Schacht, Michael – Aquaretto

„Aquaretto“? Michael Schacht? Moment mal, bestehen hier etwa gewisse Parallelen zu [„Zooloretto“? 4288 Der Autor des derzeit noch aktuellen |Spiels des Jahres| hat sich nach dem Erfolg seines beliebten Zoowärter-Titels nicht auf die faule Haut gelegt, sondern die vergangenen Monate genutzt, um an einer Variation mit Erweiterungscharakter zu arbeiten. Nun wird die Szenerie ins Wasser verlagert und somit auch mit neuen Tierarten gespielt. Doch dies ist bei weitem nicht die einzige Veränderung, die sich im Vergleich zum ‚Original‘ auftut …

_Spielidee_

In „Aquaretto“ übernehmen die Spieler die Regie in einem Wasserpark und bemühen sich auch dieses Mal darum, möglichst viele Besucher in ihre Aquawelten zu locken. Allerdings ist der Platz begrenzt, und da es nicht sinnvoll ist, viele Tiere auf engstem Raum zu beherbergen, muss man ganz genau überlegen, bei welchem Angebot man zugreift und welche Spezies man schließlich in sein großes Bassin lässt. Letzteres lässt sich allerdings gleich viermal ausbauen, so dass man individuell reagieren kann, wenn es doch einmal zu Platznöten kommt.

Und dennoch: Wer konzentriert sammelt, kann auf die Hilfe neuer Mitarbeiter bauen – und nur mit deren Unterstützung wird der Wasserpark letzten Endes so attraktiv, dass entsprechende Punkteboni winken. Aber da sich der grundsätzliche Mechanismus seit „Zooloretto“ kaum verändert hat, wird man noch seine lieben Probleme bekommen, sich auf eine konkreter Auswahl zu beschränken. Womit die Tücke des Spiels ebenfalls genannt wäre …

_Spielmaterial_

• 16 Nachwuchsplättchen (je 2 von 8 Tierarten)
• 88 Tierplättchen (je 11 von 8 Tierarten)
• 10 Münzplättchen
• 16 Mitarbeiter
• 30 Münzen
• 5 Wasserpark-Tafeln
• 10 kleine Ausbautafeln
• 10 große Ausbautafeln
• 5 Depot-Tafeln
• 5 Transporttafeln
• 1 runde Holzscheibe

Der Inhalt der Spielschachtel gleicht weitgehend dem seines Vorgängers und ist gerade grafisch ähnlich liebevoll gestaltet wie der nach wie vor sehr beliebte Preisträger. Auch was die Stabilität des Materials angeht, ist der neue Schacht-Titel mal wieder vorbildlich: dicker Karton und Figuren und Wagen aus Holz – das ist zweckdienlich und dank der schönen Aufarbeitung auch optisch entsprechend reizvoll. Seltsam ist nur, dass die Wasserpark-Tafeln eine normale Wiesenlandschaft zeigen. Spielt man nicht eigentlich jenseits des befestigten Lands? Wie auch immer, die Spielübersicht leider darunter natürlich nicht, weshalb man derartige Ungereimtheiten auch leicht übersehen kann. Befremdlich ist es aber irgendwie schon.

_Spielvorbereitung_

Nachdem festgelegt wurde, wie viele Spieler an der Partie beteiligt sind, wird entschieden, wie viele Tierarten vorab aussortiert werden. „Aquaretto“ ist für insgesamt fünf Spieler ausgerichtet, und für jeden fehlenden Spieler muss schließlich eine Sorte entfernt werden. Anschließend erhält jeder Spieler seinen Wasserpark, jeweils zwei kleine und große Ausbautafeln, ein Depot und zum Start eine Münze. Die übrig gebliebenen Tierplättchen samt Münzplättchen werden in den beiliegenden Beutel gemischt. 15 Plättchen werden schließlich herausgezogen und wie gewohnt mit der roten Holzscheibe verdeckt. Dies sind die Spielplättchen, die in der letzten Runde zum Einsatz kommen. Nachdem für jeden Spieler genau ein Wagen in der Mitte ausgelegt wurde, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Gespielt wird prinzipiell nach bewährtem „Zooloretto“-Muster. Das bedeutet, jeder Spieler zieht ein neues Plättchen nach und legt es auf einem der Wagen aus oder entscheidet sich, einen Wagen an sich zu nehmen, ganz gleich, ob er ganz oder nur teilweise gefüllt ist. Ziel ist es dabei, möglichst viele Exemplare von möglicht wenigen Tierarten zu sammeln, was auch damit zusammenhängt, dass auf dem Startfeld nur drei unterschiedliche Sorten erlaubt sind. Mit jedem größeren Ausbau, den man später im Spiel vornehmen kann, erhöht sich dieses Limit um eine weitere Tierart.

Des Weiteren gilt es, bestimmte Anlegeregeln zu beachten. Die einzelnen Tiere vertragen sich nämlich untereinander nicht und dürfen somit auch nicht direkt waagerecht oder senkrecht aneinander platziert werden. Ein Sicherheitsabstand von einem Feld ist nötig, was angesichts der Enge des Raums zwangsläufig bedeutet, dass man seinen Wasserzoo nicht zu bunt und tierreich gestalten darf. Außerdem lohnt sich dieses fokussierte Arbeiten langfristig, da man für jedes dritte Exemplar einer Sorte eine Münze zugesteckt bekommt, (mit der man schließlich erst den Ausbau betreibe kann), und jedes fünfte Exemplar sogar einen Mitarbeiter ins wässrige Gehege lockt. Und erst mit ihnen wird das Spiel interessant …

Die Mitarbeiter sind nämlich erst das entscheidende Element im Spiel und sorgen in den verschiedensten Bereichen für Bonuspunkte in der Schlussabrechnung. Dabei darf jeder Spieler selbst entscheiden, welche Funktion der Pfleger haben soll: Fungiert er als Kassierer, wird man am Ende des Spiels mit jeweils einem Punkt pro übrig gebliebener Münze entlohnt. Tierpfleger hingegen bringen Punkte für jedes eigene Tier, welches mit einem Fischsymbol versehen ist. Außerdem ist da noch der Trainer, der sich auf Orcas, Seehunde und Delfine spezialisiert hat. Er darf als Einziger in den Wasserpark gesetzt werden und kassiert dort Punkte für jeden anliegenden Vertreter besagter Arten – es sei denn, diese Tiere sind mit einem Blitz versehen, der diesen Bonus raubt.

Ähnlich wie beim Vorgänger gibt es auch eine Ablagestelle für all diejenigen Tiere, die man gerade nicht ‚einbauen‘ kann. Das ist in diesem Fall das Depot, in welches man allerdings jedes Tier nach Reihenfolge des Erwerbs einordnen und eben rückläufig in dieser Reihenfolge auch wieder ins Spiel bringen muss. Ansonsten stehen am Ende der Partie für jede Tierart zwei Minuspunkte, es sei denn, man setzt einen Mitarbeiter als Manager ein, mit dem sich dieser Malus schließlich halbieren lässt.

In diesem Sinne baut man nun seine Parks aus, versucht natürlich auch Männlein und Weiblein zusammenzubringen, um durch den Nachwuchs ein weiteres Extra-Tierchen geschenkt zu bekommen, und bringt die entsprechenden Sorten zusammen. Abgerechnet wird schließlich, sobald der Stapel mit den letzten 15, vorab aussortierten Plättchen angebrochen wird. Die laufende Runde wird nun noch zu Ende gespielt, anschließend kommt es zur Schlusswertung. Für jedes gesammelte Tier gibt es nun einen Punkt. Dazu kommen die einzelnen Boni für die Mitarbeiter sowie eventuell auch Abzüge durch Tiersorten im Depot. Das Schlussresultat wird wie gehabt gegenübergestellt und derjenige mit dem besten Ergebnis zum Sieger gekürt.

_Persönlicher Eindruck_

„Aquaretto“ ist möglicherweise sogar die lohnenswertere Alternative zu „Zooloretto“, und gerade dieses Resümee ist angesichts der Klasse des Originals überraschend genug. Allerdings offenbart sich in der Wasserwelt noch einiges mehr an Spieltiefe, da durch den Einsatz der Mitarbeiter sowie die freizügigeren Spielpläne ganz neue Freiheiten Einzug in den Spielmechanismus halten und die Handlungsmöglichkeiten noch vielschichtiger gestalten. Andererseits sind die Regeln noch ein wenig verschärft worden, das heißt, dass leichtsinnige Gier bei der Auswahl der Wagen noch härter bestraft wird. Es ist nicht mehr so einfach, Tiere aus dem Depot wieder loszuwerden, und da man je nach Ausbaustand auch nur eine sehr begrenzte Zahl an Tiersorten beherbergen darf, sollten selbst risikofreudige Spieler sehr vorsichtig agieren, um nicht unverhofft ins Hintertreffen zu geraten.

Die Mitarbeiter machen die Hatz nach den Siegpunkten dazu noch komplexer und offerieren eben einen echten Zusatz an Optionen. Dazu gehört im Übrigen auch, dass man sie jederzeit in ihrer Funktion ummodeln kann und somit im gesamten Spiel unberechenbar bleibt. Auch wenn sie als zusätzliches Element eher unscheinbar wirken, so sind sie schlussendlich die wichtigste Bereicherung des Spiels und nutzen einige Lücken, die in „Zooloretto“ noch offen blieben.

Apropos „Zooloretto“: Es bietet sich auch die Möglichkeit, beide Spiele zu kombinieren und nach den jeweiligen Regeln gemeinsam zu spielen. Allerdings wird es nun richtig komplex, angefangen bei den Spielvorbereitungen sowie den einzelnen Differenzierungen, die man abhängig vom Titel in ein und demselben Spiel vornehmen muss. Dementsprechend sollte man vor allem „Aquaretto“ einige Male gespielt haben, um die Krux des Spiels erfasst zu haben, bevor man sich dann an die ultimative, aber wirklich sehr lohnenswerte Doppelpartie heranwagt.

Letzten Endes kann man bei „Aquaretto“ ganz deutliche Parallelen zur [„Zug um Zug“-Serie 4962 ziehen, obschon dort von einer klassischen Erweiterung nicht die Rede sein konnte. Doch auch in Schachts zweitem Tierspiel hat man Bewährtes aufgegriffen, vertieft und mit weiteren interessanten Inhalten ausgestattet, die ein ohnehin schon begeisterndes Spiel noch einmal verbessern konnten. Eine erneute Auszeichnung wird der Autor damit zwar nicht bekommen, doch rein objektiv gesehen, hätte er eine solche mit seinem aktuellen Projekt redlich verdient. Sowohl als eigenständiger Titel als auch in Kombination mit „Zooloretto“ ist „Aquaretto“ bereits jetzt eines der Highlights des Strategiespieljahres 2008.

http://www.abacusspiele.de

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