Herbert, Frank / Kaiser, Kerstin – DUNE 1: Der Wüstenplanet. Teil 2 von 2 (Hörbuch)

SF-Epos, zweiter Teil: Reite den Wurm, Paul!

Im 11. Jahrtausend tun sich der Imperator und Harkonnen zusammen, um das Haus Atreides unter Herzog Leto zu vernichten. Die große Mausefalle ist der Wüstenplanet Arrakis, der Köder unermesslicher Reichtum in Form des einzigartigen Rohstoffs |Spice-Mélange|. Der Plan klappt wie am Schnürchen, doch eine Kleinigkeit geht schief: des Herzogs Konkubine und sein Sohn Paul entkommen in die Wüste. Dort bauen sie mit den einheimischen Fremen eine Guerilla-Organisation auf, die droht, die lebenswichtige Spice-Produktion zum Erliegen zu bringen – und damit jeden Verkehr im Imperium! Der Imperator, gezwungen von der Raumfahrtgilde, muss nach Arrakis kommen …

Der Autor

Frank Herbert (1920-1986) wuchs im Nordwesten der USA auf, arbeitete als Reporter und Wahlkampfhelfer, bevor und während er ab 1952 seine ersten SF-Storys veröffentlichte, denen 1956 der erste Roman „Dragon in the Sea“ folgte. Herbert schrieb neben 20 anderen SF-Romanen auch einen interessanten Non-SF-Roman namens „Soul Catcher“, der noch nicht übersetzt worden ist.

1963 -1965 wurden seine Storys um den Wüstenplaneten Arrakis in |Astounding| publiziert, doch um seinen daraus aufgebauten Roman „Der Wüstenplanet“ unterzubringen, musste Herbert erst 20 Ablehnungen kassieren, bevor es ihm 1965 gelang, den Verlag |Chilton Book Co.| zu gewinnen, der mehr für seine Autoreparaturratgeber bekannt war. Die DUNE-Saga umfasste schließlich sechs Romane aus Frank Herberts Schreibfabrik, von denen die ersten drei verfilmt worden sind. Zurzeit erscheinen Fortsetzungen, die sein Sohn Brian mit Kevin J. Anderson verfasst hat.

Die DUNE-Saga:

1) Der Wüstenplanet (1965)
2) Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
3) Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
4) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
5) Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
6) Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)
7) Die Jäger des Wüstenplaneten (2006, von Herbert/Anderson)
8) Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007, von Herbert/Anderson)
9) Paul of DUNE (2008, von Herbert/Anderson)

|Der Wüstenplanet| auf |Buchwurm.info|:

[DUNE 1: Der Wüstenplanet. Teil 1 von 2 (inszenierte Lesung)
[The Road to Dune
[Butlers Djihad (Der Wüstenplanet: Die Legende 1)
[Der Kreuzzug (Der Wüstenplanet: Die Legende 2)
[Die Schlacht von Corrin (Der Wüstenplanet: Die Legende 3)
[Das Haus Atreides (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 1)
[Das Haus Harkonnen (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 2)
[Das Haus Corrino (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 3)
[Der Wüstenplanet (Dune 1)
[Der Herr des Wüstenplaneten (Dune 2)
[Die Kinder des Wüstenplaneten (Dune 3)

Die Sprecher

Simon Jäger (Erzähler, die Atreides-Seite): geboren 1972 in Berlin. Seit 1982 arbeitet er als Synchronsprecher bei Film und TV. Er lieh u. a. Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty, River Phoenix seine Stimme, aber auch „Grisu dem kleinen Drachen“ und war auch in TV-Serien wie „Waltons“, „Emergency Room“ zu hören. Seit 1998 arbeitet er zudem als Autor und Dialogregisseur.

Marianne Rosenberg (Prinzessin Irulans Anmerkungen): 1955 geboren, gewann sie im Alter von 14 Jahren einen Talentwettbewerb, welcher der Start für ihre Gesangskarriere war. In den siebziger Jahren avancierte sie zum erfolgreichsten deutschen Schlagerstar des Jahrzehnts. Die Ausnahmekünstlerin änderte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ihr Bühnenimage und ist als Musikerin in verschiedenen Genres bis heute aktiv. Sie konnte auch als Schauspielerin bereits Erfahrungen sammeln. In welchen Produktionen, verrät der Verlag allerdings nicht. Ursprünglich war Nina Hagen als Sprecherin vorgesehen, doch ich bin sehr froh, dass man auf sie verzichtet hat.

Jürgen Prochnow (die Harkonnen-Seite): 1941 in Berlin geboren, ist Prochnow einer der wenigen deutschen Schauspieler, der in Hollywood zahlreiche Angebote bekommt. Er verkörperte Hauptrollen in Filmen wie Petersens „Das Boot“, Schlöndorffs „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, Mighellas „Der englische Patient“ und Ron Howards „Sakrileg – The DaVinci Code“. In David Lynchs Verfilmung von „Dune – Der Wüstenplanet“ spielte Prochnow die Rolle des Herzogs Leto Atreides.

Regie führte Kerstin Kaiser, die Aufnahme erfolgte in den |d.c. Studios|, NRW-Berlin, und bei |Margarita Mix|, Los Angeles, durch Jan Mallmann, Jeff Levy und Jimmy Hite. Die Musik trugen Dicky Hank und Dennis Kassel bei.

Vorgeschichte

Man schreibt das 11. Jahrtausend. Imperator Shaddam IV. hat die Kontrolle über die Handelsorganisation MAFEA inne und verlangt von Herzog Leto Atreides, dem Oberhaupt eines der Großen Häuser, dass er den Wüstenplaneten Arrakis für ein Jahr zum Lehen nimmt. Bislang hat das Haus der Harkonnens die Schürfrechte für die Spice-Mélange innegehabt und dabei ein riesiges Vermögen angesammelt, von dem der Imperator stets den Zehnten abbekommen hat.

Die Spice-Mélange ist ein strategisch wichtiger Stoff, weil er es nicht nur den Navigatoren der Raumschiffe erlaubt, den Kurs zu halten, sondern auch fast allen Adligen des Imperiums, ihr Leben zu verlängern und jung und gesund zu bleiben. Zudem kommt die Mélange nur auf dem Wüstenplaneten Arrakis im System Canopus vor und lässt sich nicht künstlich herstellen (Versuche wurden gemacht und wieder zerschlagen). Niemand darf bei Todesstrafe erfahren, dass der Imperator mit den Harkonnens unter einer Decke steckt, um das Haus Atreides auf Arrakis zu vernichten. Sonst würden sich sofort alle Großen Häuser gegen den Imperator wenden und die Harkonnens wirtschaftlich vernichten.

Nun zieht also die Familie Herzog Letos nach Arrakis um. Kurz zuvor hat die Ehrwürdige Mutter des |Bene-Gesserit|-Ordens, dem die Kokubine des Herzogs, Jessica, angehört, Letos 15-jährigen Sohn Paul geprüft. Ist er der prophezeite |Kwisatz Haderach|, der Supermensch, der nicht nur weibliche Blutlinien, sondern männliche überschauen kann? Die Frage bleibt offen, doch wie sich zeigt, besitzt er die Fähigkeiten eines Mentaten, eines menschlichen Computers. (Maschinen mit menschlichem Bewusstsein wurden in Butlers Dschihad zerstört und sind seitdem verboten.) Zudem haben ihn seine Lehrer Thufir Hawat, Gurney Halleck, Dr. Wellington Yueh und Duncan Idaho in Kampftechnik, Kunst und Medizin unterrichtet. Er ist der optimale Führer – falls er Arrakis überlebt.

Auf dem Wüstenplaneten haben die fiesen Harkonnen jede Menge Todesfallen zurückgelassen, doch die einheimischen Beduinen, die sich |Fremen| nennen, hassen die ausbeuterischen und menschenverachtenden Harkonnens und bieten sich als natürliche Verbündete der auf Ehre und Achtung bedachten Atreiden an. Dunacan Idaho hat sie ausgekundschaftet und berichtet, es seien mindestens zehntausend Fremen über den gesamten Planeten verstreut – die Einzigen, die mit der allgegenwärtigen Bedrohung durch die riesigen Sandwürmer und die furchtbaren Sandstürme des Planeten umzugehen wüssten. Unter den Fremen haben Missionarinnen der Bene Gesserit die Prophezeiung verbreitet, ein Mann werde von der Außenwelt kommen, um das Volk zu befreien. Ist Paul derjenige?

Obwohl die Bedrohung durch die Harkonnenfallen auch im Palast von Arrakeen spürbar ist, erkennen Lady Jessica und Paul die Gefahr nicht, die von dem Verräter in ihrer Mitte ausgeht. Jessica bekommt zwar heraus, dass Wellington Yueh seine Frau Vanna, eine Bene Gesserit, an die Harkonnens verloren hat, doch sie weiß nicht, dass Yueh seine Frau noch am Leben glaubt und deshalb den Verrat begehen wird. Auch seine imperiale Konditionierung als |Suk|-Arzt spricht gegen ihn. Die Warnungen vor einem Verräter reißen nicht ab, seitens der Haushofhälterin Shadout Mapes und seitens Lady Margot Fenring, einer Bene Gesserit.

D-Day. Dr. Yueh setzt seinen verräterischen Plan in die Tat um, doch auch seine Rache an Baron Vladimir Harkonnen in Gang. Er verhilft Lady Jessica und Paul zu einer Chance des Überlebens, indem er sie von den Harkonnen in die tiefe Wüste fliegen lässt, als Fütter für die Sandwürmer. Doch die beiden letzten Atreiden überleben den Absturz in der Wüste und schließen sich den Fremen an. Können sie mit diesen Kämpfern die Harkonnen und den Imperator besiegen?

Handlung von Teil 2

Teil zwei umfasst die beiden Buchteile „Muad’dib“ und „Der Prophet“.

Die Harkonnen errichten mit Unterstützung der Sardaukar-Truppen des Imperators eine Schreckensherrschaft auf Arrakis. Unter dem Gouverneur Graf Glossu Rabban, einem Neffen des Barons Wladimir Harkonnen, müssen sie erstens ihre immensen Kriegskosten durch Spice-Gewinnung hereinholen sowie den Imperator für seinen Truppenanteil entschädigen. Folglich ist Rabban, der an keiner Stelle persönlich auftritt, bemüht, die Fremen zu unterdrücken, um deren Angriffe auf die Spicegewinnungsindustrie zu minimieren. Diese Rechnung geht allerdings durch den Einfluss Pauls nicht auf, der die Fremen zu einer schlagkräftigen Guerillatruppe formt. Der gefangen genommene Mentat Thufir Hawat tut ein Übriges, um die Harkonnen zu entzweien.

Schon bei der ersten Begegnung Pauls und Jessicas, die sich zum Vogelfelsen der Südwüste durchgeschlagen haben, erleben die Fremen eine Überraschung. Durch ihre Kampfkünste kann Jessica den Stammesführer (Naib) Stilgar überwältigen und als Geisel nehmen. Paul gelingt es, auch den Felsen auszuweichen, indem er einen Kämpfer überwältigt. Verhandlungen bringen Jessica und Paul freies Geleit zum nächstgelegenen Sietch ein.

Stilgar ist sehr erpicht darauf, dass Jessica seine Leute die Kampfkunst lehrt. Paul hingegen hat es schwerer, denn der von ihm überwältigte Kämpfer besteht auf einem Zweikampf auf Leben und Tod. Paul siegt, doch damit geht die Pflicht auf ihn über, für die Witwe und die Kinder des Besiegten zu sorgen. Seine ganze Liebe jedoch gehört Chani, der Tochter des Planetologen Liet Kynes, den die Harkonnen buchstäblich in die Wüste geschickt haben, wo er in einer Explosion umkommt. So werden die beiden Flüchtlinge in Stilgars Stamm aufgenommen.

Zunächst haben die Fremen keine Ahnung, welch wichtige Persönlichkeiten sie da in ihre Mitte aufgenommen haben. Aber sie merken schnell, dass sich die Prophezeiung (ausgestreut von den Bene Gesserit) zunehmend erfüllt. Ist der 15-jährige Jüngling, der sich nach der Wüstenspringmaus Paul Muad’dib nennt, wirklich die verheißene „Stimme der Außenwelt“ oder nur ein Täuscher, der einen Mythos zunutze zu machen weiß? Und ist Jessica, seine Mutter mit den Zauberkräften, wirklich eine Ehrwürdige Mutter der Bene Gesserit, die weiß, wie man das Gift des Sandwurms ins Wasser des Lebens umwandelt?

Es ist klar, dass früher oder später mehrere Prüfungen die Wahrheit ans Licht bringen müssen. Jede Prüfung ist, wie bei den Fremen üblich, mit Lebensgefahr verbunden. Erst als es Paul sogar gelingt, wie Jessica vom „Wasser des Lebens“ zu trinken und durch seine besondere Körperchemie das „Wasser des Todes“ daraus zu machen, beherrscht er das Spice völlig.

Und er zeigt dem Universum: Wer die Macht hat, das Spice zu zerstören, kontrolliert es vollständig. Nun endlich kann er dem herbeigeeilten Imperator ebenbürtig entgegentreten, als wahrer Erbe seines gemeuchelten Vaters, und Anspruch auf den Thron des Herrschers des bekannten Universums erheben. Und ganz nebenbei wird er Letos Mörder, den fetten Baron, zur Hölle schicken …

Mein Eindruck

Hatten wir es im ersten Teil des Hörbuchs mit dem |Menschen| Paul Atreides zu tun, so lernen wir nun den |Übermenschen| kennen, den Kwisatz Haderach, den „Abkürzer des Weges“, die „Stimme der Außenwelt“. Vier Faktoren spielen zusammen:

1) Der von seiner Mutter und den Mentoren ausgebildete Kämpfer führt die Fremen in den Guerillakrieg. Dabei findet er Gurney Halleck bei den Schmugglern wieder. Zusammen legen sie zahlreiche Verstecke an und verfügen über zahlreiche Wasservorräte, die nur darauf warten, Arrakis zu begrünen. Sie drängen die Harkonnen und Sardaukar nach Arakeen zurück, und das jagt dem Imperator einen gewaltigen Schrecken ein. Niemand darf herausfinden, dass es Kämpfer gibt, die seine Elitetruppe besiegt haben, denn sonst würden die Großen Häuser und ihre Welten vom Reich abfallen. Er muss allein schon deswegen die Fremen vernichten.

2) Der Mentat kalkuliert und erstellt Zukunftspläne, die Prophet und Heerführer in Taten umsetzen.

3) Der Seher und Prophet wird durch die Droge des Spice in seinen mentalen Fähigkeiten beflügelt. Er weiß, dass er den Djihad heraufbeschwört, der zahllose Leben im gesamten Kosmos fordern wird. Sein Blick auf die Zukunft wird jedoch an einem bestimmten Punkt gestoppt, den es zu überwinden gilt. Doch wie?

4) Nur die Superdroge des „Wassers des Lebens“ durchbricht die Mauer, auf die Paul gestoßen ist. Endlich hat er wie Jessica und seine Schwester Alia Zugriff auf die genetischen Erinnerungen seines Vorfahren und kann als Mentat den wahrscheinlichsten Kurs der Zukunft „sehen“. Doch immer noch droht der Djihad als Endergebnis. Wie kann er ihn nur umgehen?

Um seinen Herrschaftsanspruch auf das Universums durchzusetzen, muss Paul alle bestehenden Mächte bezwingen: den Imperator, die Harkonnen inklusive Feyd Rautha und natürlich die mächtige Raumgilde. Er besiegt Feyd, den Champion des Imperators, und heiratet Prinzessin Irulan. Damit hat er gleichzeitig mit der politischen Macht auch die Handelsmacht der MAFEA-Gesellschaft. Da er das Spice zerstören kann, bezwingt er die Gilde, die das Spice für ihre Navigatoren benötigt. Er hat es geschafft. Was daraus wird, erzählt der Roman „Der Herr des Wüstenplaneten“ (die Lesung hierzu bringt |Lübbe| im Februar 2009 auf den Markt).

Naturgemäß spielt Teil zwei auf einer völlig fremden Welt, mit einer gnadenlosen Ökologie und einer ebenso harten fremden Kultur, den Fremen. Die Atreides müssen sich anpassen oder untergehen. Zahlreiche Konflikte gilt es zu bewältigen, Prüfungen wie das Reiten des Shai-hulud abzulegen. Dies fand ich schon immer den faszinierendsten Teil des Mammutromans. Im Unterschied zum Film besitzen die Atreides jedoch keinerlei Zauberwaffen in Form von „Schallmodulen“, und so sind ihre Kämpfer keinen Deut besser, wenn es um den Blutzoll geht, den ihre Projektilwaffen fordern.

Was ebenfalls im Film fehlt, ist der ungeheuerliche Verdacht, den sowohl Gurney Halleck als auch Thufir Hawat gegen Jessica hegen. Sie soll ja die Atreides verraten haben und dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Paul kann Gurney von ihrer Unschuld überzeugen, doch an Thufir kommt er nicht heran. Bis zum Finale lauert daher ein Spannungsbogen im Hintergrund: Was wird passieren, wenn Thufir die Harkonnen los ist und endlich seinen früheren Atreides-Herren gegenübersteht – und damit auch der Lady Jessica?

Die Anhänge

Simon Jäger liest eine ganze Reihe der sechs Anhänge des Romans vor:

Appendix 1: Die Ökologie des Wüstenplaneten
Appendix 2: Die Religion des Wüstenplaneten
Appendix 3: Bericht über die Motive und Ziele der Bene Gesserit

Von diesen drei Anhängen ist Nummer eins der weitaus anschaulichste, denn hier wird erzählt, wie Pardot und Liet Kynes, die imperialen Planetologen, ihren ökologischen Plan zur Begrünung von Arrakis den Fremen näherbrachten und sie dazu brachten, ihn zu übernehmen und in die Tat umzusetzen. Dieser Text beruht auf Herberts berühmtem Zeitungsartikel „They stopped the moving sands“ aus dem Jahr 1957, der zur Keimzelle seines Romans wurde.

Untrennbar mit der Wüste verbunden sind die dort entstandenen Religionen Judentum, Islam und Christentum. Deshalb fand Herbert es angebracht, über die Religion der Fremen ein paar Worte zu verlieren. Leider ist dieser Artikel, der vor allem die Entstehung der Orange-Katholischen Bibel schildert, verwirrend und unübersichtlich. Das Gleiche gilt leider auch für den dritten Anhang, der noch theoretischer geraten ist. Wer ihn nicht liest, sondern anhören will, wird schnell den Überblick verlieren.

Löblich ist zwar die Absicht des Verlags, diese Anhänge zu berücksichtigen, doch man hätte es beim ersten Anhang belassen sollen. Zudem wurde in Anhang II der Fehler von Seite 825 der Übersetzung von 2001 wiederholt. Da heißt es immer noch „ill Delta Panovis“ statt „III (= 3) Delta Pavonis“, also den 3. Planeten des 4. Sterns (Delta) im Sternbild des Pfaus (pavonis). Immerhin ist dies der einzige Fehler, auf den ich auf rund 840 Seiten gestoßen bin.

Die Sprecher & die Produktion

Man beachte, dass der Romantext ungekürzt vorgetragen wird. Der Text folgt der überarbeiteten Übersetzung von 2001. Diese ist gegenüber der deutschen Erstausgabe von 1978 erheblich fehlerbereinigt und genauer, enthält aber immer noch Fehler.

Marianne Rosenberg

Die ehemalige Sängerin hat eine schöne Alt-Stimme. Mit dieser spricht sie alle Zitate, die den einzelnen Kapiteln des Romans vorangestellt sind. Die Kurztexte stammen meist von Prinzessin Irulan, und so liegt die Annahme nahe, der Sprecherin die Rolle Irulans zu geben.

Ich konnte keine Mängel feststellen, denn Marianne Rosenberg liest sowohl deutlich und verständlich als auch mit einem warmen Ausdruck, der von Verständnis für das Vorgetragene zeugt. Dennoch bedeutet ihre Stimme keinerlei Kommentar zum Vorgetragenen, etwas, was ich mir von der ursprünglich vorgesehenen Sprecherin Nina Hagen nur schwer vorstellen kann.

Simon Jäger

Simon Jäger ist der Haupterzähler und beginnt die Story, nachdem Marianne Rosenberg das erste Motto vorgetragen hat. Die Annahme liegt nahe, dass er den Part von Paul Atreides spricht. Das ist auch durchgehend der Fall, also auch in Teil zwei. Aber natürlich wird auch das Personal rings um Paul von Jäger präsentiert. Das ist schon etwas gewöhnungsbedürftiger. Seine Stimmlage ist bei weiblichen Figuren wie zu erwarten höher.

Seine wahre Kunst zeigt sich in der Charakterisierung ausgefallener Figuren wie etwa der alten BG Gaius Helen Mohiam. Sie klingt ein wenig krächzend und heiser, um ihr Alter anzudeuten. Im zweiten Teil findet sich in der Ehrwürdigen Mutter Ramallo ihr Gegenstück.

Bewundert habe ich jedoch Jägers Darstellung der Autoritätsgestalten Gurney Halleck, Thufir Hawat und Herzog Leto. Allen ist eine sehr tiefe und harte Stimme zueigen, die sie unverwechselbar macht. Besonders die Sprechweise von Gurney hat mir gefallen, denn sie ist sowohl tief als auch warm und von intensiver Verehrung für seinen Herzog – erst Leto, dann Paul – erfüllt.

Jürgen Prochnow

Da Prochnow diejenigen Kapitel vorträgt, welche die Harkonnen als Hauptfiguren aufweisen, lässt sich annehmen, dass er eine anderen Blickwinkel zu den Geschehnissen um die Atreides beiträgt. Diese Annahme wird immer wieder bestätigt. Wladimir und Feyd Harkonnen (Rabban tritt nie auf) sowie Graf Hasimir Fenring mit Gattin treten auf, ebenso diverse Subalterne. Am wichtigsten ist wohl der Imperator, jedoch nur im zweiten Teil. Die Szenenabfolge des David-Lynch-Films unterscheidet sich von jener der Buchvorlage.

Prochnows beste stimmliche Schöpfung ist der teuflische Baron selbst. Der Harkonnen klingt die ganze Zeit herablassend, heimtückisch und aggressiv. Die Stimmlage ist alles andere als tief. Interessant ist auch Piter de Vries, der Mentat. Er klingt kriecherisch und verschlagen. Man traut ihm sofort sämtliche Schandtaten zu. Der Baron hat ihm Lady Jessica zur freien Verfügung versprochen, sollte der Atreiden-Coup gelingen. Man ahnt schon, was er mit ihr anstellen will. Doch Dr. Yuehs List macht ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.

Eine erstaunliche Leistung gelingt Prochnow mit dem seltsamen Grafen Fenring, der im Lynch-Film nicht auftaucht. Fenring ist ein genetischer Eunuch und der einzige Freund des Imperators Shaddam. Der Baron auf seinem Provinzplaneten hält den Höfling Fenring für einen eingebildeten Fatzken. Fenrings Ausdrucksweise mit den unzähligen Ähms und Ähäs, dem Zögern und Lächeln treiben den Baron zur Weißglut, doch er muss die Kontrolle über sich bewahren. Schließlich erweist sich, dass diese Affektiertheit Fenrings nur eine Maske ist, hinter der sich ein fieser Intrigant geschickt verbirgt.

Musik

Die Musik wurde von Dicky Hank und Dennis Kassel beigesteuert. Von einem „Score“ zu sprechen, wäre vermessen: Es handelt sich nämlich die immergleiche, Jingle-artige Musik, die mal im Hintergrund, mal in einer Pause erklingt: Melodische E-Gitarren dominieren das kurze Stück, das mit Bass und leichter Percussion unterlegt ist. Also nichts Spektakuläres, aber auch nichts, was nur so dahinplätschert. Damit ist gewährleistet, dass diese Musik den Vortrag im Vordergrund niemals stört.

Bonusmaterial

In die Einsteckkartons, in denen die zweimal sechs CDs stecken, sind Informationen gedruckt. Dazu gehören Kurzbiografien der drei Sprecher und des Autors Frank Herbert. Aber es finden sich auch Lexikoneinträge, die dem fiktiven Almanak en-Ashraf (Buchausgabe ab S. 841) entnommen sind. Die Almanak-Einträge des zweiten Teils bieten lediglich Einträge aus der allgemeinen „Terminologie des Imperiums“ wie etwa „Lisan al-Gaib“ oder „Chakobsa“ usw.

Unterm Strich

Der zweite Teil ist der eigentlich innovative des Buches. Ging es bislang um die sattsam bekannten Auseinandersetzungen zwischen Herrscherhäusern, so entbrennt nun ein Guerillakrieg, der vor allem eines erreicht: Umwandlung. Zuerst müssen sich Paul und Jessica einer Umwandlung in Körper (durchs Spice und das Wasser des Lebens) und Geist (seherische Fähigkeiten und totale Erinnerung) unterziehen. Dann weiten sie die Umwandlung mit Unterstützung der Fremen und anderer Unterstützung auf den Rest des Universums aus. Die bestehende Ordnung wird nicht revidiert, sondern mit anderen Prioritäten versehen. Und da Paul das Spice für immer zerstören kann, vermag ihm keiner seinen Anspruch streitig zu machen. Es ist die Erfüllung des ultimativen Macht-Traums. Klar, dass der Magazin-Herausgeber John W. Campbell von dieser geilen Story begeistert war.

„Der Wüstenplanet“ mag durchaus der beste Roman der Science-Fiction sein, aber den Rang von Tolkiens [„Herr der Ringe“ 1330 in der Fantasy hat er nicht erreicht. Wo Tolkien schalten und walten konnte, wie er wollte, musste Frank Herbert erhebliche Streichungen vornehmen (die heute wieder nachlesbar sind: in „The Road to Dune“. Immerhin erklären mehrere Anhänge, die in Teil zwei vorgetragen werden, die Ökologie von Arrakis und den religiös-genetischen Plan der Bene Gesserit, den Kwisatz Haderach hervorzubringen. Ansonsten lässt sich das Mammutwerk durchaus gut verstehen. Ähnliche Verhältnisse finden sich in der irdischen Gegenwart und Historie.

Die Fans führen stets die Gedanken über die Ökologie an, wenn sie den Roman verteidigen. Die wenigsten Leser wissen etwas mit der Theologie des Propheten und Messias anzufangen. Und mit der psychedelischen Botschaft des Konsums der Spice-Mélange will sich inzwischen, nachdem doch Drogen in den sechziger Jahren so populär waren, kaum noch jemand abgeben. Von schlechten Drogentrips auf Spice ist jedenfalls bei Herbert nichts nachzulesen, von Horror-Trips auf LSD etc. hingegen in vielen Artikeln der sechziger und siebziger Jahre durchaus. Auch SF-Autoren gehen mit der Mode – und werden ihre Opfer.

Übrig bleibt heute eine enorm aufgebauschte Story vom Untergang und Wiederauferstehen des Hauses Atreides sowie von seinem Guerillakrieg an der Seite der Fremen – sowohl um Arrakis und seine Bewohner zu befreien, als auch um den ökologischen Traum von einem grünen Wüstenplaneten in die Wirklichkeit umzusetzen. Das ist jedoch sehr spannend zu lesen. Der Leser muss sich von den Bildern, die David Lynch für dieses Epos gefunden hat, freimachen und seine eigenen erzeugen. Sie mögen nicht so bombastisch und bizarr sein, aber dafür näher an den Menschen.

Das Hörbuch

Die akustische Umsetzung ist überraschend gut gelungen und sehr akzeptabel. Hier findet keine Verkürzung aus dramaturgischen Überlegungen heraus statt, und die Musik hält sich sehr zurück. Das kommt dem Vortrag zugute, der doch sehr umfangreich ist und abwechslungsreich gestaltet werden musste. Der Hörer ist gezwungen, genau zuzuhören. Aber die spannende Handlung macht dies im Grunde leicht.

Originaltitel: Dune, 1965
Aus dem US-Englischen übersetzt von Ronald M. Hahn
748 Minuten auf 12 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3585-5

http://www.luebbe.de/luebbe-audio.de

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)