr spannend, ohne angenehmerweise in wilde Theorien von Verschwörungen und Geheimnissen der Kirche abzudriften.

Die Protagonisten der Geschichte entwickeln sich großartig zueinander. Die Beziehungen innerhalb des Trios sind nicht nur spannungsvoll, sondern gerade der oftmals bissige, zynische Humor wertet die Story nochmals auf. Die Bösewichter sind ebenfalls nicht unbedingt „böse“ – das wäre dem Autor zu simpel gewesen. Auch die Grundgeschichte schraubt sich kontinuierlich empor, und die Theorien des Autors werden nicht nur erzählt, sondern auch fundiert erklärt.

„Der letzte Engel“ verbindet Wissenschaft und Religion flüssig miteinander. Man wird sich jetzt sicherlich fragen können, was das Turiner Grabtuch mit Engeln zu tun hat, aber auch dieser Aspekt erklärt sich im Laufe der Handlung stimmig. Ich kann jedem nur aufs Wärmste empfehlen, sich nach der Romanlektüre der Recherche zum Turiner Grabtuch zu widmen. Sehr interessant und überaus mysteriös.

_Fazit_

Ich kann „Goweli – Der letzte Engel“ als gelungenen Debütroman ganz klar empfehlen. Einziger Kritikpunkt wäre, dass die Geschichte vielleicht manches Mal zu schnell erzählt wird, auch wenn das der faszinierenden Atmosphäre keinen Abbruch tut. Da es sich um einen Debütroman handelt, kann man auch Verständnis dafür aufbringen, dass die Figuren zwar gut charakterisiert sind, aber den gewünschten Hintergrund noch vermissen lassen.

Im Nachwort erklärt Gian Carlo Ronelli, dass er darüber nachdenkt, einen zweiten Roman zu verfassen, in dem wahrscheinlich auch die drei Hauptfiguren wieder vorkommen. „Goweli – Der letzte Engel“ allerdings ist eine in sich abgeschlossene Geschichte.

http://www.sieben-verlag.de/

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