Schacht, Michael – Hansa (Gesellschaftsspiel)

Michael Schacht gehört definitiv zu den Spielautoren, die man zwar als Insider kennen muss, dessen Titel aber bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit erlangt haben wie die Produkte der Herren Knizia oder Teuber – bis schließlich vor drei Jahren mit „Zooloretto“ der Durchbruch gelang. Drei Jahre zuvor hatte Schacht mit „Hansa“ ebenfalls via |Abacus| veröffentlicht und ein Spiel entworfen, dessen taktische Tiefe mindestens ebenbürtig zum Spiel des Jahres 2007 ist – nur eben gab es schon damals das bekannte Problem mit der Aufmerksamkeit …

_Spielidee:_

Wir schreiben das 14. Jahrhundert: Die Vorherrschaft in den Hansestädten ist hart umkämpft, während der Handel in der Ostsee blüht. Die Spieler reisen auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten mit dem Schiff durch die See und kreieren ein Netz von Niederlassungen, um die eigene Handelsroute immer weiter auszubauen und die Präsenz zu verdichten. Waren werden gekauft, Marktstände errichtet, und genau dort später auch wieder das eigene Angebot zum Verkauf freigegeben. Doch die Wege sind begrenzt, da jede Bewegung wertvolle Taler kostet. Ziel ist es daher, das eigene Netz konstruktiv zu nutzen und auf möglichst engem Raum den Handel zu betreiben. Wer hierbei die lukrativsten Waren anschafft und gewinnbringend verkauft und somit später die meisten Siegpunkte einfährt, wird schließlich die Vorherrschaft in den Hansestädten für sich beanspruchen können.

_Spielmaterial:_

78 Warenmarken
60 Marktstände
22 Taler
4 Geldsäcke-Plättchen
1 Handelsschiff

Das Spielmaterial, ebenso wie der Spielplan, ist relativ schlicht gehalten und legt den Fokus ganz klar auf Übersichtlichkeit und eine möglichst simple Darstellung. Teilweise fühlt man sich hierbei an die alten Strategiespiel- und Wirtschaftsklassiker aus den späten 80ern und frühen 90ern erinnert, was das Design betrifft. Dies geht so weit in Ordnung, wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass die Atmosphäre, die man bei diesem Thema erwartet, nicht ganz so dicht transferiert wird, wie es die Spieltiefe parallel hierzu einfordert. Weiterhin ist die Farbgebung bei den Warenmarken nicht so günstig, da man die rosafarbenen und orangenen Plättchen schon mal schnell verwechselt. Insofern: Optisch ist „Hansa“ nicht der Schmankerl, den man im späteren Spielverlauf kennen lernt. Aber Gott sei Dank spielt die Optik auch nur eine nebensächliche Rolle in einem wirtschaftlich motivierten Spiel!

_Vorbereitung:_

Das Spielmaterial besteht aus insgesamt 78 Warenmarken in sechs unterschiedlichen Farben. Lediglich bei vier Spielern werden all diese Marken verwendet, ansonsten wird jeweils eine Farbe pro fehlenden Mitspieler aussortiert. Die Marken werden schließlich gemischt und verdeckt auf die zugehörigen Felder der neun Städte auf dem Spielplan gelegt. Dabei bleibt ein großer Stapel übrig. Der in fünf gleichgroßen Haufen auf die dafür vorgesehene Auslage gelegt wird. Jeder Spieler erhält nun 15 Marktstände in seiner Farbe sowie einen Geldsack mit dem Startbestand von 3 Talern. Nachdem der Startspieler gewählt wurde, beginnt dieser mit der ersten Runde.

_Spielablauf:_

Der Ablauf eines Spielzugs gliedert sich in „Hansa“ in genau vier Phasen, die jedoch nicht allesamt zwingend durchgeführt werden müssen.

1. |Einkommen nehmen|

Der Spieler bekommt in jeder Runde 3 Taler, um seine anstehenden Kosten zu decken. Womöglich hat er zudem noch einen Restbestand von bis zu 3 weiteren Talern aus der Vorrunde, die er nun gekoppelt verwenden kann.

2. |Angebot auffüllen|

Im Laufe des Spiels werden die angebotenen Waren in den Städten von den Spielern aufgekauft, ohne dabei automatisch nachgefüllt zu werden. Sollte sich nun ein Spieler dazu entschließen, das Angebot wieder aufzufüllen, muss er hierzu einen Taler berappen und alle Städte mit neuen Waren bestücken.

3. |Aktionen durchführen|

Insgesamt gibt es in „Hansa“ drei elementare Aktionen, die man in den einzelnen Städten auf dem Spielplan durchführen kann – und das in beliebiger Reihenfolge. Man ist jedoch nicht verpflichtet, eine Aktion auszuführen, und kann sich die hierzu benötigten Taler auch für die nächste Runde aufsparen. Wichtig ist zudem, dass in jeder Stadt bei jedem Aufenthalt nur eine Aktion durchgeführt werden kann. Wer also in Copenhagen zweifach aktiv werden möchte, muss im gleichen Zug noch einmal in die Stadt zurückkehren.

Nun überlegt man, ob man für den Preis von einem Taler eine Warenmarke aus einer Stadt kaufen möchte, einen Marktstand in einer Stadt errichtet und dabei eine solche Warenkarte investiert oder aber Waren weiterverkauft, indem man mindestens zwei Waren einer Farbe in einer Stadt anbietet, in der man bereits einen Marktstand besitzt. Diese Aktion kostet keinen Taler, fordert aber den Einzug eines Marktstands zum eigenen Bestand. Ferner kann man den Gegnern schaden, falls man Waren verkauft, die noch in ihrer offenen Auslage auf den Verkauf warten. Für jede Farbe, die hier identisch ist, müssen die Mitspieler nämlich jeweils eine Marke abgeben.

Damit man in einer Runde mehrfach aktiv werden kann, ist es erforderlich, das Schiff weiter zu versetzen und auf den vorgegebenen Routen zu reisen. Auch diese Aktion kostet einen Taler, so dass man sich immer wieder gut überlegen muss, wie man mit seinen Finanzen haushält. Auch beim Kauf der Waren ist Abwägen an der Tagesordnung, da die Waren zum gleichen Kaufpreis einen unterschiedlichen Wert für den Weiterverkauf haben und daher stets die Frage nach der tatsächlichen Nutzen stellen muss. Ab und zu macht es nämlich auch Sinn, einen schnellen Kauf zu tätigen, damit man von einer bestimmten Farbe einen zweiten oder dritten Artikel erhält und nun die Option hat, weiterzuverkaufen. Dies ist schließlich erst ab zwei gleichfarbigen Marken möglich!

4. |Steuern und Zölle|

Wenn man nun seine Aktionen durchgeführt hat, wird festgelegt, ob man noch Gebühren für Zoll oder Steuern abgeben muss. Am Ende jedes Spielzugs darf man nämlich nur drei offene (nicht verkaufte) Waren und ebenso viele Taler besitzen. Jeglicher Überschuss geht zurück in die Spielschachtel. Anschließend beginnt der nächste Spieler und vollführt ebenfalls diese vier Spielphasen.

Sobald der letzte Stapel der noch aufzufüllenden Warenmarken angebrochen wird, spielt man die aktuelle Runde noch zu Ende. Anschließend folgt die Wertung. Für jede offene Ware erhält man jeweils einen Punkt. Verkaufte Waren bringen einen Punkt für die Marke plus jeweils einen Punkt für jedes Fass auf der Marke. Für Marktstände in einer Stadt erhält man noch einmal zwei Punkte; sollte man hier ein Monopol besitzen, sogar doppelter Punkte.

_Persönlicher Eindruck:_

„Hansa“ ist einfach ein klasse Spiel – und das sogar in der oft so ungeliebten Fassung zu zweit! Die verarbeiteten Ideen mögen zwar nicht wirklich originell sein, der strategische Aspekt ist indes so gut ausgearbeitet, dass man selbst bei klugem taktischem Vorgehen bis zum Ende hin mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen rechnen muss, bis der Sieger ermittelt wird. Ein besonderer Kniff im Spielaufbau ist hierbei, dass man seinen Zug nie zu weit im Voraus planen kann. Es besteht zwar die Möglichkeit, vage einzuschätzen, wo genau man Schwerpunkte wird setzen können, doch da man besonders in der Partie mit drei oder vier Spielern sehr schlecht überblicken kann, wo der nächste Zug beginnt (also wo das Schiff steht, von dessen Standort aus die Aktionen nur ausgehen können), muss man hier spontan mehrere Optionen parat haben, um aus einer Reaktion einen gewinnbringenden Zug zu machen – oder einfach auch mal den Mut aufzubringen, auf einen Zug zu verzichten.

Ebenfalls gut ausgewogen ist das Verhältnis von Besitz und Aktionsradius. Dadurch, dass man zum Ende einer jeden Runde Steuern abgeben muss, kommt man nie in die Position, plötzlich übermächtig zu werden und einen Alleingang vorzunehmen. Und da es schließlich auch Punkte über mehrere Varianten zu ergattern gilt, heißt eine gute Verkaufsstrategie nicht zwingend auch die Vorreiterrolle in der Schlussphase. Letzten Endes führen mehrere Möglichkeiten zum Sieg, wobei beispielsweise eine gute Verteilung von Marktständen nicht zu unterschätzen ist – oder einfach mal das Wagnis, ein paar schwächere Waren abzugreifen, da die Masse am Ende auch Punkte bringen kann.

Für Taktiker ist „Hansa“ daher auch ein gefundenes Fressen, das auch die entsprechende Tiefe und Vielfalt aufweist – und das bei einer jederzeit garantierten Übersichtlichkeit. Wäre das Design der Materialien jetzt noch etwas spektakulärer, müsste man Michael Schacht zu einer rundum perfekten Brettspiel-Produktion gratulieren. Die marginalen Abstriche bedeuten aber keinesfalls, dass der Rezensent an dieser Stelle von einer unbedingten Empfehlung Abstand nimmt. Wer nach einem vergleichsweise preiswerten Strategiespiel Ausschau hält und mehr als nur einen Geheimtipp sucht, ist bei „Hansa“ an der richtigen Adresse!

|Für 2 bis 4 Spieler
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Empfohles Spieleralter: ab 10 Jahre|
[www.abacusspiele.biz]http://www.abacusspiele.biz

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